1 Fahrrad-Magazin für Bonn, Rhein-Sieg und die Region 4/2023 www.bonn-rhein-sieg.adfc.de b-Parkhäuser 4 in Bonn, 1 in Hennef Rad+Freizeit 2024 Luxemburg ist Messepartner ADFC-Verkehrsprogramm Unsere Forderungen Stadtradeln Sternfahrt nach Bonn
2 THEMA Belderberg 18 · 53111 Bonn · T 0228/981 36 60 verkauf@velo-city.de · www.velo-city.de Öffnungszeiten: Di–Fr 10–19 Uhr, Sa 10–16 Uhr WIR STECKEN SIE GERNE AN MIT UNSERER FAHRRADLEIDENSCHAFT Für Radreise und Alltag, wir haben die richtigen Lösungen Fahrräder Pedelecs Zubehör Knowhow Ergonomie Service
3 EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser. Der ADFC sieht sich als wichtiger Akteur bei der Erreichung der Klimaziele der Stadt Bonn. Nur wenn auch und insbesondere im Verkehrssektor konkrete Fortschritte hin zum Mobilitätswandel erzielt werden, kann der Klimaplan der Stadt Realität werden. Und das auch nur dann, wenn die gesamte Region mit in den Blick genommen wird. Informieren Sie sich über unser neues Mobilitätspolitisches Programm, das der ADFC in einem intensiven Workshop-Prozess entwickelt hat. Die Planung der Stadt, im Zuge der notwendigen Sanierung auf der Adenauerallee auf beiden Seiten eine sichere, abgetrennte Fahrradspur einzurichten und den Autoverkehr durchgängig auf je einer Fahrspur zu führen, hat intensive Diskussionen ausgelöst. Wir berichten, was auf der einstigen Diplomatenrennbahn ab Anfang 2024 geplant ist. Und wir zeigen Ihnen die Fotomontagen der Stadt für die Neugestaltung der Adenauerallee. Die vier neuen Fahrradparkhäuser, die an zentralen Standorten eingerichtet werden sollen und sichere Abstellplätze für 280 Fahrräder bieten werden, sind ein Fortschritt – aber noch nicht ausreichend für den steigenden Bedarf. Auch in den Ortsgruppen tut sich etwas - wir berichten über die Pläne für eine Radstation in Hennef. Wenig getan hat sich beim Straßenverkehrsrecht. Wussten Sie, dass die Urspränge unseres Straßenverkehrsgesetzes noch aus der Kaiserzeit stammen? Es wird Zeit für eine Reform – Viva la RADvolution. Im Heft gibts mehr zum Thema. Ansonsten war trotz des eher verregneten Sommers viel los. Der verschobene Fähr-Rad-Tag, der erstmals zusammen mit einem Picknick des Frauennetzwerks stattfand, war ein voller Erfolg mit über 3000 Radelnden und 132 neuen Mitgliedern, die wir herzlich begrüßen. Das Jahr ist noch lange nicht zu Ende, ausreichend Zeit für viele tolle Fahrradaktivitäten: Der Mobilitätstag in Bonn mit Fahrradsternfahrt, CarFreiTage, interessante Radreisevorträge und natürlich die traditionelle Weihnachtsfeier sind nur einige Beispiele, bei denen wir uns vielleicht treffen werden. Im Namen der Rückenwind-Redaktion wünsche ich Ihnen beim Lesen im neuen Heft viel Freude. Ihre Claudia Riepe Claudia Riepe Foto: Frank Laufenberg
4 TITELTHEMA VERKEHRSPOLITIK Der Streit um Radspuren auf der Adenauerallee und weniger Parkplätze durch Fahrradstraßen kocht hoch in Bonn. Die Vorteile für Radfahrer und Fußgänger gehen oft unter. Wir klären auf, was derzeit in Planung ist. Unsere Forderungen haben wir zudem in einem neuen Mobilitätspolitischen Programm zusammengefasst.Aber es gibt auch gute Nachrichten. So baut Bonn vier Parkhäuser für Radfahrer, in Hennef wird die Radstation konkret. Vier Fahrrad-Parkhäuser für Bonn ............ 5 Straßenverkehrsgesetz der Kaiserzeit ...... 10 Neues Mobilitätspolitisches Programm ... 13 Linksrheinische Radpendlerroute: Was sich in den vergangen Jahren getan hat ....... 16 Neue Ideen für den Radverkehr aus Polen.... 20 33 Fahrradstraßen für Bonn ..................... 21 Adenauerallee: Umbau erst nach Test ....... 22 ADFC beim Rhein-Sieg-Klimaforum ........ 24 Aus dem ADFC Fördermitglieder: Das neue Veloland Sankt Augustin unterstützt den ADFC .................. 86 Fördermitglieder: Auch Wave-Bikes in Hennef fördert neu den ADFC ........................... 87 Rad im Alltag Fahrradfreundliche Arbeitgeberg: Sechs Unternehmen haben sich zertifizieren lasse ......... 35 Wussten Sie schon ....................................... 44 Falschparker: So gefährlich & teuer ist das ...... 50 Aktionen Stadtradeln: Sternfahrt nach Bonn ................ 26 Bönnsche Viertel: Der ADFC warb in Bonn und Beuel für mehr Lebensqualität ................. 28 Fahrradkino: Barbie und Ken kommen auch ... 30 Fähr-Rad-Tag: 3000 Radler und 132 neue Mitglieder beim verschobenen Radtag ............ 33 Gesamtschule Beuel wirbt monatlich für autofreien Tag von Schülern, Eltern, Lehrern ........ 38 Meldungen: Europäische Mobilitätswoche, Fahrradmarkt in Bonn, Fotoausstellung in Fabrik 45, ADFC-Weihnachtsfeier ...................... 42 Klimatour: Wie man Lebensmittel rettet ........ 45 Junger ADFC Kidical Mass: neue Demos im September....... 27 Gesamtschule Beuel wirbt monatlich für autofreien Tag von Schülern, Eltern, Lehrern ... 38 Uni-Mathematiker lieben den Radsport ....... 40 Social-Media-Team sucht junge Mitstreiter ... 41 Aus den Ortsgruppen Wachtberg: Trauer nach tödlichem Unfall – Kreis ordnet Tempo 70 auf K57 ..................... 52 Hennef: Zuschüsse für Radstation ............... 54 Hennef: Codierung auf Klimatag ................ 55 Hennef: Mitgliederversammlung mit Wahl .... 57 Beuel: Mitgliederversammlung mit Wahl ....... 57 Rheinbach: 1. Schritt zum Radring ............. 58 Niederkassel: Probleme am Schulzentrum ..... 60 Obere Sieg: Arbeitskreis ruht ...................... 62 Obere Sieg: Radstreifen in Dreisel ............... 62 Obere Sieg: Abstellanlagen im Test ............. 64 Siegburg/Sankt Augustin: Kidical Mass ..... 