Rückenwind 04/2023

22 VERKEHRSPOLITIK BONN ,,Wenn ich mir ‘ne Mehrheit such, start‘ ich ‘nen Verkehrsversuch“: So könnte man in Anlehnung an ein geflügeltes Wort aus der Politik den Umgang der Bonner Ratskoalition mit der Adenauerallee beschreiben. Die B9 und vor allem der Kanal darunter sind sanierungsbedürftig. Die notwendigen Bauarbeiten wollte die Verwaltung nutzen, um den vorhandenen Raum auf der Fahrbahn neu aufzuteilen. Zwischen Koblenzer Tor und Bundeskanzlerplatz sollte es künftig nur noch auf einer Fahrspur je Fahrtrichtung für den motorisierten Verkehr vorangehen, dazu kämen zusätzliche Abbiegespuren in den Kreuzungsbereichen, Ladezonen und ein baulich abgetrennter zwei Meter breiter Radweg. Vor allem die SPD in der Bonner Ratskoalition mit Grünen, Linken und Volt bekam Bedenken angesichts der Proteste von Verbänden wie IHK, Handwerkskammer und Anwohnern und stellte einen umfangreichen Fragenkatalog an die Verwaltung. Die hatte argumentiert, dass nach der Sanierung eine Umgestaltung des Verkehrsraums entsprechend der geltenden Regelwerke notwendig sei. Denen zufolge hat die Adenauerallee in diesem Bereich nicht genug Platz, um zwei Autospuren plus regelkonforme Radspuren unterzubringen. Nach einem Umbau verliere die Aufteilung auf der Adenauerallee ihren Bestandsschutz und müsse neuen Bestimmungen entsprechen. Das lasse nur je eine Fahr- und Radspur pro Richtung zu. Gegen die von einigen befürchtete Verkehrskatas- trophe sprechen viele Gründe: Die Verkehrsbelastung mit Kfz auf der Adenauerallee ist rückläufig, während der Radverkehr zunimmt. Eine gemessene Verkehrsstärke von 1600 Kraftfahrzeugen pro Spitzenstunde kann auch auf einem Fahrstreifen abgewickelt werden. Zumal ohnehin der gesamte Verkehr einspurig durch das historische Koblenzer Tor fahren muss. Andererseits darf bei der Verkehrsstärke der Radverkehr nicht ungeschützt geführt werden. Eine Beibehaltung von vier Fahrspuren für den motorisierten Individualverkehr sowie beidseitige Fahrradspuren geben die zwischen der Bebauung vorhandenen Breiten nicht her. Wer mit dem Fahrrad auf der Adenauerallee fährt, weiß, dass man jederzeit mit engen Überholmanövern rechnen muss. Selbst im Engpass Koblenzer Tor kann man gelegentlich beobachten, dass Radfahrende viel zu eng überholt werden. Erwachsene fühlen sich hier auf dem Rad nicht wohl, für Kinder ist die Strecke absolut untauglich. Das Argument, es gebe mit Kaiserstraße und Rheinufer parallele gut ausgebaute Radstrecken, ignoriert den zahlreichen Ziel- und Quellverkehr an der Adenauerallee: Beethoven-Gymnasium, Juridicum, Universitätsbibliothek, das InternaAdenauerallee: Umbau erst nach Test Verkehrsversuch ab Januar 2024 verzögert Umbau der Adenauerallee Foto: Radentscheid Bonn Der ADFC und der Radentscheid Bonn plädieren für einen breiten Radweg auf der Adenauerallee in Bonn. Dort sind mit dem Beethoven-Gymnasium, dem Juridicum und zahlreichen Bundesbehörden zahlreiche Arbeitsplätze und Ziele für Radfahrer.

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