BAD AACHEN 12-2020
12 | B AD A ACHEN 12/20 KUNST Aachens Bürgermuseum Das Suermondt-Ludwig-Museum zählt zu den 15 wichtigsten Museen seiner Art in Deutschland. Wer’s nicht glaubt, kann sich ab dem 11. Dezember im frisch renovierten Haus beeindrucken lassen. Von Sabine Mathieu S eit Monaten wartet das Suermondt-Ludwig-Museum an der Wilhelmstraße auf einen besonderen Gast: Albrecht Dürer. Die Ausstellung rund um seinen Besuch in Aachen, im Oktober 1520, musste coronabedingt auf Juli 2021 verschoben werden. In Vor- bereitung auf diesen außerordentlichen Kunstgenuss wurde das im venezianischen Stil erbaute Stadtpalais inzwischen gründlich reno- viert. Eduard Linse hatte die Villa Cassalette ab 1884 für den gleich- namigen Kratzenfabrikanten erbaut. Nun ist der Prachtbau fit für die Neuzeit. Es gibt eine neue Klimatechnik, die schadhaften Dächer sind neu eingedeckt, die Säle frisch gestrichen, das Parkett ist abgeschliffen, die Beleuchtung modernisiert und WLAN installiert. Das wissenschaftliche Team des Museums hat fast zwei Jahre lang an einem neuen Konzept für die Präsentation der Sammlung gearbeitet. Michael Rief, der stellvertretende Direktor und Kustos der Sammlung, betont: „Das Wichtige ist, dass wir die Geschichten hinter der Kunst erzählen. Wir haben im Vorfeld lange über das Kon- zept diskutiert. Unser Anspruch ist, dass die Besucher Vergnügen am Museum und seiner Kunst haben. Außerdem möchten wir mehr junge Menschen in dieses Haus locken.“ Die amüsieren sich sicher bestens über die Exponate in der Wunderkammer , gleich oberhalb des Foyers. Dort findet man vom ausgestopften Krokodil über ägypti- sche Mumien bis hin zum ältesten Hundemaulkorb Europas alles, was das Öcher Bürgertum für exotisch und wertvoll hielt. Cassalette, Suermondt und die Ludwigs Passiert man das Treppenhaus mit seiner pseudopompejanischen Wandmalerei, findet sich eine originalgetreu eingerichtete Maler- und Schnitzerwerkstatt. Sie gibt Einblick in die Herstellung von Kunstwerken, wie das Haus sie zeigt. „Wir haben – wie man in meiner Tiroler Heimat sagt – aus jedem Dorf einen Hund“, sagt Michael Rief, „es ist schon unglaublich, was hier gesammelt wurde. Leider ist die künstliche Grotte von Herrn Cassalette nicht mehr im Haus. Das bedaure ich sehr.“ Themenvielfalt und Bandbreite der Sammlung im Suermondt-Ludwig-Museum sind groß. „Wir sind ein Bürgermuseum“, sagt Kuratorin Sarvenaz Ayooghi, „denn unsere Sammlung ist durch Schenkungen Aachener Bürger entstanden“. So wurde das Museum mit den Jahren zu einem der 15 wichtigsten Museen seiner Art in Deutschland. Michael Rief sagt: „Es ist ein wichtiges Museum in der Bundesrepublik. Von den Künst- lernamen stehen wir den großen Sammlungen kaum nach, aber nur wegen solcher Namen allein kommen die Leute nicht ins Museum.“ Grundstock war die Kunstsammlung von Barthold Suermondt, einem in Aachen tätigen Industriellen aus dem 19. Jahrhundert. Mehrere Hundert Werke sind Schenkungen und Leihgaben aus der Sammlung des Ehepaares Peter und Irene Ludwig. Alle sind namens- gebend für das Haus. Inzwischen umfasst die Sammlung neben zahl- reichen kunstgewerblichen Gegenständen 900 Skulpturen, 1500 Gemälde und mehr als 10 000 grafische Blätter. „Wir haben ver- sucht, das alles gut zu mischen, damit die Besucher ‚Augenfutter‘ bekommen“, so Michael Rief. Die Säle haben die Kuratoren thema- tisch geordnet. Jeder Saal hat einen Wandtext zur Orientierung. 2021 erscheint ein Hausführer mit dem Titel 100 Meisterwerke . Ein Schiff namens Corona In einer Asservatenkammer der Museumsdetektive zeigt die Aus- stellung auch Fälschungen und später recycelte Kunstwerke, etwa ein Gemälde aus dem Deckel eines Cembalos. „Wir haben mit ganz unterschiedlichen Medien gearbeitet, mit Möbeln, Bildschirmen, Animationen und Einbauten“, erklärt Sarvenaz Ayooghi. Wenn Bilder von zwei Seiten bemalt sind, soll der Besucher das auch sehen. So beim Porträt eines niederländischen Klerikers, mit einem Totenschädel, dem Memento Mori , auf der Rückseite. „Ein anderes Bild wurde bei der Eröffnung 1901 als unanständig empfunden und musste mit einem Vorhang verdeckt werden. Das wollen wir wieder zeigen, auch mit Vorhang“, schmunzelt Sarvenaz Ayooghi. Im Porträtraum hängt zudem ein konvexer Spiegel. Mit seiner Hilfe lassen sich Selfies mit den Kunstwerken für den eigenen Social- Media-Auftritt machen. So ist, ausgehend vom Grundgedanken und dem Leitbild der schon bestehenden Bürgerlichen Kunstkammer , im ersten und zweiten Obergeschoss eine Chronologie der Kunst- epochen entstanden. Spätgotik, Renaissance, Barock, Biedermeier, Empire, Historismus, Expressionismus werden gezeigt. Die Besucher Lichtdurchflutet: Treppenhaus. Kustos und Kuratorin: Michael Rief & Sarvenaz Ayooghi. Von 1638: das Kriegsschiff „Corona“. Termine unter Vorbehalt. Bitte online informieren.
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