65 Siegburg: Fahrradcodierung ........................ 66 Siegtal pur: Pannenhilfe durch den ADFC .... 66 Touren und Tourismus Rad+Freizeit: Luxemburg ist Messepartner ...... 68 Kubas Westen: Die Karibikinsel ist nicht nur für Salsatänzer, sondern auch für Radtouristen ein Traumziel ......................... 70 Ostfriesland: Warum ein Malheur in Friesoythe gut ausgegangen ist ................... 74 Frankreich: Warum Beueler wieder nach Mirecourt in die Vogesen geradelt sind .......... 76 Das Tourenprogramm ............................. 78 Reisevorträge starten im Oktober .............. 82 Rubriken Impressum ............................................... 24 Leserbriefe ............................................... 44 Die Adressenseiten .............................. 46-49 Unsere 28 Fördermitglieder ..................... 90 Termine ................................................... 88 INHALTSVERZEICHNIS Titelbild: SLB Architekten und Ingenieure Redaktionsschluss für Heft 1/2024: 16.10.2023
5 Das ist eine gute Nachricht: Bonn bekommt an vier zentralen Orten Fahrradparkhäuser mit insgesamt 280 abschließbaren Boxen. Darin können Fahrräder sicher abgestellt werden. Die vier Parkhäuser werden noch dieses Jahr in den Innenstädten von Bonn und Beuel gebaut. Bis Ende des Jahres sollen die Parkhäuser am Frankenbad in der Bonner Nordstadt (48 Abstellplätze), am Stiftsplatz (64), am KonradAdenauer-Platz (72) und am Bahnhof in Beuel (96) fertiggestellt werden. Baubeginn des ersten Radparkhauses am Bahnhof in Beuel ist voraussichtlich Ende Oktober. Die anderen drei folgen sukzessive. Die Kosten der Radparksysteme liegen bei rund drei Millionen Euro, wovon circa 45 Prozent aus dem EFRE-Förderprojekt „Emissionsfreie Innenstadt“ kommen. Das EFRE-Programm der EU im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung wird vom NRW-Wirtschaftsministerium verwaltet. Ziel des EFRE-Programms sind unter anderem CO2-Einsparung und Förderung der umweltgerechten Mobilität. Die Umsetzung des Projekts in Bonn haben die Stadtwerke (SWB Bus und Bahn) übernommen. „Wir erleichtern den Umstieg auf den Nahverkehr mit den bereits installierten Mobilstationen und den neuen Boxen für Fahrräder. Wege durch die Stadt können so unabhängig vom Auto geplant und mit dem ÖPNV kombiniert werden. Die Mobilitätswende schaffen wir dann, wenn unsere Fahrgäste sich flexibel fortbewegen können“, sagt SWB-Geschäftsführerin Anja Wenmakers. Den Auftrag für die neuen modularen Fahrradparksysteme hat die Schweizer V-Locker AG mit Sitz in Dübendorf im Kanton Zürich erhalten. Deren System besteht aus mechanischen Leichtbaumodulen und einer digitalen Bedienplattform. Innerhalb jedes Turmmoduls bewegen sich die Fahrradschließfächer senkrecht in einem Paternoster-Liftsystem. Die Schließfächer Entwurf für das Fahrradparkhaus auf dem Bonner Stiftsplatz: 280 Stellplätze sollen vier neue Fahrradparkhäuser in Bonn und Beuel bieten, in denen die Fahrräder in Boxen verstaut werden, die dann wie im Paternoster rotieren. Auf der Titelseite ist der Entwurf für das größte Parkhaus am Bahnhof in Beuel abgebildet. Entwurf: SLB Architekten und Ingenieure Vier Fahrrad-Parkhäuser für Bonn Auch Gepäck und Einkäufe lassen sich in Fahrradboxen abstellen
6 können per App (http://v-locker.ch/app) von Zuhause oder unterwegs gebucht und mit PayPal, Giropay oder Kreditkarte bezahlt werden. Das Öffnen, Schließen und Beenden der Buchung geht mit wenigen Klicks. Das Angebot soll auch in die SWB-App BONNmobil integriert werden. Zusätzlich zum Fahrrad lassen sich in einem Ablagefach persönliches Zubehör wie Helm, Regenschutz oder Rucksack unterbringen. Während der Buchung kann ohne Zusatzaufwand mehrfach auf die Box zugegriffen werden, um beispielsweise Einkäufe abzustellen. Über die Funktion ‘Share Box’ können auch Freunde und Familie auf den gebuchten Fahrradparkplatz zugreifen. Die Nutzungsentgelte für die Fahrradparkhäuser sollen nach Auskunft der SWB zum Jahresende festgelegt und mit den Tarifen für die 21 bestehenden Fahrradboxen und für die anderen Mobilitätsangebote abgestimmt werden. In Mühlacker ist Bonner Modell in Betrieb Im badischen Mühlacker wurde im Juli ein solches Fahrradparkhaus vom selben Hersteller am dortigen Busbahnhof in Betrieb genommen. Es hat Platz für 120 Fahrräder und benötigt dafür eine Grundfläche von 5,60 x 9,50 Metern bei einer Gesamthöhe von 11 Metern. Das Parkhaus hat 1,4 Millionen Euro gekostet, melden die Badischen Neuesten Nachrichten. Pro Stunde kostet die Fahrradbox in Mühlacker 25 Cent, der Maximalbetrag beträgt einen Euro pro Tag, fünf Euro im Monat. „Wir denken, dass wir mit diesem Beitrag der neuen Mobilität in Mühlacker einen guten Baustein an die Seite stellen, denn das Rad wird zukünftig immer mehr eine herausragende Rolle spielen müssen für unseren Klimaschutz – und auch, um unsere Verkehrswende erfolgreich zum Abschluss zu bringen“, zitiert die Lokalzeitung Mühlackers Bürgermeister Winfried Abicht (CDU) im Bericht über die Eröffnung. Auch der örtliche ADFC ist begeistert: „Das neue Fahrradparkhaus sieht sehr cool aus, passt sich VERKEHRSPOLITIK Foto: Daniel Niehoff Foto: Daniel Niehoff Das neue Fahrradparkhaus in Mühlacker: Die Bonner Parkhäuser funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Wie in Mühlacker werden auch in Bonn die Räder über eine kleine Rampe in Paternosterboxen verstaut. Die breite Bodenrinne erleichtert das Reinschieben und Fixieren. Das Vorderrad kann zusätzlich in einer Schiene arretiert werden.
