8 | BAD AACHEN09/22 Zum ersten Mal stand Marco Fühner vor einem Kinderchor, da war er 13 Jahre alt. Der zurückhaltende Kirchenmusiker staunt heute selbst ein bisschen, dass ihm das nicht nur gut gelang: Er war begeistert. „Wenn mein Vater merkte, dass ich in der Schule faul war, musste er nur drohen, mir den Chor abzunehmen“, lächelt der Domkantor heute. Das musikalische Elternhaus hat ihn geprägt, obwohl niemand darauf drängte, dass er einen musikalischen Beruf ergreifen sollte. Im Heimatort spielte der Vater schon mal die Orgel, „und ich stand neben ihm“, hat Fühner ein Bild im Kopf, das ihn bis heute begleitet. Hausmusik, Musikschule – all das hat seinen Weg geprägt. Als es darum ging, ein Instrument zu erlernen, entschied man sich für Akkordeon – weshalb? „Meine Eltern meinten, Flöte und Geige kann man beim Üben nur schwer aushalten“, erzählt er amüsiert. Bald kamen Klavier und Kirchenorgel dazu – Voraussetzungen, um später katholische Kirchenmusik (1997–2003) in Aachen bis zum A-Examen zu studieren und ein Aufbaustudium im Chordirigieren zu absolvieren. Fühner eroberte eine Welt, in der er sich längst zu Hause fühlte. Im Sommer 2001 wurde er in Aachen Mitarbeiter des Domkapellmeisters und unterrichtete Kinder. Die Gründung des Mädchenchors vor elf Jahren, der heute etwa 120 Sängerinnen zwischen zehn und 20 Jahren vorweist, war ein großer Moment für die Dommusik. Marco Fühner wurde 2013 Domkantor und Chorleiter der Mädchen. Zuvor war Marco Fühner permanent unterwegs: Kantor der katholischen Innenstadtpfarrei Franziska von Aachen, Lehrauftrag für Musiktheorie an der Hochschule für Musik St. Gregorius, Stimmbildner in der Sakristan- sowie in der Diakon-Ausbildung. „Das war sehr viel, aber es hat mir Spaß gemacht“, erinnert er sich an turbulente Zeiten. Und die Chorliteratur? „Egal, was die Mädchen in ihrer Freizeit hören, im Chor sind sie sehr experimentierfreudig, singen Klassik, frühe Kirchenwerke, Latein ist auch kein Problem“, schwärmt er und versichert: „Ohne das große Engagement der Mädchen und ihrer Familien wäre eine kontinuierliche Arbeit kaum möglich.“ sar Endlich kann das 10. Jubiläum des Mädchenchores am Aachener Dom gefeiert werden. Wie groß ist die Gästeschar am 24./25. 9.? Bei unseren Gastchören aus Essen, Köln, Paderborn, Mainz und Münster mussten wir uns auf etwa 50 Sängerinnen pro Chor beschränken. Insgesamt singen rund 350 Mädchen. Um darauf aufmerksam zu machen, gehen wir am 16. September in die Stadt und treten von 16 bis 17.30 Uhr überraschend an drei Orten auf. Gibt es auch bei Mädchen Stimmveränderungen? Ja, bei ihnen findet auch ein Stimmwechsel statt, der aber nicht so auffällig verläuft wie bei Jungen. Unsere Mädchen entwickeln im Laufe der Jahre auf ihren Stimmhöhepunkt hin viel Selbstbewusstsein. Warum sind gemeinsame Reisen und Freizeiten des Chors wichtig? Dabei lernt man einander noch besser kennen, übernimmt Verantwortung füreinander; das wirkt sich sehr positiv auf das Singen aus. Sie wirken stets freundlich und geduldig. Können Sie schimpfen? Natürlich! Manchmal ist das Mitteilungsbedürfnis unserer Mädchen groß (lacht). Zur Auflockerung nach einer intensiven Probenphase sind rhythmische Lieder mit Klatschen und Stampfen sehr beliebt. Wie lange bleibt ein Mädchen im Mädchenchor? Die jüngsten Sängerinnen sind ab der vierten Klasse dabei. Wenn ein Mädchen aufhören möchte, ist das eine persönliche Entscheidung. Was ist für Sie der perfekte Klang? Ich wünsche mir einen homogenen Klang, der zugleich eine Körperlichkeit hat, das Singen darf nicht oben im Hals enden. Ihr Blick in die Zukunft… Es gäbe verschiedene Möglichkeiten, das facettenreiche Klangspektrum der Aachener Dommusik noch zu erweitern… VORGESTELLT Foto: Domkapitel Aachen FRAGEBOGEN Geburtsdatum: 18. 3. 1976 Geburtsort: Nordhorn, Landkreis Grafschaft Bentheim Familienstand: verheiratet, Vater eines neunjährigen Sohnes Beruf: Kirchenmusiker Hobbys: sportliches Radfahren, Kochen (Spezialität: Pfannkuchen), Schwimmen Marco Fühner Ein großer Moment Der Mädchenchor am Dom feiert Jubiläum. Für den Leiter zählt der gute Klang.
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