BAD AACHEN 12-2020
Doch ein bisschen wie Filmmusik? „Na ja, eher knappe Elemente, manchmal nur zwei Töne, die sich in den Wiederholungen zu einem Perpetuum mobile entwickeln, es sind keine großen Melodiebögen da“, betont Groß. Und doch umgebe alles ein besonderer Zauber, der an die märchenhaften Sequenzen Cocteaus erinnere. Wie man heute weiß, hatte damals Kameramann Henri Alekan Probleme mit dem Schwarz-Weiß-Filmmaterial, es zeigte Unschärfen – Cocteau hat sie genutzt, um sein Märchen mit Nebel zu umwölken. Die Wirkung auf die Musik? „Sphärisch“, lächelt der Dirigent. 18 Musiker und ein Synthesizer Was er bei Philip Glass’ Oper beobachtet, sei ein Hang zur „Französischen Schule“, die in ihrer Harmonik an die Bilder der Impressionisten denken lässt. „Ich glaube, Glass ist Jean Cocteau einmal begegnet, der ja einen Zirkel von Ver- ehrern um sich versammelt hatte und großes Charisma ausstrahlte.“ Stichwort Synthesizer : Das elektronische Ver- stärken und Verfremden ist für den Komponisten nicht neu. Als er 1970 sein Philip Glass Ensemble gründete, weil damals zunächst kein Orchester die Werke aufführen wollte, hat er damit auch eine Version von La Belle et la Bête eingespielt. „Eine interessante Interpretation, da waren drei Synthe- sizer im Einsatz“, berichtet Groß und verrät: „Wir haben in Aachen gleichfalls einen.“ Ihm liegt aller- dings nicht daran, psychedelische Effekte zu erzie- len: „Wenn mir eine Klangfarbe fehlt, etwa das Cembalo, kann man das mit dem Synthesizer gut erzielen.“ Die Zahl der Personen im Orchester bleibt durch die Corona-Bedingungen schließlich eingeschränkt – nur 18 Plätze dürfen im Orchestergraben besetzt sein. Nicht nur im Klang, selbst in der Optik arbeitet die Inszenierung mit Andeutungen, die Raum für die Fantasie der Zuschauer bieten. Hier setzt das Bühnenbild (Sabine Böing/Reinhild Hoffmann) auf Minimalismus, wird die Idee vom Baum zum tiefen Wald. Für Groß bedeutet die Oper eine neue Erfahrung, aber ist sie auch ein Favorit? „Ich habe Opern vom 16. bis zum 20. Jahrhundert kennengelernt“, sagt er. „Für mich ist es am wichtigsten, einen Zugang zu Werk und Komponist zu finden.“ Cocteaus Kult-Film hat ihm geholfen, dem unsterblichen Zauber des Märchens auf die Spur zu kommen. 12/20 B AD A ACHEN | 15 Foto: Sabine Böing KULTUR LA BELLE ET LA BÊTE BESUCHEN Die Handlung ist bekannt: Als Lösepfand für ihren Vater begibt sich Belle in den verzauberten Palast des Biests. Neugier und Eifersucht der Städter sorgen dafür, dass sich die Bande zwischen ihr und dem verfluchten Königssohn nur fester knüpfen. Musikalische Leitung Mathis Groß, Inszenierung Reinhild Hoff- mann, in den Hauptrollen Fanny Lustaud und Julie Vercauteren (beide Belle ), La Bête and The Prince Hrólfur Saemundsson. Die Premiere der Oper von Philip Glass in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln soll am So., 6. Dez., 18 Uhr, auf der Bühne im Theater Aachen stattfinden. Falls der Termin corona- bedingt verschoben werden muss, informiert das Theater auf seiner Homepage zu einem neuen Datum. Tickets gibt es online. www.theateraachen.de
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