7 VERKEHRSPOLITIK mit seiner Holzfassade super der Umgebung an und verfügt sogar auf seiner Südseite über Solarpanels, die das Fahrradparkhaus mit Strom versorgen. Wenn man sich die V-Locker-App heruntergeladen hat, funktioniert das Parken ganz leicht und zügig. Man bucht, die Box fährt herunter, eine Tür öffnet sich, das Fahrrad wird hineingeschoben, man bestätigt auf der App den Vorgang, die Tür schließt sich wieder und die Box fährt ein Stück nach oben, so dass das Rad sicher verwahrt ist“, schreibt uns Britta Niehoff, Sprecherin der ADFC Ortsgruppe Wiesloch/Walldorf. Auf unserer Webseite zeigen wir ein kleines Video vom Betrieb der Anlage in Mühlacker. Radstation mit 1100 Plätzen in Tübingen Bundesweit tut sich eine Menge in Sachen Fahrradparken. In der Universitätsstadt Tübingen am Neckar ist im Juli eine neue Radstation mit 1100 Stellplätzen eröffnet worden. Alle Abstellplätze sind videoüberwacht, 350 sind (gegen Gebühr) abschließbar. Integriert in die Station sind Werkstatt, Ersatzteilverkauf und eine Fahrradwaschanlage. Außerdem gibt es einen Fahrradverleih mit Pedelecs, Tandems, Lastenrädern und Rikschas. Besonderer Service: das „Garderobenparken“ – dabei gibt die Kundschaft ihr Fahrrad beim Service-Schalter der Radstation ab; deren Mitarbeiter parken anschließend das Rad. Die Radstation Tübingen ist eine inklusive Kooperation der Bruderhaus Diakonie mit zwei gemeinnützigen GmbHs; sie wird von der Stadt Tübingen gefördert. Die Radstation bietet Arbeit und Qualifizierung für junge Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen und Foto: Stadt Tübingen In Tübingen gibt es eine Tiefgarage an ZOB und Hauptbahnhof, die freundlich in die Tiefe zu 1100 Fahrradstellplätzen führt. Radservicestation KAUFEN ODER MIETEN für Nutzer kostenfrei und ständig verfügbar für Unternehmen / Kommune / Stadt Herstellung und Wartung durch Menschen mit Assistenzbedarf den Radverkehr in Ihrer Umgebung stärken Rad- und Rollstuhl- fahrer*innen, Eltern mit Kinderwagen bei kleinen Pannen helfen Caritas Betriebs- und Werkstätten GmbH Aachener Straße 71 . 52249 Eschweiler T 02403 7907-11 . F 02403 7907-13 info@cbw-gmbh.de . cbw-gmbh.de UNVERBINDLICH ANFRAGEN UNTER 02403 7907-736 radservicestation@ cbw-gmbh.de MEHR INFOS:
8 (sozialen) Benachteiligungen. „Die Radstation unterstützt also nicht nur die Mobilität der Kunden, sondern schafft auch Bewegung auf dem Arbeitsmarkt“, heißt es auf der Website https://www.xn--radstation-tbingen-x6b.de/ Radparken: Vorbildlich in Bad Kreuznach Schwarze Zahlen meldet das vielfach als vorbildlich gerühmte Fahrradparkaus in Bad Kreuznach. Die Betriebskosten können inzwischen vollständig durch die Einnahmen gedeckt werden. Dort ist im MIP, dem Mobil- und Infopunkt, eine Mobilitätsstation mit Fahrradparkhaus mit 230 Stellplätzen und ein Beratungscenter rund um Radverkehr und E-Mobilität untergebracht. Rad- und E-Autoverleih, Radwerkstatt, ein EBike Store und ein Servicecenter der kommunalen Verkehrsbetriebe gehören dazu. Für das Fahrradparkhaus wurde intensiv geworben, zum Beispiel mit Plakaten an Bushaltestellen. Die 230 Einstellplätze für Fahrräder stehen hier im 24-Stunden-Betrieb zur Verfügung. Ein Teil davon sind besonders gesicherte Boxen. Der Zugang erfolgt über ein Drehkreuz, man zieht und entwertet ein Parkticket. Dieses kostet bei den einfachen Einstellplätzen 0,50 € pro Tag, bei den Boxen 1,00 € pro Tag. Für das Wochenticket werden 8 € berechnet, 80 € für das Jahresticket. Die gesamte Anlage ist mit Videoüberwachung ausgestattet. Das Bad Kreuznacher Fahrradparkhaus war aus dem Bundesprogramm „Klimaschutz im Radverkehr“ als größtes Projekt mit 1,66 Millionen Euro gefördert worden, das waren 90 Prozent der reinen Baukosten. Von der Bewerbung im August 2016 für das Bundesförderprogramm bis zur Eröffnung des Parkhauses im Dezember 2020 dauerte es vier Jahre. Mehr Infos finden Sie unter: https://bad-kreuznach-mobil.de/ Bonner Hbf: Fahrradparken noch ungelöst Schlechte Nachrichten erhielt indes die B+B Parkhaus GmbH & Co. KG, die in Bonn das Parkhaus in der Museumsmeile mit 535 Pkw-Plätzen betreibt. B+B plant an der Stelle des früheren DB-Parkhauses in der Quantiusstraße einen Neubau. Dafür hatte die Gesellschaft eine Förderung für die geplanten Fahrradparkplätze im Erdgeschoss beantragt. Die wurde jedoch jetzt vom Bundesamt für Logistik und Mobilität abgelehnt, das für den Bund das Förderprogramm „Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen“ verwaltet. „Der Förderaufruf ist mit über 170 eingereichten Projektskizzen und einem Antragsvolumen von rund 250 Millionen Euro deutlich überzeichnet. Der Beschluss des Haushaltsausschusses vom 5.7.2023 sieht in diesem Jahr leider keine Förderung für Ihr Vorhaben ‚PH-Bonn-HBF‘ vor“, teilt das Kölner Bundesamt mit. Die B+B-Parkhaus GmbH will aber an der Planung mit komplettem Fahrradparken im Erdgeschoss „zunächst“ festhalten. Sie rechnet dort mit einem Preis für das Fahrradabstellen von drei Euro pro Tag. In weiter Ferne liegt das geplante Fahrradparkhaus unter dem Busbahnhof, das im Zuge der Neugestaltung des ZOB gebaut werden soll. In Mittellage ist ein unterirdisches Fahrradparkaus vorgesehen. Das Fahrradparken vor dem Hauptbahnhof ist und bleibt vorerst ungelöst. Bernhard Meier VERKEHRSPOLITIK Foto: Michael Vesper Das vorbildliche Fahrradparkaus mit Mobilitätsstation in Bad Kreuznach schreibt schwarze Zahlen: Die Einnahmen decken die Betriebskosten. GEYSIR „Das Rad wird zukünftig immer mehr eine herausragende Rolle spielen müssen für unseren Klimaschutz – und auch, um unsere Verkehrswende erfolgreich zum Abschluss zu bringen.“ Winfried Abicht (CDU) Bürgermeister in Mühlacker
9 GEYSIR ANDERNACH Eine Attraktion im Vulkanpark MUSEUM SCHIFF GEYSIR Konrad-Adenauer-Allee 40 · 56626 Andernach Telefon: 0 26 32/95 80 08 0 · www.geysir-andernach.de
10 VERKEHRSPOLITIK Neues Straßenverkehrsgesetz muss her Vom Autogesetz zum Mobilitätsgesetz fehlt noch viel Wer auf www.gesetze-im-internet.de, einem Service des Bundesministeriums, nach dem geltenden Straßenverkehrsgesetz sucht, wird sich wundern. Steht dort doch in der dritten Zeile: „Ausfertigungsdatum: 03.05.1909“. 1909, da regierte Kaiser Wilhelm II. als Deutscher Kaiser und König von Preußen. Tatsächlich, der Vorläufer des Straßenverkehrsgesetzes wurde in Deutschlands Kaiserzeit erlassen. Das „Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ vom 3. Mai 1909 sollte vor allem die Haftung bei Verkehrsunfällen mit Kraftfahrzeugen regeln, die mit Zunahme der Motorisierung immer dringlicher wurde. Rund 30.000 Pkw und 20.000 Motorräder im Deutschen Reich verlangten nach gesetzlichen Regelungen. 1909, das nur am Rande, fand übrigens auch das erste Sechstagerennen als Radsportereignis in Berlin statt. Dass das Kaiserreich kein Gesetz für den gesamten Straßenverkehr erlassen konnte, war kein böser Wille, sondern lag an der Zuständigkeit der Länder für den nichtmotorisierten Straßenverkehr, die bis Ende der 1920er Jahre zum Beispiel die Ausstattung der Fahrräder unterschiedlich regelten. Das änderte sich erst mit der „Gleichschaltung der Länder mit dem Reich“ 1933. Dieses „Kraftfahrzeuggesetz“ wurde am 23. Januar 1953 inhaltlich unverändert als Straßenverkehrsgesetz (StVG) der Bundesrepublik verkündet. Noch immer beginnt es – trotz zahlreicher Änderungen – in § 1 mit „Kraftfahrzeuge…“ und ist bis heute die gesetzliche Grundlage für viele weitere Regelungen wie die StraßenverkehrsOrdnung (StVO), die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwVStVO), die Fahrerlaubnisverordnung (FeV), die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), die Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV). Ein Verkehr auf dem Bonner Marktplatz, vermutlich in den 1920er oder 30er Jahren: Aus der Kaiserzeit stammt noch das heute gültige Straßenverkehrsgesetz.
