Rückenwind 03/2024

6 Taste drücken. Weiter geht es aber auch, wenn die betagten Radler keine neue Fahrtrichtung angeben – dann trifft das Gerät die Entscheidung. Ein Sattel fehlt – man kann das Gerät von jedem beliebigen Stuhl aus bedienen, auch vom Rollstuhl. Die Idee zur Anschaffung des Bike Labyrinths kam Margit Scholz-Schaller vom sozial-kulturellen Dienst des Marienhauses durch ein Preisausschreiben des niederländischen Herstellers. Zwar hat es mit dem Hauptgewinn nicht geklappt, aber zum Glück sprang das Weihnachtslicht des General-Anzeigers ein. „Aus Eigenmitteln hätten wir das Bike Labyrinth nicht finanzieren können“, betont Sandor Sobothe, der Leiter des Marienhauses. „Ganz billig ist das nämlich nicht.“ Die Spende ist gut angelegt: Der Hersteller stellte dem Marienhaus das Gerät drei Wochen zum Testen zur Verfügung, und bei den Seniorinnen und Senioren war es sofort ein Erfolg auf der ganzen Linie. Viele nutzen das Bike Labyrinth aktiv – vom ehemaligen Rennradler bis zu einer Dame, die zwar nie in ihrem Leben Rad gefahren ist, dafür aber viel gereist ist. Bei den Fahrten durch die virtuellen Städte kommen Erinnerungen hoch. Und da das Gerät in einem der Aufenthaltsräume steht, versammeln sich immer gleich mehrere Bewohnerinnen, wenn es in Betrieb ist – auch solche, die doch lieber nicht selbst fahren. Aber die Erinnerungen der anderen sind spannend, oft entstehen Gespräche darüber, wo man gelebt hat, oder über vergangene Reisen... „Auch virtuelles Radfahren hält körperlich aktiv und fördert die geistige Gesundheit“, sagt Margit Scholz-Schaller. „Da ist einmal die Bewegung, dann die neuen Eindrücke und schließlich auch die Kommunikation über Erlebtes. Deshalb sind auch Städtetrips beliebter als Landschaftsfahrten: Da passiert einfach mehr.“ Das kann Seniorin Ingrid Mathieu nur bestätigen. Die Fußgänger in den Straßen sind täuschend echt. „Manchmal habe ich direkt Angst, dass ich jemanden umfahre“, meint sie. Sie fährt gern durch Münster, da ihr Großneffe dort wohnt und sie auf diesem Wege die Stadt kennenlernt. Als der ADFC zu Besuch ist, steht bei ihr ein Ausflug nach Brügge auf dem Programm. Die Stadt kennt sie gut, da sie dort jahrelang mit ihrem Chor zu Auftritten eingeladen war und kann somit ihre Erinnerungen auffrischen. An Orten, an denen die Bewohnerinnen des Marienhauses noch gar nicht waren, herrscht im Bike Labyrinth kein Mangel – von Las Vegas bis Sydney ist alles möglich. So viel Reisen macht selbstbewusst. Zum Schluss tauchen wir auf speziellen Wunsch von Axel Mörer auf dem Fahrrad durch die Unterwasserwelt zwischen Korallenriffen und Fischen hindurch. „Was machen Sie denn, wenn Ihnen jetzt ein Hai entgegenkommt?“, fragt Axel. „Ach“, sagt Ingrid Mathieu, „dann ziehen wir einfach ein paar Grimassen, dann bekommt der auch Angst und verschwindet.“ Gisela Zimmermann RAD IM ALLTAG Jetzt ist Frau Scholz-Schaller dran: Sie radelt durch ein Korallenriff voller Fische. Und wenn ein Hai kommt? „Dann ziehn wir Grimassen.“ Problem gelöst. So schön ist virtuelles Radeln unter Wasser.

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