BAD AACHEN 02-2025

22 | BAD AACHEN 02/25 KULTUR Zwischen Himmel & Hölle Das Theater Aachen bringt Offenbachs lustvolle Orpheus-Satire zum 200. Jubiläum auf die Bühne. Regisseur Michiel Dijkema verspricht einen vergnüglichen Buffo-Opernabend. Von Sabine Rother Orphée aux enfers? Ein ungewohnter Titel? Keine Sorge, es ist genau jene Opéra bouffon von Jacques Offenbach (1819 in Köln geboren, 1880 in Paris gestorben) nach der Vorlage von Ludovic Halévy und Hectror Crémieux, die das Publikum seit der Uraufführung am 21. Oktober 1858 im Pariser Théâtre des Bouffes- Parisiens kennt, liebt und feiert – beim verruchten Can Can etwa, der im Original Galop Infernal heißt, dem melancholischen Couplet Als ich noch Prinz war in Arkadien des Götterdieners Hans Styx oder dem Gesang des Orpheus Ach, ich habe sie verloren, von dem man weiß: Er ist eine Anleihe an Christoph Willibald Gluck und stimmt gar nicht, denn zurückhaben will er Ehefrau Eurydike keinesfalls. Erfinder der Operette Im deutschsprachigen Raum wird unter dem Titel Orpheus in der Unterwelt vom Geigenlehrer erzählt, der eher unwillig ins Reich der Toten hinabsteigt, in den Hades, um Gattin Eurydike zurückzuholen. Die Trennung der beiden ist zwar zwischen ihnen beschlossene Sache, doch die Öffentliche Meinung toleriert das nicht – das gehört sich nicht, das tut man nicht. „Schon hier ist klar, dass Offenbach etwas Neues kreiert, dass er Witz und Ironie auf die Bühne bringt und damit seine Gesellschaftskritik geschickt kaschiert“, betont der niederländische Regisseur Michiel Dijkema (50), der das Werk in einer reizvollen Bearbeitung auf die Bühne im Großen Haus des Theaters Aachen bringt und gleichfalls das Bühnenbild gestaltet. Die Entstehungsgeschichte hat einen brisanten Hintergrund, denn Jacques Offenbach brauchte zu dieser Zeit dringend Geld. Um sein Privatvermögen auszubauen, war er also auf einen sensationellen Erfolg angewiesen, den er auf der Bühne seines Theaters vermarkten konnte – der schlicht das Finanzloch wieder schließen würde. Gleichzeitig galt es, in einer Zeit der strengen Zensur und eines extrem regulierten Kulturlebens raffinierte und publikumswirksame Lösungen zu finden – vorbei an den humorlosen Behörden. Vom damals üblichen Einakter ging Offenbach über zu zwei, später drei abendfüllenden Akten, plante Dialoge ein – er gilt seither als Erfinder der Operette. Ab auf den Adventure Seat Schon die Premiere ließ ihn durchatmen, die Zuschauer waren euphorisch. Alte Fotografien zeigen den hübschen Geiger und Sänger Henri Tayaud in der Rolle des Orpheus. „Ein Glücksfall“, blickt Dijkema zurück. „Aber das geht nicht so einfach. Ein Sänger, der auch noch Geige spielen soll – schwierig.“ In Aachen wird das anders gelöst. Hier versorgen Musikerinnen oder Musiker der jeweils stimmführenden ersten Geige den Darsteller des Orpheus mit der Violine in der Hand auf der Bühne mit zarten Klängen. Offenbach, der Geschichtenerzähler, der Parodien liebte, gern spottete und mit scharfsinniger Gesellschaftskritik nicht sparte, hat in seiner so mitreißenden Musik allerhand verpackt, was damals die Zensur nicht verbieten konnte, und er hat zugleich das Pariser Nachtleben – man denke an die flotte Götter-Party im Hades – auf die Bühne geholt. Für Aachen hat sich Dijkema etwas Neues überlegt: den Adventure Seat, Das Theater als Olymp: Bühnenbildentwurf zu Orphée. Foto: Theater Aachen

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