11 VERKEHRSPOLITIK Gesetz, das seit seiner Einführung vor allem den motorisierten Individualverkehr im Blick hat. Welch enge Grenzen es setzt, zeigt sich auch vor Ort immer wieder: • Der Rhein-Sieg-Kreis als Straßenverkehrsbehörde darf trotz zahlreicher Forderungen z.B. der Gemeinde Wachtberg auf den schmalen Kreisstraßen kein flächendeckendes Tempo 70 einführen, weil das geltende Straßenverkehrsgesetz und die daraus abgeleitete StVO das nicht zulassen. • Die Stadt Bonn darf aus eben diesem Grund innerorts nicht Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit anordnen; über 700 Kommunen in Deutschland fordern das aber inzwischen. Leitlinie des bisherigen Straßenverkehrsrechts und auch der Rechtsprechung ist die „Leichtigkeit und Sicherheit“ des Verkehrs, sprich des Straßen-, gemeint Kfz-Verkehrs. Bei realem 10 bis 30 Prozentanteil des Radverkehrs in den Kommunen ist diese Ausrichtung nicht mehr zeitgemäß. Erst recht nicht, wenn zum Erreichen der Klimaziele der Umweltverbund aus ÖPNV und Rad 80 Prozent der Mobilität erbringen soll. Folgerichtig haben die die Bundesregierung bildenden Parteien im Koalitionsvertrag vereinbart: „Wir werden Straßenverkehrsgesetz und Straßenverkehrsordnung so anpassen, dass neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen.“ Der Rückenwind befragte Roland Huhn, seit 2004 hauptberuflich als Rechtsreferent in der ADFC-Bundesgeschäftsstelle tätig, erst in Bremen, dann in Berlin. Roland besitzt neben zwei OldtimerRädern, die älter sind als das StVG, ein WandererTourenrad und ein PatriaRennrad. ? Rückenwind: Was ist neu in den Entwürfen des Bundesverkehrsministeriums? ! Roland Huhn: Auf der Gesetzesebene, im StVG, wird eine neuartige Grundlage für Verordnungen geschaffen. Regelungen der StVO können künftig „auch erlassen werden zur Verbesserung des Schutzes der Umwelt, darunter des Klimaschutzes, zum Schutz der Gesundheit oder zur Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung.“ Der Änderungsentwurf der StVO nutzt diese Ermächtigung, aber nur begrenzt: Der Nachweis zwingender Sicherheitserfordernisse nach § 45 Abs. 9 StVO soll künftig entfallen, wenn die „Bereitstellung angemessener Flächen für den fließenden und ruhenden Fahrradverkehr sowie für den Fußverkehr“ mit den neuen Zielen des StVG begründet wird. Damit kann ein wesentliches Hindernis für die Förderung des Radverkehrs aus dem Weg geräumt werden, besonders für die Umwandlung in Radfahrstreifen und Fahrradabstellplätze. ? Ist in den Gesetzentwürfen die „Leichtigkeit des Verkehrs“ nicht mehr das Maß aller Dinge? ! Leider nur auf den ersten Blick. Die Anwendung der neuen Gesetzesziele steht in StVG und StVO Foto: ADFC-Bundesverband ADFC-Rechtsreferent Roland Huhn
12 unter dem Vorbehalt, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs immer zu berücksichtigen sind. Die Sicherheit darf aus Sicht des ADFC selbstverständlich nicht leiden, sie müsste durch die Aufnahme der „Vision Zero“ sogar Vorrang erhalten. Aber die Leichtigkeit des Verkehrs begünstigt faktisch die stärkeren und schnelleren Fahrzeuge und verträgt sich nur schlecht mit den neuen Zielen, die vom Grundgesetz legitimiert sind, wie der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit. ? Können deutsche Kommunen künftig den öffentlichen Raum großzügig neu verteilen, so wie Kopenhagen und Amsterdam das gemacht haben, so wie Barcelona, London und Paris das gerade machen, oder Tempo 30 auf Hauptstraßen anordnen? ! Die geplante Ergänzung der StVO würde die Umverteilung von Flächen zugunsten des Rad- und Fußverkehrs einfacher machen, besonders dann, wenn der Vorbehalt der „Leichtigkeit des Verkehrs“ gestrichen wird. Tempo 30 wird nur punktuell erleichtert, durch Erweiterung des Ausnahmenkatalogs der sensiblen Einrichtungen um Zebrastreifen, Spielplätze und „hochfrequentierte Schulwege“. Viele Forderungen aus dem Gute-Straßen-für-alle-Gesetz des ADFC bleiben unerfüllt, darunter die nach mehr Tempo 30 innerorts, die von mehr als 700 Städten und Gemeinden geteilt wird. ? Der Gesetzentwurf geht jetzt in den Bundestag. Wir haben kürzlich häufig gehört, dass kein Gesetz so in den Bundestag geht, wie es herauskommt. Kann es noch Verbesserungen geben? ! Selbstverständlich wird der ADFC im Verkehrsausschuss des Bundestags auf Verbesserungen hinwirken. Wir hören aber einzelne Stimmen aus dem Regierungslager, denen die Veränderungen am hergebrachten Straßenverkehrsrecht bereits zu weit gehen. Auch der Bundesrat muss noch zustimmen. Ich kann mich an keine StVO-Novelle ohne Änderungen durch den Bundesrat erinnern. ? Der ADFC hat ja mit der Kampagne RADvolution für ein besseres Straßenverkehrsrecht die Backen ganz schön aufgeblasen. Was dürfen wir erwarten? ! Nach der parlamentarischen Sommerpause kann das Gesetzgebungsverfahren zum StVG sehr schnell anlaufen. Parallel wird die StVO-Änderung vorangetrieben. Die Bundesgeschäftsstelle wird die Landesverkehrsministerien mobilisieren und zu örtlichen Aktivitäten aufrufen. Die Aktiven in den Städten und Gemeinden sind auch später noch gefragt, wenn es um die Anwendung der neuen StVO geht und bisher Versäumtes nachgeholt werden kann. Der Wille zur Verkehrswende in Kommunalpolitik und -verwaltung reichte bisher allein nicht aus, er darf aber auch künftig nicht fehlen und muss weiter unterstützt werden. Mit Roland Huhn sprach Bernhard Meier VERKEHRSPOLITIK Viva la RADvolution! „Die Wissenschaftler:innen haben den Klimawandel nur verschieden erklärt, es kommt aber darauf an, ihn zu stoppen.“ Einer der vielen Sätze, die Karl Marx so nie gesagt hat, aber bestimmt nur aus Mangel an Gelegenheit. Mit der RADvolution hat der ADFC pünktlich zum Weltfahrradtag eine bundesweite Kampagne für eine Verkehrswende gestartet, die das Fahrrad in den Mittelpunkt der Verkehrspolitik rückt. Wenn man den Klimawandel ernst nimmt, darf Verkehrsplanung nicht länger vor allem Planung für den Autoverkehr bedeuten. Die RADvolution wirbt für mehr Platz für Fahrräder, für mehr Sicherheit für Radfahrende auf den Straßen – und für ein mutiges, neues Straßenverkehrsrecht! Viele Ortsverbände haben für die folgenden Wochen Fahrraddemos, Sternfahrten, Infostände, parlamentarische Veranstaltungen oder andere Aktionen geplant. Aber auch außerhalb dieser Aktion können einzelne Mitglieder die RADvolution unterstützen, indem sie zum Beispiel bei Freund:innen, Bekannten, Kolleg:innen, Nachbarn und andere für eine ADFC-Mitgliedschaft werben – denn auch über mehr ADFC-Mitglieder bekommt die RADvolution ordentlich Rückenwind! Gisela Zimmermann
