BAD AACHEN 05-2024

26 | BAD AACHEN 05/24 KULTUR Die Lust am Fabulieren Das Regie- und Autorenduo StuhlerKoslowski begibt sich mit dem Ensemble auf literar-archäologische Mission und befördert das nahezu verschollene Werk einer Aachenerin ans Licht der Gegenwart. Von Sabine Rother Als das Premierendatum, der 25. Mai 2024, feststeht, gibt es dieses Stück noch gar nicht, lediglich eine Idee, einen Namen und eine Vorlage, die sich so noch nicht – oder nicht mehr – für die Bühne im Großen Haus eignet. Lady Tartuffe nach einem Werk der französischen Dichterin Delphine Gay galt in ihrer Zeit als Diskurskomödie, als freches Stück mit viel Ironie und gesellschaftlichem Hintergrund – geschrieben für ein Publikum, das sich vielfach gut auskannte mit Intrigen und nobler Schwindelei. Den Namen der 1804 in Aachen geborenen Autorin, die bereits 1855 in Paris starb, hat das Regie- und Autorenduo Nele Stuhler (34) und Jan Koslowski (36) aus Berlin in einer Liste von Schriftstellerinnen und Schriftstellern gefunden und damit eine Aachener Persönlichkeit entdeckt, die an ihrem Geburtsort so gut wie vergessen ist. Das ändert sich jetzt, denn Delphine Gays Dichtung erfährt eine Renaissance, besser gesagt eine Neugeburt, denn sie wird zum Kern einer frischen Arbeit. „Wir haben kein fertiges Stück mit nach Aachen gebracht, sondern erarbeiten es Schritt für Schritt mit dem Ensemble“, betont Nele Stuhler. Wobei Bühnenbild und Kostüme bereits fertiggestellt sind. „Eklektisch“, umschreibt Jan Koslowski die Verbindung von unterschiedlichen Stilen und Formen, die zugleich „Zitate ihrer Zeit“ seien. Erfolgreiche Dichterin und Salonnière Lady Tartuffe – da liegt die Parallele zu Molières frömmelndem männlichem Gegenstück, schlicht Tartuffe genannt, unbedingt nah. „Ja, das stimmt, der Gedanke gehört dazu“, nickt Jan Koslowski. „Aber es wird doch anders, vielschichtiger.“ Nun sind alle neugierig, nicht zuletzt auf diese Dichterin, die mit ihren Werken sehr erfolgreich war. Es gibt eine beachtliche Liste, in der sich neben Stücken für die Bühne auch Gedichte und Erzählungen finden. Als Tochter von Jean Sigismond Gay und Sophie Nichault de la Valette wuchs Delphine in Aachen auf. Schon als 17-Jährige galt sie als Salonnière, als gebildete Frau und Dichterin. Ein Spiegel ihrer Zeit sind Texte wie Mort de Napoleon und Mort du Général Foy. Für die Aachener Macher, die von Dramaturg Lucien Strauch begleitet werden, sind das wichtige Details, aus denen Neues erwächst: „Wir blicken auf die Politik, die prägenden Ereignisse, die sich auf das Werk der Dichterin ausgewirkt haben“, betont Strauch. Welche Moden gab es in Delphine Gays Epoche? Was fanden Mann oder Frau komisch? Worüber rümpften die Leute ihre Nase? Führen Regie: Jan Koslowski und Nele Stuhler. Foto: William Minke

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