44 VERKEHRSPOLITIK BONN Eine unserer größten Herausforderungen ist es, die Klimakrise zu bewältigen, möglichst schnell die Klimaneutralität zu erreichen und in diesem Zusammenhang auch, unsere Mobilität zu verändern. Dafür hat der Bonner Stadtrat in den letzten Jahren mehrere Grundsatzbeschlüsse gefasst. Bis 2035 soll Bonn klimaneutral sein. Die Fahrradinfrastruktur soll zügig verbessert werden und auf den Hauptachsen sollen getrennte Radwege ein sicheres, intuitives und komfortables Radfahren ermöglichen. Das sind Beschlüsse, die von fast allen Fraktionen mitgetragen wurden. Für die Grünen sind Mobilitätswende und Umweltschutz Kernziele ihrer Politik. Und nebenbei: Auch die Planungsvariante mit Zwei-Richtungsradweg und getrennter BusSpur ließe sich attraktiv und begrünt gestalten. Wir wissen, dass Politik Kompromisse machen muss. Aber sie braucht eben auch das Wissen um Prioritäten und Unverhandelbares. Wir haben kein Verständnis dafür, warum die Mehrheit des Stadtrates – Grüne, SPD, Linke und Rheingrün – einen Beschluss fasst, in dem der Busverkehr ausgebremst und verlegt werden soll. Mangels Alternativen wird das Umwege und längere Fahrzeiten bedeuten. Ist nicht eine Grundbedingung für das Gelingen der Mobilitätswende und deren Akzeptanz durch die Bürger*innen, dass ein attraktiver ÖPNV zur Verfügung steht? Falsche Wortwahl = schlechte Kommunikation Es macht uns fassungslos, dass der GrünenAbgeordnete Rolf Beu in der Diskussion in der Bezirksvertretung den 3 Meter breiten Radweg für zwei Fahrtrichtungen als „Fahrradautobahn“ tituliert. Soll damit ein Bild von rücksichtslosen Fahrradrasern geschürt werden? Es geht beim Radentscheid doch darum, dass auch junge Schüler*innen und wenig geübte Radfahrende sicher durch die Stadt fahren können. Wir dachten, mit der Annahme des Radentscheids wäre diese Diskussion nicht mehr nötig. Wie wichtig sichere und durchgängige Fahrradrouten sind, damit sich die Menschen trauen, auch außerhalb der Freizeit mit dem Rad zu fahren, sollte eigentlich klar sein. Aber wir wollen nicht nur eine Seite kritisieren. Auch die CDU hat dem Radentscheid zugestimmt. Warum stellt man sich nicht hinter die Planungsvariante, die der Umsetzung des Radentscheids am nächsten kommt. Stattdessen versuchte die CDU eine Vertagung der Entscheidung zu erreichen. Wie viel Zeit haben wir noch, uns alles reiflich zu überlegen, bis wir uns trauen, konsequent unsere wichtigsten Probleme anzugehen? Resümee Deswegen können wir nach dieser Entscheidung nicht einfach eine Niederlage für den Radentscheid einstecken und schweigen. Denn hier zeigt sich ein aktuell viel zu oft zu beobachtendes Verhalten der Politik: Es scheint nicht klar zu sein, was wirklich wichtig ist und was keinen Aufschub mehr verträgt. Viele Bürger*innen wünschen sich eine konsequente Handlungslinie, die Hoffnung macht, dass wir das Schlimmste noch verhindern werden. Aber man bekommt immer wieder den Eindruck, dass es in Deutschland weiterhin keine politische Mehrheit für aktiven und zielführenden Klimaschutz gibt. Eigentlich müsste die Richtung klar sein. Und doch werden immer wieder Entscheidungen getroffen, die auf den entgegengesetzten Weg führen. Das fängt im Kleinen an: In einer Straße, in der man von seiner politischen Leitlinie abweicht, unnötigerweise den ÖPNV ausbremst und Radfahrende und Busse auf eine schmale Spur zusammendrängt. Nach unserer Einschätzung wurden hier zwei wichtige Grundsatzbeschlüsse des Bonner Stadtrats ausgeblendet. Und wir verstehen nicht, wie das passieren konnte. Steffen Schneider, Radentscheid Bonn Foto: Steffen Schneider Bald kein ÖPNV mehr am Hof?
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