Rückenwind 03/2024

15 VERKEHRSPOLITIK • Zum einen wird behauptet, die von der Verwaltung zugrunde gelegten Empfehlungen und Grundsätze seien nicht rechtsverbindlich. Es gebe Rechtsprechung u.a. des Bundesverwaltungsgerichts, die belege, dass es keinen rechtlichen Zwang gibt, die technischen Regelwerke wie die ERA 2010 und die RAST 06 anzuwenden. Dieses Argument ist schlicht unzutreffend. Die Rechtsprechung befasst sich ausschließlich mit der Frage, ob diese technischen Regelwerke für die Gerichte rechtsverbindlich sind. Das ist zu verneinen, weil es sich insoweit nicht um staatliche Regelungen handelt. Von den Behörden in NRW sind sie aber als dort allein maßgebender „Stand der Technik“ allen Straßenplanungs- und -baumaßnahmen zugrunde zu legen. • Zum anderen wird argumentiert, dass Radverkehr auf der Adenauerallee überhaupt nicht notwendig sei, weil es mit der Kaiserstraße und dem Rheinufer parallele, ausreichende Radverkehrsverbindungen gibt. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Argumentation – auch unter Beachtung der ursprünglichen, für den überregionalen Verkehr konzipierten Funktionalität der Adenauerallee als Bundesstraße (B9) – der heutigen Bedeutung der Adenauerallee für den Radverkehr in keiner Weise gerecht wird. Das hat die Verwaltung in ihrer Beschlussvorlage 230853 überzeugend begründet. Sollten sich aufgrund des Verkehrsversuchs vor allem in Bezug auf die erhobenen Daten starke Abweichungen zu den vor dem Versuch erhobenen Zahlen ergeben, unterliegen sie neuer Beurteilung. Es bleibt aber die unbestreitbare heutige (!) Bedeutung der Adenauerallee als Hauptverkehrsroute im städtischen Radverkehrsnetz. Verkehrsversuch auf der Adenauerallee: Unser Bild zeigt den Auto- und Radverkehr im nachmittäglichen Berufsverkehr. • Schließlich wird zur Beibehaltung der vier Fahrspuren ins Gespräch gebracht, die Adenauerallee in ihrer Gesamtheit neu zu gestalten (von Hauswand zu Hauswand oder zumindest unter Einbeziehung der Gehwege). Das sind völlig andere Modelle der Ausgestaltung der Adenauerallee insgesamt, die zunächst – nicht absehbarer – neuer politischer Entscheidungen bedürfen. 3. Im Ergebnis wird die Verwaltung gehalten sein, in Anwendung der technischen Regelwerke bei ihrer anstehenden Entscheidung an der im Verkehrsversuch erprobten neuen Verkehrsführung (Reduzierung auf eine Fahrspur und Einrichtung eines Radfahrstreifens je Fahrtrichtung) festzuhalten und ggfls. Verbesserungen des Verkehrsflusses vorzunehmen, es sei denn, die dem Versuch zugrunde gelegten tatsächlichen Gegebenheiten hätten sich während der Versuchsphase grundlegend geändert. Andernfalls würde sie sich rechtlich (etwa mit Blick auf eine mögliche Amtspflichtverletzung) angreifbar machen. Jörn Baumanns vollständige Stellungnahme vom 21.5.2024 ist auf unserer Webseite nachzulesen: https://bonn-rhein-sieg.adfc.de Foto: Axel Mörer

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