8 | BAD AACHEN06/22 Kunst? Till-Holger Borchert, neuer Direktor des SuermondtLudwig-Museums Aachen, lehnt sich mit Ruhe zurück: „Ich bin ein Überzeugungstäter“, sagt er. „Ich glaube noch immer, dass wir die Kunst zu den Menschen bringen sollen, dass Kunst einen Mehrwert hat.“ Dieser Einstellung fühlt er sich verpflichtet. In Aachen hat er von 2000 bis 2002 Kurse in Kunstgeschichte gegeben. So kommt es nun zu überraschenden Begegnungen mit einstigen Studierenden und Kollegen, die ihm ein Gefühl der Vertrautheit geben. Obwohl: „In den vergangenen 20 Jahren hat sich doch einiges verändert.“ Das Sammler-Ehepaar Peter und Irene Ludwig im Namen des Museums – Borchert seufzt. „Das, was ich hier am liebsten hätte, ist die Sammlung mit 144 Bilderhandschriften des Mittelalters, die sie 1983 an das Getty Museum Los Angeles verkauft haben“, sagt er bekümmert. „Wenn ich innerhalb der Kunst eine Leidenschaft nennen würde, dann sind es solche Handschriften!“ Zugleich beeindruckt ihn die Crosscollection der Ludwigs, das gleichzeitige Sammeln von Werken der Moderne und des Mittelalters in einer Zeit, als diese Ausrichtung noch eine Ausnahme war. Was er sich für das Haus wünscht: Die Kostbarkeiten des Sammelschwerpunktes wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Schwierige Situationen sind für Borchert Herausforderungen, die ihn reizen und sein Verhandlungstalent herausfordern. Ein Museum brauche Systematik, es gelte, Dinge auszubauen, die erfolgreich gewesen seien und gleichzeitig neue Formate zu schaffen. Borcherts Blick wandert an eine Bürowand, an der das Plakat der Ausstellung von Werken des Schweizers Werner Bischof (1916–1954) hängt, ein Flöte spielender Junge in Peru: „Ich denke da zum Beispiel an die erfolgreiche Serie der Fotoausstellungen.“ Eingetretene Pfade waren noch nie seine Sache. Er setzt auf Synergieeffekte, die Verbindung zu den anderen Aachener Häusern, aber auch auf den Kontakt zu regionalen Kunstschaffenden. Seine Hoffnung: „Ich habe gehört, dass die Gettys inzwischen Stücke aus der Handschriftensammlung verkaufen, vielleicht eine Chance für Aachen.“ sar Ganz oben auf der Liste Ihrer Pläne steht der Wunsch, mehr Menschen für das Suermondt-Ludwig-Museum zu begeistern... Ich war einige Male hier im Haus, eine hohe Besucherfrequenz habe ich nicht festgestellt. Ich möchte mit diversen Interessenvertretern sprechen, mir ihre Vorstellungen anhören, auch die der Mitarbeiter: Es gab ja mal Ansätze in Richtung Schatzhaus. Die Frage ist, wo das Museum steht, wie sein Leitbild aussehen könnte. Die internationale Anerkennung ist da. Wie aber sieht es bei uns aus? Sind Sie ein Teamarbeiter? Ich bin ein konstruktiver Teamspieler und spiele gerne – je nach Entscheidungsebene – in mehreren Teams. Was reizt Sie an Aachen? Als Generaldirektor der Städtischen Museen Brügge hatten Sie ein anspruchsvolles Arbeitsgebiet. Nach 25 Jahren war irgendwie die Luft raus. Ich habe mich in einem Bewerbungsportal für NRW eingetragen. Die Stellenausschreibung aus Aachen erhielt ich per E-Mail und habe mich spontan beworben. Die Herausforderungen in diesem Haus sind sportlicher als in Brügge. Sie haben Ihren Vorgänger bereits bei Dürer unterstützt. In die Planungen zur Dürer-Ausstellung war ich sehr früh involviert, das geht auf 2010 zurück. Dann verzögerten sich die Bauarbeiten im Museum. Ich bin mit Peter van den Brink zwar gut befreundet, aber ich wusste nicht, dass das seine Abschiedsausstellung sein würde. Ich hatte mich übrigens in der Vergangenheit auf die Stelle als Museumsleiter beworben, die er dann bekommen hat. Wenn Sie eine Zeitreise unternehmen könnten, was wäre das Ziel? Keine Frage, die 1430er-Jahre in Brügge. Es wäre großartig, mit Künstlern wie Jan van Eyck ins Gespräch zu kommen, über die man lange gearbeitet hat, um zu hören, was sie zu diesen Deutungen sagen! Das könnte sehr konfrontierend sein. VORGESTELLT Foto: Heike Lachmann FRAGEBOGEN Geburtsdatum: 4. 1. 1967 Geburtsort: Hamburg Familienstand: verheiratet Beruf: Direktor des Suermondt-LudwigMuseums Aachen Hobbys: Musik, Kunst, Geschichte, Kochen, mein Beruf Till-Holger Borchert Kunst als Mehrwert Der Direktor möchte dem Suermondt-Ludwig-Museum ein neues Leitbild geben.
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