BAD AACHEN 03-2022

6 | BAD AACHEN03/22 KUNST „Ways of Attaching“ ist die erste umfassende Überblicksausstellung der US-amerikanischen Künstlerin Rosemary Mayer – und die Premiere von Eva Birkenstock als Direktorin im Ludwig Forum Aachen. Von Sabine Rother Bei Rosemary Mayer (1943–2014) befreien sich die Leinwände der Bilder nicht nur von ihren Rahmen, sie wachsen mit Macht in den Raum hinein, falten sich auf und zusammen, wehen, werden Skulpturen, die in ihrer tänzerischen Leichtigkeit dreidimensional den enormen künstlerischen Willen und die Visionen einer Frau tragen, die sich nie beirren ließ. Unter dem Titel Ways of Attaching widmet ihr das Ludwig Forum Aachen (LUFO) ab dem 4. März die erste europaweite Gesamtschau – zugleich ist es der Start der neuen Museumsdirektorin Eva Birkenstock (s. auch S. 8), die diese Ausstellung kuratiert. Wer das Schaffen von Rosemary Mayer chronologisch verfolgt, kann noch bis in die späten 1960erJahre klassische, konzeptuelle Malereien sehen. Doch damit war sie nicht mehr zufrieden, analysierte die Materialeigenschaft der Leinwände als textile Objekte, wickelte, fädelte, färbte und bemalte sie und befestigte sie ohne alles an der Wand. Da gab es bald ausgeklügelte Hängesysteme – etwa in Balancing (1972), wo sie Schnüre zur Erzeugung von Linien nutzte. Rosemary Mayer, eine amerikanische Feministin? Immerhin war sie Gründungsmitglied der New Yorker A.I.R. Gallery, der ersten kooperativen Galerie für Frauen. „Auf jeden Fall war sie eine Ausnahmekünstlerin, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat“, betont Eva Birkenstock, die im Rahmen einer Gruppenausstellung in Basel erstmals Mayers Arbeiten begegnete. Die Ausstellung im Ludwig Form entstand in Kooperation mit Marie und Max Warsh, die den Nachlass betreuen, sowie in Partnerschaft mit dem Swiss Institute, New York, dem Lenbachhaus, München, und Spike Island, Bristol, wobei Aachen die umfangreichste Auswahl an Arbeiten von Rosemary Mayer vorstellt. Passion auch für Skulpturen Das Ludwig Forum ist ein guter Ort für Kunst, die den Begriff der Skulptur oder das Konzept von Malerei neu definiert. Rosemary Mayer hat ausgehend von konzeptuellen Gemälden ein vielseitiges und experimentierfreudiges Werk geschaffen. Neben Textilskulpturen hat sie gezeichnet, Bücher illustriert, temporäre Monumente geschaffen. In Aachen wird die Passion der Amerikanerin für skulpturale Methoden gezeigt – das Drapieren, Knoten, Binden und Verknüpfen etwa. „Die Ausstellung zeigt zudem zahlreiche Skizzen sowie Zeichnungen und führt erstmals drei zentrale Skulpturen zusammen, die sich auf historische Frauen beziehen. Sie sind für ihre Ausstellung in der A.I.R. Gallery 1973 entstanden und wurden seither nie wieder an einem Ort gezeigt“, betont die Kuratorin. Als roter Faden zeigen sich Bezüge zu Rosemary Mayers Leben und Ideenwelt. Man entdeckt Parallelen zu ihrer Liebe für den Manierismus – die üppigen Faltenwürfe auf Gemälden dieser Stilepoche zwischen Renaissance und Barock zogen sie magisch an. So hat Mayer sogar das Tagebuch des manieristischen Künstlers Jacobo da Pontormo (1494–1557), eines Schülers von Leonardo da Vinci, übersetzt und die Texte in einem Katalog ihrer Arbeiten veröffentlicht. Bezüge zu dieser Faszination finden sich in der Aachener Ausstellung in den Zeichnungen Fabric for Portae (1974), wo über eine Holzskulptur drapierte Stofflagen an Rosso Fiorentinos Altarbild im Dom von Volterra erinnern. 1Rosemary Mayer, Self Portrait, ca. 1979. 2Rosemary Mayer, Untitled (08.26.71), 1971, colored pencil and colored marker on paper (35,3 x 27,9 cm). 3Photo documentation of: Balloon For A Birthday, 1978, installed on November 7, 1978, rooftop of 461 Park Avenue, New York, NY. 1 Foto: Estate of Rosemary Mayer 2 Foto: Estate of Rosemary Mayer Vita ACHEN A AD © Stadtmagazin B Kettnaker System Roermonder Straße 328 ׀ 52072 Aachen ׀ 0241 94323444 ׀ www.wallraf.de Auftakt mit Ausnahmekünstlerin

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