13 VERKEHRSPOLITIK Fahrräder codieren, Radtouren anbieten, Fahrradstraßen fordern, Kidical Mass organisieren – der ADFC macht vieles, um den Radverkehr zu fördern. Für uns ein Anlass zu beraten, welche Ziele uns dabei wichtig sind. Seit unserem letzten Programm von 2016 sind viele neue Themen hinzugekommen: Klimaschutz, der erfolgreiche Radentscheid in Bonn, die Diskussion um eine Mobilitätswende. Warum braucht es jetzt ein neues Programm? Wir brauchen einen Kompass für unsere Arbeit, damit wir nicht nur reagieren, sondern uns Prioritäten setzen; damit wir uns nicht verzetteln, sondern zielgerichteter arbeiten, um Mitgliedern wie der interessierten Öffentlichkeit zu kommunizieren, was wir wie warum tun. Wie haben wir das Programm erstellt? • Wir haben Aktive aus Bonn und dem RheinSieg-Kreis angesprochen, ob sie Lust und Laune haben mitzuarbeiten. • Wir haben uns zunächst mit grundlegenden Fragen beschäftigt: Warum engagieren wir uns? Was ist uns persönlich und für den ADFC wichtig? Was sind unsere Werte? • Wir haben uns gefragt, was können und werden wir tun. Nicht nur, was wünschen wir uns. Wir gehen in Etappen vor. Was sind unsere Werte? An den drei Samstagen, an denen wir am Programm gearbeitet haben, ging es zunächst um unsere Werte. Was treibt uns an? Was ist uns persönlich wichtig? Worauf legen wir in der Zusammenarbeit wert? Herausgekommen sind folgende Identitätswerte, die unsere Arbeit bestimmen und uns Profil verleihen: • Klimagerechtigkeit/Nachhaltigkeit • Mut • lokale Kompetenz • fachlich versiert • innovativ/neue Denkanstöße • strategisch • vernetzt/kooperativ • Diversität/integrativ • Spaß • Gewinnen wollen • Erfolge feiern Folgende Basiswerte sollten alle mitbringen, die im ADFC aktiv mitarbeiten: • Begeisterung fürs Radfahren • Weitblick Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg e. V. Radfahrer wollen zügig und sicher vorankommen. Was es dazu braucht, formuliert der ADFC-Kreisverband in seinem neuen Mobilitätspolitischen Programm. Das Programm wird im Herbst in seiner Endform vorliegen. Mobilitätspolitisches Programm des ADFC
14 VERKEHRSPOLITIK • Respekt/Toleranz • Zielorientierung • Verantwortungsbereitschaft • Beharrlichkeit Die Vision der mobilitätspolitischen Arbeit des ADFC ist das Ziel, auf das wir hinarbeiten. Darauf richten wir unsere Aktionen und argumentieren mit dieser Vision. 1. Eine Stadt und eine Region, in der Fahrrad, Fußverkehr und Öffentlicher Verkehr Vorrang haben. 2. Vorbildregion Fahrradmobilität. Hier kann jede*r überall einfach und sicher fahrradfahren und fast alle tun es. 3. Eine nachhaltige und klimaneutrale Stadt und Region. 4. Eine menschenfreundliche und lebenswerte Stadt und Region. Wir haben unsere Ziele und Vorstellungen in einer Mission zusammengefasst: Fahrradfahren ist unsere Leidenschaft und Klimagerechtigkeit unsere Vision. Wir sind überzeugt, dass nachhaltige und lebenswerte Städte und Regionen nur zu erreichen sind, wenn Fahrrad- und Fußverkehr sowie Busse und Bahnen Vorrang haben. Hierzu engagieren wir uns lokal für eine attraktive Radinfrastruktur, die für alle sicher, intuitiv, einladend und komfortabel ist. Unser Ziel ist es, die Stadt Bonn, den Rhein-Sieg-Kreis und den Kreis Euskirchen zur Vorbildregion für Fahrradmobilität zu machen. Was machen wir? Wir analysieren die Mobilitätssituation und insbesondere die Bedingungen des Fahrradverkehrs in unserer Region, diskutieren diese intern und machen kontinuierlich Vorschläge für deren Verbesserung und Ausbau. Wir setzen uns für die Interessen der Radfahrenden ein. Wir sprechen mit allen Beteiligten, mit Multiplikatoren und mit der Öffentlichkeit. Wie machen wir es? Wir wirken auf die Entscheider*innen und Gestalter*innen ein mit unserem lokalen Sachverstand und unseren innovativen Ideen. Wir schmieden Bündnisse mit denen, die ähnliche Ziele verfolgen. Wie planen zielgerichtet Aktionen und führen diese durch. Wir gehen mutig und strategisch vor. Wozu machen wir es? Wir wollen einen wesentlichen Teil zu einer nachhaltigen, klimaneutralen, menschenfreundlichen und lebenswerten Region beitragen. Wir sind überzeugt, dass Klimagerechtigkeit in nachhaltigen, lebenswerten Städten und Regionen nur zu erreichen ist, wenn Fahrrad und Fußverkehr sowie ÖPNV Vorrang haben. Daher streben wir an, Bonn, den Rhein-Sieg-Kreis und den Kreis Euskirchen zur Vorbildregion für Fahrradmobilität zu machen. Aus der Vision haben wir folgende Ziele unserer mobilitätspolitischen Arbeit definiert. Wir arbeiten für… 1. den Vorrang für Fahrrad, Fußverkehr und ÖPNV bei Planung und Bau, 2. eine optimale Radverkehrsinfrastruktur, 3. die optimale Verknüpfung von Radverkehr und ÖPNV, 4. die Stärkung der Bewegung für klimafreundliche Mobilität, 5. eine lebendige und positive Radkultur, 6. die Aktivierung der Menschen zum Radfahren. An diesen Zielen orientieren wir unsere verkehrspolitische Arbeit in der Region. Schwerpunkte unserer Arbeit Unsere aktuellen Schwerpunkte in der Stadt Bonn liegen in der Schaffung eines sicheren und komfortablen Netzes von Hauptrouten für den Fahrradverkehr. Denn eine gute Infrastruktur aus Radwegen ist die Vorrausetzung dafür, mehr Menschen für das Radfahren begeistern zu können. Damit wir im Bereich Verkehr unseren Beitrag dazu leisten können, dass die Stadt Bonn
15 VERKEHRSPOLITIK Bonn liegen in der Schaffung eines sicheren und komfortablen Netzes von Hauptrouten für den Fahrradverkehr. Denn eine gute Infrastruktur aus Radwegen ist die Vorrausetzung dafür, mehr Menschen für das Radfahren begeistern zu können. Damit wir im Bereich Verkehr unseren Beitrag dazu leisten können, dass die Stadt Bonn und die beiden Kreise Rhein-Sieg und Euskirchen möglichst bis zum Jahr 2035 klimaneutral sind, heißt es für uns: Nicht alles wird vom Radverkehr zu leisten zu sein. Wir brauchen einen guten öffentlichen Verkehr und auch Sicherheit und Platz für Fußgänger/innen. Wie in Bonn braucht es auch zwischen den Gemeinden in den Kreisen gute und sichere Radwege. Zu den wichtigen Voraussetzungen für mehr Radverkehr zählt nicht zuletzt, dass für die Radfahrenden mehr sichere Abstellplätze geschaffen werden – sei es in den Bonner Tiefgaragen oder auch in den Stadtvierteln, wie in der Süd- oder Altstadt, in denen die Bewohner ihre Räder oft nicht in den Häusern abstellen können. Was uns besonders wichtig ist: Mehr Sicherheit für Radfahrende, insbesondere Kinder, Heranwachsende und Wiedereinsteiger. Für sie müssen wir jetzt anfangen, eine Infrastruktur zu schaffen. Sie sind unsere Zukunft. Deshalb müssen sich die Pläne von Stadt und Landkreisen daran orientieren. All diese verschiedenen Aufgaben bearbeiten wir in unterschiedlichen Arbeitsgruppen. So gibt es eine Arbeitsgruppe Fahrradparken, eine AG Radnetz, eine AG Klimaschutz und eine AG Fahrradklimatest. Wir freuen uns über Interessierte, die Lust und Zeit haben, mit uns gemeinsam für diese Ziele einzutreten. Gerd Billen Wenn Sie in der Verkehrspolitik mitarbeiten wollen, schreiben Sie an: BONN verkehrspolitik-bn@adfc-bonn.de RHEIN-SIEG rechtsrheinisch verkehrspolitik-rsk-rr@adfc-bonn.de RHEIN-SIEG linksrheinisch verkehrspolitik-rsk-lr@adfc-bonn.de Immobilie verkaufen? Am besten mit Rückenwind! Postbank Immobilien – der Makler der Deutschen Bank Telefon: 0160 92304050 alfred-martin.duelge@postbank.de Jetzt in die Pedale treten und kostenlose Marktpreiseinschätzung nutzen. Alfred Dülge Selbstständiger Immobilienberater Postbank Immobilien GmbH
