Enges Tal und weite Welt

216 kels Philipp von Anjou zum König von Spanien vor. Daraufhin schlossen sich, wie bereits zwölf Jahre zuvor, der Kaiser, die Niederlande und England zu einem Bündnis zusammen. Die beiden Seemächte strebten zur Erhaltung des Kräftegleichgewichts auf dem europäischen Festland eine Teilung des Erbes an und waren selbst an den spanischen Kolonien, vor allem in Amerika interessiert. Dem am 7. September 1701 in Haag geschlossenen Bündnis traten im Laufe des Jahres auch die Erzbischöfe von Mainz und Trier und die beiden Kurfürsten von Brandenburg und von der Pfalz bei. Sie sahen ihre Territorien unmittelbar von Frankreich bedroht. Brandenburg hatte 1614 das Herzogtum Kleve übernommen, die Herzogtümer Jülich und Berg waren damals an die neuburgische Linie der Wittelsbacher gefallen und von diesen 1685 mit der Übernahme der Kurwürde an die Pfalz gekommen. Den Brandenburger hatte der Kaiser zudem mit der im gleichen Jahr ausgesprochenen Anerkennung seiner preußischen Königswürde in besonderer Weise an sich binden können. Johann Wilhelm II. von der Pfalz (1690 – 1716) beschränkte seinen Beitrag darauf, den beiden Seemächten Truppen gegen Geldzahlungen (Subsidien) zur Verfügung zu stellen. Frankreich hatte diese Form der militärischen Unterstützung nach dem Dreißigjährigen Krieg entwickelt. Jetzt bedienten sich vornehmlich die reichen Generalstaaten der Niederlande und das nach der Weltmacht greifende England dieses Mittels, um ihren hohen Bedarf an Soldaten auf den europäischen Kriegsschauplätzen und in den Kolonien zu decken. Empfänger der Subsidien waren die wirtschaftlich schwächeren Staaten, die dennoch große stehende Heere aufgebaut hatten. Nachdem der Kandidat des französischen Königs den Thron in Spanien bestiegen hatte, war Frankreich zunächst bemüht, einen Krieg zu vermeiden. Verträge, die Ludwig XIV. mit dem Kurfürsten von Bayern und dessen Bruder, dem Kölner Erzbischof Josef Clemens (1688 – 1723) schloss, sollten einen neutralen Block in Mitteleuropa schaffen. Die Verträge kamen im Februar 1701 zustande. Auf ihrer Grundlage ließ der Kurfürst angesichts fortschreitender Kriegsvorbereitungen im November gegen den Willen seiner Landstände sowohl französische als auch spanische Truppen in sein Territorium einmarschieren und öffnete ihnen seine Festungen Neuss, Kaiserswerth, Rheinberg und Bonn. Die Gegenseite eröffnete daraufhin mit dem Angriff auf Kaiserswerth die kriegerischen Auseinandersetzungen. Mit dem Beitritt Hannovers, Dänemarks, Portugals und Savoyens sollte sich der Erbfolgestreit zu einem Krieg entwickeln, der bis 1714 ganz West- und Mitteleuropa erfasste. Der Süden Kurkölns und das angrenzende Herzogtum Jülich dienten den fremden Truppen erneut als Aufmarsch- und Rückzugsgebiet. Rheinbach, Meckenheim und Münstereifel wurden erneut besonders hart getroffen. Im Herbst 1702 konnten sich die Franzosen der Saffenburg bemächtigen, Altenahr blieb bis 1706 in ihrer Hand. Engländer besetzten zwischenzeitlich Ahrweiler. Unter dem Druck kaiserlicher, spanischer und englischer Truppen musste Josef Clemens seine bedrohte Residenzstadt Bonn im Oktober 1702 verlassen. Er floh ins französische Exil. Mit Zustimmung des Kaisers übernahm das Domkapitel noch im gleichen Monat die Regierung im Erzstift.

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