18 | BAD AACHEN 03/23 PERSONALIE „Älterwerden macht Spaß“ VERÄNDERUNGEN Von Midlife-Crisis keine Spur. Wenn Sibylle Keupen am Dienstag, 14. März, 60 Jahre alt wird, verspürt sie Aufbruchstimmung. Es passt zur unprätentiösen Art der gebürtigen Eiflerin, dass sie ohne Eitelkeit mit dem Thema umgeht, ja sogar sagt, „Älterwerden macht Spaß – vor allem als Oberbürgermeisterin“. Das macht neugierig. Mit 57 Jahren entschied sich die damalige Leiterin der Bleiberger Fabrik, neue Wege zu beschreiten, für das Amt der Oberbürgermeisterin zu kandidieren. Getraut, geklappt: 2020 wurde die parteilose Sibylle Keupen als erste Frau an die Spitze der Stadt gewählt – nach 256 parteigebundenen Männern. Im politischen Alltag hat sich die neue Chefin mit Engagement und Fleiß schnell eingefunden. Da bleibt kaum Zeit für Privates. „Leben nach dem Kalender ist gewöhnungsbedürftig“, sagt sie. Die Freiräume seien „klein und sehr wertvoll“. Nach langen Arbeitstagen warten zu Hause Ehemann Heiner Karner und die beiden Hunde auf sie: „Sie erkennen mich dennoch jedes Mal sofort wieder und die Freude ist groß“, scherzt die so Erwartete. HERAUSFORDERUNGEN Hatte sie sich das Amt der Oberbürgermeisterin so vorgestellt. „Ja und nein!“ Heißt: Die Aufgabe sei abwechslungsreich, spannend und herausfordernd. Allerdings sei ihr Handlungsspielraum als OB allein weit weniger groß als gemeinhin angenommen werde. Und: „Die Abstimmungsprozesse mit Politik und Verwaltung sind komplex und manchmal langwierig.“ Drei Stichworte. Der Frau, die täglich ihre „ganze Energie“ ins Amt steckt, dauern Entwicklungen in Aachen oft zu lange. Eine Verwaltung mit rund 6000 Mitarbeitenden zu leiten, sei dagegen ein Lernprozess gewesen. Wichtig seien hier die eigene Grundhaltung und die Unterstützung der Verwaltung, auf die sie voll zählen könne. Bleibt die Politik. Hat sie ihre Rolle dort gefunden? „Die Störfeuer sind geringer geworden. Ich fühle mich inzwischen sicher in zentralen Themen und Prozessen. Beide Seiten mussten lernen, mit der neuen Situation umzugehen.“ Gelernt hat sie derweil übrigens auch Öcher Platt. Und die eine oder andere Redensart begleitet sie nun „met vööl Pläsier“ durch den Alltag. PERSPEKTIVEN „Ich möchte viele Vorhaben, die jetzt in der Pipeline stecken, umsetzen. Ich würde mich freuen, wenn die Bürgerinnen und Bürger mir ihr Vertrauen für eine langfristige Perspektive geben“, sagt Sibylle Keupen und ergänzt: „Grundsätzlich stehe ich für eine weitere Amtszeit zur Verfügung.“ Für Aachen und seine Bürgerschaft steckt sie Ziele ab: „Klimaschutz, Mobilitätswende, Strukturwandel und Arbeitsplätze – gemeinsam mit den Menschen und für sie möchte ich Aachen zukunftsfähig und enkeltauglich gestalten.“ Das Pfund, mit dem sie wuchern kann, ist ihre Nahbarkeit. Sie mag Menschen. Partizipation ist ihr sehr wichtig. „Die vielen Begegnungen bereichern mich und bringen Impulse, über die es sich nachzudenken lohnt und die unsere Stadt nach vorne bringen.“ Sibylle Keupen liebt, was sie tut. Kein Zweifel. Mit gleicher Wärme begegnet sie von der Karls- preisträgerin bis zur 100-jährigen Jubilarin jedem. Und erfährt dabei „große Offenheit meiner Person gegenüber.“ Klar, gibt es auch Kritiker. Keupens Rezept: Respekt, Zuhören, Einbinden. WÜNSCHE Rente mit 67? Für Sibylle Keupen kein Thema: „Ruhestand gehört nicht in mein Vokabular.“ Im Gegenteil: „Ich freue mich auf viele Projekte, mit denen wir konkret erproben, wie die Stadt von morgen aussieht, funktioniert, sich anfühlt. Ich möchte 2030 (am Ende einer möglichen zweiten Amtszeit) in zufriedene und fröhliche Gesichter blicken.“ Bis dahin soll Aachen ihrem Wunsch gemäß klimaneutral, -resilient und ein Vorreiter in der Mobilitätswende sein. Der Büchel soll Herz einer urbanen, entspannten Stadt des Miteinanders von Handel, Handwerk, Hochschule, Bildung und Begegnung sein. Horten wäre ein lebendiger Begegnungsort und am Bushof würde nicht nur die Tram gern anhalten. Ehrgeizige Vorsätze der ersten Frau Aachens. Doch was wünscht sich Sibylle Keupen privat? Was liegt ihr am Herzen? Gesund bleiben, möchte sie. Gern ein bisschen mehr Zeit für sich selbst und die Familie haben. „Mit Muße Kunstausstellungen an interessanten Orten besuchen“, sagt sie. Den richtigen Partner dazu hat sie: Ehemann Heiner Karner stellt diesen Monat im Stadtbad aus (s. S. 16). Zusammen sind sie stolz auf ihre zwei Söhne. „Beide sind erwachsen und leben glücklicherweise in Aachen, so können wir uns oft sehen. Sie sorgen dafür, dass ich in meinem Amt immer wieder geerdet werde und die Belange ihrer Generation nicht aus dem Blick verliere.“ Und so viel sei verraten: Zusammen mit Familie und Freunden soll auch der 60. gebührend gefeiert werden. Zum Schluss zwei Wünsche frei: Was wünscht sich die Oberbürgermeisterin von den Öcherinnen und Öchern? „Bitte engagieren Sie sich und bringen Sie sich ein für unsere Stadt. Aachen braucht Sie! Es lohnt sich, mitzumachen.“ Und zweitens? „Ich wünsche mir etwas Geduld und Vertrauen in die Veränderungen.“ Mit 60 Jahren hat Sibylle Keupen ihre Ziele im Blick – und die Abgeklärtheit, sie zu erreichen. BAD AACHEN gratuliert va Hazze zum runden Geburtstag! www.aachen.de/DE/stadt_buerger/oberbuergermeisterin Seit 2020 Oberbürgermeisterin: Sibylle Keupen. Foto: Stadt AC Aachens Oberbürgermeisterin feiert 60. Geburtstag. Mit Caroline Fister-Hartmann sprach Sibylle Keupen über Veränderungen, Herausforderungen, neue Perspektiven und berufliche wie auch private Wünsche.
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