BAD AACHEN 06-2020
6 | B AD A ACHEN 06/20 KULTUR-UMFRAGE Unser wichtigstes Investment: die nächste Generation. aachener-bank.de 8JS OEFO EJF 8FMU CSBVDIU NFIS ;VWFSTJDIU %FTIBMC VOUFSTUU[FO XJS BMMF EJF EFO .VU IBCFO JISF ;VLVOGU JO EJF )BOE [V OFINFO persönlich • nachhaltig • jetzt Akteure auf der Bühne weit voneinander entfernt sind, verleiht das den Texten eine andere Bedeutung.“ Spannend! Persönlich genießt sie es immer noch, dass „ich zum ersten Mal in meinem Leben richtig viel Zeit habe, das ist großartig“. Und wiederholt es noch einmal: „Toll, toll, toll, Zeit zu haben, um solche Konzepte entwickeln zu können.“ Heribert Leuchter, Jazzmusiker, Bandleader Alle seine terminierten Auftritte sind – mit einer Ausnahme – ausgefallen, langfristige Verträge weggebrochen. Für einen freischaffenden Künstler heißt das schlicht: kein Einkommen. Kritisch sieht der exzellente Musiker die öffentliche Darstel- lung der staatlichen Förder- programme. „Da wird viel Schaum geschlagen, es gibt keine vernünftige, transpa- rente Regelung und regional unterschiedliche Kriterien“, sagt Heribert Leuchter. Als er relativ schnell die Überbrückungs- hilfe der Landesregierung beantragt habe, sei der Fördertopf längst leer gewesen und: „Es gab nicht einmal eine Eingangsbestätigung.“ Seine Situation während der strengen Corona-Regeln bezeichnet er als „Berufsverbot, denn ich bin weder arbeitslos noch krank“. Kolleginnen und Kollegen mit einer pädagogischen Tätigkeit hätten diese zum Teil ins Internet ver- legt. Er sei aber nicht Pädagoge und andere Kollegen auch nicht. „Sie sitzen zu Hause, haben nichts zu tun und leben von ihren Erspar- nissen.“ Heribert Leuchter nutzt die ungeliebte freie Zeit kreativ, komponiert und produziert am heimischen Rechner und im Ton- studio Musik. „Ein Projekt, das schon Jahre wartete.“ Er habe dazu Musiker ins Studio geladen, also in der Krise sogar Geld investiert. Der nicht ausgefallene Auftritt hat ihm gut gefallen. Er war mit seinem Ensemble zu Gast im Wohnquartier Guter Freund in Forst, und sein Publikum stand und applaudierte auf den Balkonen. Ohne vorherige Ankündigungen hat er zudem in der Citykirche bei einer öffentlichen Probe mit Lutz Felbick oder in der Pfarrkirche St. Severin in Eilendorf mit Organist Marcel van Westen gespielt. Leuchters Auftritte sind immer ein Genuss, im Freien, in Wohn- quartieren, in offenen Kirchen und hoffentlich bald wieder auf vielen anderen Bühnen! Uwe Brandt, Intendant Grenzlandtheater Barfuß im Park ist eine unterhaltsame Komö- die von Gene Saks. Die Premiere im G r e n z l a n d - theater war wie so oft ein großer, bejubelter E r f o l g , aber Mitte M ä r z , nach elf Aufführun- gen, blieb die Bühne leer – per Verordnung wegen Corona. „Keine Probe, keine Premiere, keine Kohle.“ Dass mehrere Häuser in Deutschland ihren für eine Produktion verpflichteten Schauspielern fortan kein Geld mehr zahlten, findet Uwe Brandt „mies“. Im Grenzlandtheater löste er das Problem ganz anders. Der Intendant kümmerte sich um Kurzarbeit und die Verschiebung der Produktion in die nächste Spielzeit – mit festen Zusagen. „Das war ein fairer Deal, und sie waren alle happy.“ Die fest angestellten Mitarbeiter bewiesen Kreativität und ideen- reichen Pragmatismus: Die Werkstätten produzierten Schutzwände für Arztpraxen, Apotheken und Behörden und nähten Masken. Das Haus ist mittlerweile von oben bis in den Keller neu gestrichen worden. Es gab einen wunderschönen kleinen Film mit eigens dafür online eingespielten Szenen und Liedern aus My Fair Lady und mit hohen Abrufzahlen. Und die Abonnenten? „Sensationell“, heißt die spontane Antwort von Uwe Brandt. „Wir hatten und haben tolle Rückmeldungen, die große Mehrheit möchte Gutscheine oder spendet, nur ganz wenige möchten ihr Geld erstattet bekommen.“ Was hat der Intendant ohne Probe und Publikum noch gemacht? „Viel geplant, sich und andere gefragt, was für eine Sachlage wir gerade haben, auch mal so ,getan als ob‘, überlegt, wie ein Start mit welchen Auflagen auch immer realistisch aussehen könnte.“ Der Intendant – mittendrin. Uwe Brandt eben. Foto: Privat Foto: A. Schmitter
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