4 | BAD AACHEN05/22 KARLSPREIS 2022 Ein Signal an Europa Der Karlspreis 2022 geht an die belarussischen Bürgerrechtlerinnen: Maria Kalesnikava, Veronica Tsepkalo und Swetlana Tichanowskaja, starke und furchtlose Frauen, die nicht nur Aachen bewegen. Von Bernd Mathieu Der Karlspreis ist und wird in diesem Jahr anders. Dafür gibt es mehrere Gründe: • Erstmals in der Geschichte des Karlspreises werden drei Frauen gleichzeitig ausgezeichnet. Die belarussischen Aktivistinnen Maria Kalesnikava, Swetlana Tichanowskaja und Veronica Tsepkalo sind die Karlspreisträgerinnen 2022. • Der brutale russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat Europa und die Welt in einer noch vor Wochen unfassbaren Dimension verändert. Das Rahmenprogramm, die Gestaltung des Forums am Vortag der Verleihung und die Gespräche und Präsentationen auf dem Katschhof werden deshalb einen anderen Charakter als in den Vorjahren haben. • Auch eine Premiere: Der Karlspreis ist mit den Preisträgerinnen in Berlin und in Brüssel präsent, also in der deutschen und in der europäischen Hauptstadt. Annalena Baerbock als Laudatorin Das Karlspreisdirektorium hat für seine durchaus mutige, wegweisende und konsequente Entscheidung große Zustimmung erhalten. Zu den ersten, die das Direktorium dazu beglückwünschten, gehörten die früheren Karlspreisträger Timothy Garton Ash und Jean-Claude Trichet. Beide werden auch am Karlspreis-Rahmenprogramm teilnehmen. Laudatorin ist am 26. Mai Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. In der Begründung des Direktoriums heißt es unter anderem: „In Würdigung ihres mutigen und ermutigenden Einsatzes gegen die brutale staatliche Willkür, Folter, Unterdrückung und die Verletzung elementarer Menschenrechte durch ein autoritäres Regime, für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ehrt das Direktorium der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen im Jahr 2022 die belarussischen politischen Aktivistinnen Maria Kalesnikava, Swetlana Tichanowskaja und Veronica Tsepkalo. Die drei Leitfiguren der belarussischen demokratischen Bewegung sind energiegeladene, lebendige Symbole für den Geist der Freiheit. Ihre Opfer sind beispiellos. Ihre Botschaften sind ansteckend und aufrüttelnd. Sie sind das unbeugsame Signal an die eigene belarussische Gesellschaft, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen; sie sind auch das Signal an eine ermüdende europäische Gesellschaft, wieder überzeugt und kämpferisch für die in Jahrhunderten erstrittenen europäischen Werte einzutreten, die heute in der weltweiten Auseinandersetzung um Profit und Vorherrschaft, aber auch durch den Gleichmut vieler Bürgerinnen und Bürger selbst gefährdet sind. Der Geist der belarussischen demokratischen Bewegung darf in Europa nicht scheitern.“ Und weiter heißt es: „Mit ihrem entschiedenen und furchtlosen Einsatz sind die drei belarussischen Leitfiguren zu einem wichtigen Vorbild für den demokratischen Freiheitskampf nicht nur für hunderttausende Landsleute, sondern weit über die belarussische Grenze hinaus geworden.“ Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen meint: „Maria Kalesnikava, Swetlana Tichanowskaja und Veronica Tsepkalo treten für das ein, was den Kern des europäischen Projekts ausmacht: Menschenrechte, Frieden und Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Solidarität. Die zurückliegenden Wochen zeigten auf allzu bedrückende Weise deutlich, dass all dies, dessen wir uns lange Zeit so sicher wähnten, keineswegs Selbstverständlichkeiten sind.“ Geflüchtet oder gefangen Swetlana Tichanowskaja trat 2020 als Präsidentschaftskandidatin gegen Alexander Lukaschenko an. Als das angebliche Ergebnis der Wahlen vom 9. August 2020 verkündet wurde, soll Alexander Lukaschenko gut 80, Tichanowskaja nur zehn Prozent der Wählerstimmen erhalten haben. Unabhängige Beobachter sagten nach der Wahl, dass Swetlana Tichanowskaja die Mehrheit der Stimmen auf sich vereint habe. Auch das wird in der Würdigung dokumentiert: „Als sie zur Zentralen Wahlkommission geht, um gegen die Manipulation zu protestieren, muss sie, von den belarussischen SicherheitsMaria Kalesnikava Foto: picture alliance/dpa/Sputnik/Viktor Tolochko Swetlana Tichanowskaja Foto: picture alliance/GEORG HOCHMUTH Veronica Tsepkalo Foto: Veronica Tsepkalo
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