16 VERKEHRSPOLITIK RHEIN-SIEG Einweihnung der Radpendlerrouten von Rheinbach über Meckenheim sowie Swisttal und Alfter nach Bonn im Jahr 2020: Die Bürgermeister der linksrheinischen Rhein-Sieg-Kommunen unterstützen zwar die beiden Routen, allerdings ist noch einiges zu tun. Auch eine Ausschilderung fehlt bis heute. Viele Baustellen auf den Hauptstraßen nach Bonn machen es Autopendlern schwerer, ihre Ziele zu erreichen. Dabei gibt es seit 2019 zwei Radpendlerrouten, die ein schnelles Radeln zwischen allen Kommunen linksrheinisch und Bonn möglich machen. ADFC-Verkehrspolitiker Dr. Georg Wilmers zieht eine Zwischenbilanz. Neben Bornheim-Alfter-Bonn Die Radpendlerroute zwischen Bornheim und Bonn ist zwischen der Siegesstraße in BornheimRoisdorf und dem Knoten 71 der Radregion Rheinland an der Kreisstraße 12 nach Abschluss der jüngsten Ausbaumaßnahmen sehr gut befahrbar. Breit, neuer Asphaltbelag und mit Beleuchtung. Eine (unvermeidbare) Kreuzung mit Querung der Schienen an der Haltestelle Alanus Hochschule trüben Geschwindigkeit und Vergnügen nur unerheblich. Der ADFC fragt sich allerdings, warum der Radpendlerroute an Kreuzungen mit Gemeindestraßen keine Vorfahrt eingeräumt wurde. Am Knoten 71 fehlt noch die geplante Brücke über die Kreisstraße 12. Jetzt muss man eine Lücke im oft dichten Verkehr auf der Kreisstraße abwarten, um sie zu queren. Sehr stressig und abschreckend! Dafür ist nun der Abschnitt bis zum Bahnübergang in Dransdorf super ausgebaut: breit, neuer Belag, Entwässerung und Beleuchtung. Die Querung der Grootestraße am Bahnübergang in Dransdorf ist wieder ein Stresspunkt, der kurzfristig nicht vermeidbar erscheint. Aber danach geht es über den Bendenweg als Fahrradstraße prima bis zur Justus-von-Liebig Straße. Ab dort genügt die Radpendlerroute im heutigen AusPer Rad statt Auto nach Bonn pendeln Zwischenfazit zu Radpendlerrouten im linksrheinischen Kreis und Bonn Foto: Axel Mörer
17 VERKEHRSPOLITIK RHEIN-SIEG Grafik: Flyer über die Radpendlerrouten Foto: Georg Wilmers bauzustand den Anforderungen an eine Radpendlerroute nur unzureichend. Insbesondere die geplante Brücke über die Straße Am Probsthof wird schmerzlich vermisst. Ihre Realisierung scheiterte jüngst am notwendigen Grunderwerb. Die daher weiter notwendige Schrägquerung der Straße im meist dichten Verkehr ist eher abschreckend denn einladend. Aber immerhin: Die Route ist bis zum Bonner Hauptbahnhof durchgehend befahrbar, erst ab dem Bahnhof Bonn-West gibt es potenzielle Zwangshalte in Form von insgesamt (nur) 3 Ampeln. Zwischen Viktoriabrücke und Altem Friedhof fehlt aber jede Radinfrastruktur! Nicht befahrbar ist am anderen Ende der geplante Streckenabschnitt in Bornheim vom Bahnhof Bornheim-Stadt bis zum Haltepunkt BornheimRathaus. Der Neubau des Abschnitts scheiterte bislang am notwendigen Grunderwerb. Rheinbach-Swisttal-Alfter-Bonn Die Radpendlerroute von Rheinbach über Swisttal und Alfter nach Bonn wurde 2019 in voller Länge mit roten Pikogrammen auf Radwegen, Feldwegen und Straßen markiert. Die Route führt vom Bahnhof Rheinbach über Morenhoven, Buschhoven, Nettekoven, Oedekoven und das Meßdorfer Feld bis zum Knoten 71 der Radregion Rheinland und von dort auf der eben beschriebenen Route bis zum Bonner Hauptbahnhof. Der Oberflächenbelag ist durchgehend Asphalt und erlaubt Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 25 km/h. Beim Komfort (Breite der Wege, fehlende Beleuchtung) müssen allerdings große Abstriche in Kauf genommen werden. Immerhin wurden in Alfter kürzlich zwei hohe Bordsteinkanten quer über den Radweg durch eine Nullabsenkung vorbildlich entschärft. Mischverkehr mit Kfz auf Hauptverkehrsstraßen des Autoverkehrs gibt es nur auf kurzen Abschnitten in Buschhoven und Nettekoven. Die Radpendlerroute kann im Hellen zum Pendeln mit dem Rad statt mit dem Auto guten Gewissens empfohlen werden. Rheinbach-Meckenheim-Bonn Eine weitere Radpendlerroute führt vom Rheinbacher Bahnhof über Meckenheim, Röttgen, Lengsdorf und Endenich zum Hauptbahnhof in Bonn. Die Strecke wurde ebenfalls 2019 mit roten Fahrradsymbolen markiert und ist durchgehend befahrbar. Zwischen Rheinbach und Meckenheim wurde der Oberflächenbelag des Radwegs entlang der Landstraße auf einer Länge von mehreren Kilometern erneuert. Dabei wurden alle Wurzelaufbrüche beseitigt. Er ist jetzt prima befahrbar. Gleiches gilt für den Belag des Radwegs entlang der Landstraße von MeckenPERSPEKTIVEN FÜR DEN RADVERKEHR ZWISCHEN BONN UND DEM RHEIN-SIEG-KREIS U M u in v R d S p D a z e R R G R R G D b T b R g W in ro Markierung der Radpendlerrouten auf dem Boden
18 heim nach Röttgen. Dort wurde der Radweg mit weißen Begrenzungsstreifen versehen, die eine gute Orientierung auch dann ermöglichen, wenn entgegenkommende Autos im Dunklen blenden. Unverändert fehlt der Lückenschluss des Radwegs entlang der L 158 zwischen der Kreuzung Gudenauer Allee und dem Sängerhof. Er ist seit vielen Jahren geplant, in der Verkehrskommission des Regionalrats hoch priorisiert, Geld dafür steht im Landeshaushalt zur Verfügung, aber er scheitert bislang am notwendigen Grunderwerb. In Bonn ist die Endenicher Allee nun endlich fertig umgebaut und prima befahrbar. Schwachpunkte bleiben die Ortsdurchfahrt in Meckenheim (viele Ampeln, Wege relativ schmal), der fehlende Lückenschluss an der L 158 (s.o.), die sehr stressige Querung der L 158 im Kottenforst zwischen Meckenheim und Röttgen, fehlende Beleuchtung außerorts und die nervige Ampelanlage am Autobahnzubringer (zwei Drucktasten-Anforderungen zur Schrägquerung nötig) und mehrere Ampeln in der Weststadt. Beide Radpendlerrouten zwischen Rheinbach und Bonn sind 20,5 km lang und in Richtung Bonn in ca. 50 Minuten Fahrzeit zu bewältigen. Hinzu kommen Verweilzeiten an roten Ampeln oder Straßenquerungen, die sich mit zwei bis vier Minuten in der Summe angesichts