BAD AACHEN 08-2020

4 | B AD A ACHEN 08/20 STADTRUNDGANG Spurensuche in der City Gebäude, Brunnen, Statuen: Sie alle haben viel zu erzählen. Stadtführerin Sabine Mathieu lädt alle B AD A ACHEN -Leser zum exklusiven Rundgang durch die historischen Straßen und Gassen ein. W as macht der Öcher, wenn er nicht in die Ferne schweifen kann oder möchte? Er genießt et Städtchen . Zahlreiche Plätze und Sehenswürdigkeiten laden in Aachen zum Summer in the City ein. Warum also nicht in Zeiten von Corona einen kleinen Rundgang mit Sabine Mathieu (Foto r.) durch die Aachener Altstadt machen? Die Tour startet am Elisenbrunnen . Elisabeth Ludovika von Bayern, liebevoll Elise genannt, heiratete Friedrich-Wilhelm von Preußen, gerade als das von dessen Vater gesponserte Bauwerk nach Plänen von Karl-Friedrich Schinkel entstand. So wurde die Patentante von Sisi von Österreich auch Patin dieses einst so mondänen Treffpunkts der Kur- und Badegäste Aachens. Ihre Büste – zugegeben etwas in die Jahre gekommen – hängt in der Rotunde. Ihre Dornenkrone soll gegen allzu vorwitzige Tauben schützen. Das (fast) 53 °C heiße Wasser der Kaiserquelle kann der Besucher hier mit allen Sinnen genießen. Vom Probieren ist jedoch zurzeit eher abzuraten. Wer mag, schlendert weiter durch den Elisengarten zur Archäologischen Vitrine , entworfen von Gerhard Wittfeld. Hier kann der Öcher der Geschichte seiner Stadt sprichwörtlich auf den Grund gehen. Ein unscheinbarer Stein gibt Zeugnis von der sehr frühen Industriegeschichte Aachens: Er war vor etwa 5000 Jahren der Arbeitsplatz eines steinzeitlichen Feuersteinhauers, der an dieser Stelle möglicherweise ein Steinbeil, den ersten Öcher Exportschlager, geformt hat. Außerdem gibt es ein paar Einblicke in das Aquis oder vielleicht doch Aquis Grannae von vor fast 2000 Jahren. Die Wiese im Elisengarten ist danach ideal für eine Rast. Mitten durchs Herz der Stadt Wer keine Pause braucht, geht Richtung Münsterplatz . Der Brunnen Kreislauf des Geldes von Karl Henning Seemann ist eine besonders originelle Interpretation zum Umgang mit dem Geld. Geiz, Gier, Gönnerhaftigkeit, schwarze Geschäfte und Bettelei stehen dem Vater mit dem Kinde gegenüber. Das Kind lernt vom Papa, das Taschengeld mit Bedacht aus- zugeben, während der Geldkreislauf durch das Wasser symbolisiert wird und dann im großen Loch ver- schwindet. Wohin? Vielleicht doch zum Finanzamt? Der Münsterplatz ist prädesti- niert für ein Käffchen oder Eis unter Linden mit Blick auf das Öcher Mönster! Der Vinzenzbrunnen in seiner Mitte stammt von Stadtbau- meister Friedrich Ark. Er war ab 1839 fast 40 Jahre lang in Aachen tätig. Der Brunnen auf dem Münsterplatz hat ihn bis kurz vor seiner Pensio- nierung beschäftigt: Die Figuren wurden wenige Wochen zuvor geliefert, nachdem er die ersten Pläne bereits Anfang der 1840er Jahre gemacht hatte. Die Grabplatte an der Wand der Chorhalle weist zwar auf das verschollene Grab Kaiser Karls hin, er hat jedoch nie darunter gelegen. Es ist die Grabplatte von Otto III., die man während der Franzosenzeit in den Boden des Oktogons eingelassen hat. Angeblich soll Napoleon sehr ergriffen gewesen sein, nachdem er das vermeintliche Grab Karls des Großen besucht hatte. Platz nehmen Schlendert man weiter Richtung de Kriem (Krämerstraße), erreicht man den Puppenbrunnen von Bonifatius Stirnberg, Aachens High- light der Wasserspiele. Jede Figur steht für eine Öcher Besonderheit: der Prälat für den Dom, das Rüschmamm- sellchen für die Textil- industrie, der Professor für die Hochschulstadt, der Harlekin für Kunst und das Theater, die Masken für den Öcher Fastelovvend , das Pferd für den CHIO und die Marktfrau für den Handel. Hoch oben kräht der Hahn und weckt die schlauen und aufgeweckten Aachener! Daneben beginnt die schönste Terrasse der Stadt: Der Hof bietet viel Sonnenschein und wenig Wind und ist mit seinen Lokalen ein beliebter Altstadttreffpunkt. Wie vor fast 2000 Jahren sitzt man unter den Arkaden, Resten einer Säulen- stellung, die dereinst einen zentralen Platz des römischen Aachens zwischen zwei großen Thermalbädern geschmückt hat. Heute gibt es hier statt Cervesia belgisches Bier, Krippe- kratz-Kuchen und leckeren Espresso von Plums’ Kaffee, der ältesten Kaffee- rösterei Deutschlands. Diebische (Schokoladen-)Freuden Die Rommelsgasse kommt von rumpeln und könnte mit der Textilindustrie in Verbindung stehen. Sie führt zum Hühnermarkt , dessen Hühnerdiebbrunnen schelmisch die rheinische Mentalität symbolisiert. Der tölpelige Langfinger, der gerade eilig ein Huhn in die Tasche steckt, wird vom krähenden Hahn verraten. Die Plastik bekamen die Aachener 1913 von Bürgermeister Veltman zu Weih- nachten geschenkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte der Dieb Foto: M. Klering Foto: M. Klering Foto: B. Mathieu Foto: C. Hartmann

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