54 | BAD AACHEN 03/23 Die Fastenzeit hat begonnen, wie ernst nehmen Sie es persönlich damit? Ich nutze diese Tage bewusst, um ein wenig anders zu leben als sonst und um mich damit körperlich und geistig auf Ostern vorzubereiten. Worauf verzichten Sie? Ich verzichte ganz bewusst auf alles Süße, was bei mir auch Softgetränke sind. Außerdem halte ich mich so weit wie möglich an die FdH-Methode. Was davon fällt Ihnen leichter, was schwerer? Leicht fällt mir, so komisch das ist, weniger zu essen, weil ich mir diesen Vorsatz jeden Tag in dem Kontext des Fastens wieder vornehmen kann. Am schwersten ist es für mich, wenn ich am Abend nach dem letzten Termin gern eine Cola Light trinken möchte. Da fehlt mir etwas. Da ich auch sonst fast keinen Alkohol trinke, wäre dieser Verzicht für mich überhaupt keine Übung. Ist Fasten heute noch eine sogenannte Christen-Pflicht? Für mich ist es eine gute Herausforderung, dass ich nicht nur wegen meines Gewichts und meiner kleinen Süchte faste, sondern auch die Tradition dieses Kirchengebots mitgestalte. Gleichzeitig weiß ich, dass ich nicht allein unterwegs bin, sondern mit vielen in den Kirchen. Erklären Sie uns die Bedeutung des Fastens, den Sinn dahinter? Die Bedeutung liegt in der gemeinsamen Vorbereitung auf Ostern, das höchste Fest der Christinnen und Christen. Das Fasten kann Teil davon sein, sich auf Wesentliches zu beziehen. Handyfasten etwa ist ein Beispiel für die Reduktion auf Kernpunkte und die Reflexion, welche äußeren Einflüsse mich bestimmen. Heute betrifft Fasten ja nicht nur das Essen, sondern auch Klimafasten und mehr. Wie ist Ihre Meinung dazu? Ich unterstütze ein gemeinsames gesellschaftliches Fasten sehr. Als ich noch selbst ein Auto besaß, habe ich aktiv das Autofasten unterstützt. Ein solches Fasten verbindet den religiösen Gedanken mit konkreten politischen Zielen, die nicht nur Christinnen und Christen haben. Haben Sie ein Lieblingsgericht/-getränk in dieser Zeit? Ich entdecke jedes Jahr die Qualität des Alltäglichen: von Brot, Nudeln, Salat und von Sprudelwasser. Auf welches Essen freuen Sie sich nach der Fastenzeit am meisten? Auf ein großes Stück Brésilienne am Ostersonntagnachmittag. TOPFGUCKER Das Wesentliche „erschmecken“ Der Monat März liegt in der Fastenzeit. Was heißt das heute? BAD AACHEN hat den katholischen Dompropst ebenso gefragt wie die evangelische Pfarrerin, worauf sie verzichten und was sie dadurch gewinnen. Worauf verzichten Sie gerade? Beim Klimafasten gibt es wöchentlich einen Impuls, etwa Lichtverschmutzung. Da verzichte ich auf unnötige Beleuchtung und erfreue mich am Sternenhimmel. Es geht auch um (Ver)brauchen, dabei hinterfrage ich meinen Konsum noch bewusster. Was bedeutet Fasten aus Ihrer Sicht? Es ist die Zeit des Umdenkens oder biblisch gesprochen, die der Umkehr. Das betrifft nicht nur Ernährungsgewohnheiten. Indem ich z. B. weniger TV schaue, gewinne ich mehr Zeit für anderes. Für mich ist es eine Besinnungszeit, in der ich mich mit der Leidensgeschichte Jesu beschäftige. Nach protestantischem Verständnis darf im Übrigen jeder selbst entscheiden, auf welche Weise er oder sie die Passionszeit gestaltet. Klimafasten ist ein aktuelles Thema, erklären Sie es uns kurz. Es ist erschreckend, wie groß unser ökologischer Fußabdruck ist. Das muss sich ändern. Das wissen wir alle. Das ökumenische Klimafasten hat die Überschrift So viel du brauchst. Die Fastenaktion für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit trägt dazu bei, dass wir achtsamer mit der Schöpfung und unseren Mitgeschöpfen umgehen. Gibt es im März Aktionen in Aachen dazu? Die christians4future laden gemeinsam mit anderen Beteiligten am 3. März anlässlich des Klimafastens zu einem Gottesdienst in die Citykirche ein, um sich anschließend am Klima-Streik zu beteiligen. Worauf verzichten Sie leicht? Was ist für Sie schwerer? Es fällt mir leicht, auf das Auto zu verzichten, auf Fleisch und auf Alkohol. Bei Kaffee und Schokolade wird es schon schwieriger. Wie fühlen Sie sich in dieser Zeit? Erleben Sie Dinge bewusster? Wenn ich Gewohnheiten unterbreche, gewinne ich Raum für neue Ideen. Es tut gut, dies mit anderen Christenmenschen gemeinsam zu tun. Angesichts vieler Krisen ist es schwer, zuversichtlich zu bleiben. Die evangelische Aktion 7 Wochen ohne lädt bei Leuchten! 7 Wochen ohne Verzagtheit dazu ein, mit anderem Blick auf die Welt zu schauen. Worauf freuen Sie sich nach der Fastenzeit am meisten? …wenn in der Kirche die Osterkerze leuchtet, farbenfrohe Blumen auf dem Altar stehen und wir zusammen das Halleluja anstimmen und uns am Ostermorgen grüßen: „Der Herr ist auferstanden.“ Ich schätze die Begegnungen mit Gleichgesinnten ganz besonders. Es ist ein Gewinn, wenn es gelingt, gemeinsam das Leben freundlicher zu gestalten: für unser Miteinander wie für das Klima! Foto: Domkapitel/A. Steindl Foto: Caren Braun Rolf-Peter Cremer, Dompropst am Hohen Dom zu Aachen Bärbel Büssow, Pfarrerin in Aachen-Mitte, Annakirche
RkJQdWJsaXNoZXIy MTM5Mjg=