der Streckenlänge in Grenzen halten. In Richtung Rheinbach dauert es – da es tendenziell aufwärts geht - mit ca. 1 Stunde Fahrzeit etwas länger. GPX-Tracks der Radpendlerrouten zwischen Rheinbach und Bonn sind auf der Homepage des ADFC und in Komoot zu finden. Von Wachtberg-Berkum nach Bad Godesberg Eine weitere Radpendlerroute von Wachtberg-Berkum nach Bad Godesberg zum Bahnhof ist seit 2021 konkret zwischen Kreis, Gemeinde Wachtberg und ADFC abgestimmt. Der Streckenverlauf steht fest, es fehlt zur Realisierung die Asphaltierung eines Streckenabschnitts von 310 Metern Länge bei Gimmersdorf, der heute Schotterweg ist. Vielleicht schafft es die Gemeinde Wachtberg in diesem Jahr, die Asphaltierung vorzunehmen. Weitere Routen speziell für Radpendler vom linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis nach Bonn gibt es nicht. Ein Netz von Radvorrangrouten, die gehobenen Ansprüchen genügen sollen, ist derzeit im Kreis und in Bonn in der Planung, der zeitliche Realisierungshorizont völlig offen. Der ADFC wäre schon froh, wenn die 2014 geplante Radpendlerroute Bornheim-Bonn endlich in voller Länge und die Radpendlerroute BerkumBad Godesberg durch Asphaltierung von 310 Metern Schotterweg fertiggestellt würden. Georg Wilmers VERKEHRSPOLITIK RHEIN-SIEG Foto: Georg Wilmers Zwischen Dransdorf und Alfter ist die Radpendlerroute Bornheim-Bonn schon in sehr gutem Ausbauzustand. Was fehlt, sind die Brücken über die K12n in Alfter und über die Straße Am Probsthof in Bonn. Das allerdings ist ärgerlich. In Bornheim: gute Radroute, aber leider keine Vorfahrt an der Querung Foto: Georg Wilmers
19 THEMA Weberstraße 75, 53113 Bonn Tel: +49 228 24 39 11-0 vermoegen@murphyandspitz.de www.murphyandspitz.de Erfolgreich nachhaltig unterwegs. Seit 1999. Jetzt in die Mobilitätswende investieren. Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland Das Produkt erfüllt die Anforderungen für das ECOreporter-Siegel in der Kategorie „Nachhaltiges Finanzprodukt“. Die strenge Einhaltung der Kriterien für das Siegel wurde im Oktober 2022 geprüft. Die Prüfkriterien sind einsehbar unter: www.ecoreporter.de/ecoreporter-siegel/ geprüft 2022 Nachhaltiges Finanzprodukt ECOreporter STIFTUNGSDEPOT DES JAHRES 2021 RenditeWerk Murphy&Spitz Nachhaltige Vermögensverwaltung
20 VERKEHRSPOLITIK Große Mühe macht man sich in Polen mit der Sicherung des Radverkehrs, wofür an Querungen kreative, gewissenhafte – hierzulande teilweise unbekannte – Ideen umgesetzt wurden. Hat Polen uns als Fahrradland überholt? Es berichtet von einer Polenreise Sigurd van Riesen, Sprecher der Ortsgruppe Hennef. Meine Frühjahrsreise durch Polen hat mir deutlich gemacht, dass unser Nachbarland im Osten sehr große Fortschritte bei der Fahrradinfrastruktur macht; denn überall sind neue, gut ausgeschilderte Radwege entstanden. Mehr Sicherheit für Radler*innen Beispiel 1: Vor einer Radwegquerung gibt es eine Geschwindigkeitsbegrenzung und zusätzliche Fahrbahnschwellen direkt vor der rot eingefärbten Furt. Das könnte man doch direkt in Kopie auf viele gefährliche Querungen bei uns übertragen – oder? Beispiel 2: Parallel zum Zebrastreifen wird eine rot eingefärbte Furt eingerichtet. Dies hat bereits 2006 das Deutsche Institut für Urbanistik (DIfU) für Überquerungsanlagen ins Gespräch gebracht. Derartige kombinierte Übergänge gibt es außer in Polen auch in Österreich und Frankreich. In unserem östlichen Nachbarland funktioniert es bei gegenseitiger Rücksichtnahme gut. Die Lage der Verkehrswege nebeneinander vermeidet Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern. Für uns RadfahAlle Fotos: Sigurd van Riesen Getrennte und deutlich markierte Wege für Radler und Fußgänger Polen macht es uns vor! Neue Verkehrsschilder und straßenbauliche Maßnahmen zum Schutz der Radler! Radwegquerung mit Fahrbahnschwellen IT-Beratung PC-Konfiguration Olaf Runge 0228 1809377 it-rat@netcologne.de www.runge-it.expert
21 VERKEHRSPOLITIK rende würde dies im Zusammenspiel mit dem neuen Verkehrsschild einen echten Fortschritt bedeuten. Müssen Radler bislang ihr Rad über einen Zebrastreifen schieben, um Vorrang zu bekommen, können sie jetzt daneben mit Vorfahrt radeln. Was ist zu tun? Dem Beispiel Polens folgend sollte beim nächsten Deutschen Verkehrsgerichtstag 2024 in Goslar und bei Gesprächen mit dem Verkehrsminister eine weitere Idee zur Änderung unserer StVO (inkl. Verwaltungsvorschrift) umgesetzt werden, die einen bevorrechtigten Fußgängerüberweg mit einer bevorrechtigten Radspur kombiniert: ein Verkehrszeichen mit Radfahrer- und Fußgängersymbol, das Fußgängern und Radfahrern eine sichere Überquerung der Fahrbahn ermöglicht. Der ADFC arbeitet derzeit intensiv an den Vorschlägen zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes; nach einer Reform desselben könnte man dann spätestens solche Empfehlungen zur Anpassung der StVO einbringen. Sigurd van Riesen Bonn will 33 neue Fahrradstraßen einrichten Bonn. Im Juni hat der Bonner Stadtrat die Umsetzung von 33 weiteren Fahrradstraßen beschlossen. Damit diese zukünftig besser wahrgenommen und akzeptiert werden, wird ein neuer Markierungsstandard angewendet. Am Rheinufer kann man diesen bereits heute sehen. Zur Erhöhung der Sicherheit werden zudem die Vorgaben für Fahrradstraßen aus dem Radentscheid umgesetzt. Das heißt, die Fahrradstraßen werden in der Regel 4,50 Meter breit sein. So ist ein sicherer Begegnungsverkehr von Autos und Radverkehr möglich, ohne als Radfahrender in die sogenannte Dooringzone parkender Autos gedrückt zu werden. Auch der Fußverkehr profitiert sehr von diesem Beschluss. So sollen die Gehwege in den betroffenen Straßen zukünftig mindestens 1,50 Meter breit sein. Dass dafür Autos zum Teil an anderer Stelle geparkt werden müssen, erhitzt die Gemüter. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings auch: Der Beschluss wurde unter der Maßgabe gefasst, dass die Verwaltung für einige der Fahrradstraßen noch Detailpläne vorlegen muss, so zum Beispiel für die wichtigen Radverkehrsverbindungen Weberstraße und Burbacher Straße. Das wird die Umsetzung dieser Straßen verzögern. Zahlreiche Infos zu den neuen Fahrradstraßen und ein schickes Video gibt es auf der Seite der Stadt Bonn: https://www.bonn.de/Fahrradstrassen PS: Es ist nur ein Gerücht, dass FDP und Bürgerbund die Burbacher Straße für Autos sperren wollen, weil es mit Hausdorffstraße und Markusstraße/Karl-Barth-Straße parallel zwei leistungsfähige und viel genutzte Autostrecken gibt. Bernhard Meier Foto: Stadt Bonn/Giacomo_Zucca Nach diesem Bonner Ausbaustandard sollen 33 neue Fahrradstraße in Bonn markiert werden.
22 VERKEHRSPOLITIK BONN ,,Wenn ich mir ‘ne Mehrheit such, start‘ ich ‘nen Verkehrsversuch“: So könnte man in Anlehnung an ein geflügeltes Wort aus der Politik den Umgang der Bonner Ratskoalition mit der Adenauerallee beschreiben. Die B9 und vor allem der Kanal darunter sind sanierungsbedürftig. Die notwendigen Bauarbeiten wollte die Verwaltung nutzen, um den vorhandenen Raum auf der Fahrbahn neu aufzuteilen. Zwischen Koblenzer Tor und Bundeskanzlerplatz sollte es künftig nur noch auf einer Fahrspur je Fahrtrichtung für den motorisierten Verkehr vorangehen, dazu kämen zusätzliche Abbiegespuren in den Kreuzungsbereichen, Ladezonen und ein baulich abgetrennter zwei Meter breiter Radweg. Vor allem die SPD in der Bonner Ratskoalition mit Grünen, Linken und Volt bekam Bedenken angesichts der Proteste von Verbänden wie IHK, Handwerkskammer und Anwohnern und stellte einen umfangreichen Fragenkatalog an die Verwaltung. Die hatte argumentiert, dass nach der Sanierung eine Umgestaltung des Verkehrsraums entsprechend der geltenden Regelwerke notwendig sei. Denen zufolge hat die Adenauerallee in diesem Bereich nicht genug Platz, um zwei Autospuren plus regelkonforme Radspuren unterzubringen. Nach einem Umbau verliere die Aufteilung auf der Adenauerallee ihren Bestandsschutz und müsse neuen Bestimmungen entsprechen. Das lasse nur je eine Fahr- und Radspur pro Richtung zu. Gegen die von einigen befürchtete Verkehrskatas- trophe sprechen viele Gründe: Die Verkehrsbelastung mit Kfz auf der Adenauerallee ist rückläufig, während der Radverkehr zunimmt. Eine gemessene Verkehrsstärke von 1600 Kraftfahrzeugen pro Spitzenstunde kann auch auf einem Fahrstreifen abgewickelt werden. Zumal ohnehin der gesamte Verkehr einspurig durch das historische Koblenzer Tor fahren muss. Andererseits darf bei der Verkehrsstärke der Radverkehr nicht ungeschützt geführt werden. Eine Beibehaltung von vier Fahrspuren für den motorisierten Individualverkehr sowie beidseitige Fahrradspuren geben die zwischen der Bebauung vorhandenen Breiten nicht her. Wer mit dem Fahrrad auf der Adenauerallee fährt, weiß, dass man jederzeit mit engen Überholmanövern rechnen muss. Selbst im Engpass Koblenzer Tor kann man gelegentlich beobachten, dass Radfahrende viel zu eng überholt werden. Erwachsene fühlen sich hier auf dem Rad nicht wohl, für Kinder ist die Strecke absolut untauglich. Das Argument, es gebe mit Kaiserstraße und Rheinufer parallele gut ausgebaute Radstrecken, ignoriert den zahlreichen Ziel- und Quellverkehr an der Adenauerallee: Beethoven-Gymnasium, Juridicum, Universitätsbibliothek, das InternaAdenauerallee: Umbau erst nach Test Verkehrsversuch ab Januar 2024 verzögert Umbau der Adenauerallee Foto: Radentscheid Bonn Der ADFC und der Radentscheid Bonn plädieren für einen breiten Radweg auf der Adenauerallee in Bonn. Dort sind mit dem Beethoven-Gymnasium, dem Juridicum und zahlreichen Bundesbehörden zahlreiche Arbeitsplätze und Ziele für Radfahrer.
23 VERKEHRSPOLITIK BONN Foto und Montage: Stadt Bonn Foto und Montage: Stadt Bonn So stellt sich das Planungsamt die Neuaufteilung der Adenauerallee in Höhe von Juridicum und Beethoven-Gymnasium vor: zwei Fahrspuren für den Kfz-Verkehr, zwei Radstreifen für den Radverkehr. tionale Paralympic Committee, Museen, Bundesrechnungshof, Bundeszentrale für politische Bildung, Bundesamt für Justiz und weitere Bundesbehörden. Die genannten parallelen Radverbindungen sind für diejenigen, die Ziele an der Adenauerallee erreichen wollen, keine Alternative. Um diese Menschen wirksam vor gefährlichen Situationen im Mischverkehr zu schützen, ist eine geschützte Radverkehrsinfrastruktur unverzichtbar. Um die Vorteile eines geschützten Radweges zu verdeutlichen, hatten Radentscheid und ADFC am Nachmittag des 28. Juli auf der Adenauerallee zwischen Am Hofgarten und Weberstraße eine Protected Bike Lane eingerichtet. Die Demonstration zeigte, wie himmelweit der Unterschied zur heutigen Situation ist: Keine Angst vor engsten Überholabständen mit 50 km/h bei gleichzeitiger Dooring-Unfallgefahr auf der rechten Seite. Kurze Zeit später wollten IHK und Kreishandwerkerschaft beweisen, dass es bei zwei Fahrspuren zum Verkehrschaos kommt und sperrten im Rahmen einer Demo ebenfalls je eine Fahrspur ab – und das während des Berufsverkehrs. Zum Bedauern der Veranstalter staute sich der Verkehr nicht mehr als sonst, das erhoffte Verkehrschaos blieb aus. Immerhin erreichten die Proteste, dass sich die Ratskoalition auf einen Verkehrsversuch einigte, der Anfang 2024 stattfinden soll. Wie die neue Aufteilung der Adenauerallee aussehen könnte, zeigt die Stadt in zwei Fotomontagen, die wir auf dieser Seite zeigen. Ob mit oder ohne Verkehrsversuch: Der ADFC will, dass Radler*innen unabhängig von Alter, Gesundheit oder persönlichen Radfahrfähigkeiten ihre Ziele an der Adenauerallee sicher erreichen können. Daher muss nach der notwendigen Sanierung die Adenauerallee mit einer baulich getrennten sicheren Fahrradinfrastruktur ausgestattet werden. Über die Pläne zur Neugestaltung der Adenauerallee informiert die Stadt Bonn auf ihrer Webseite. Hier der Kurzlink zum Themenschwerpunkt: https://t1p.de/Adenauerallee Bernhard Meier Mögliche Neuaufteilung der Adenauerallee am Museum Koenig
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