Enges Tal und weite Welt

231 Jahrhundert zur Versorgung des Pfarrers eingerichteten Pfarrhof. Der 1349 erstmals urkundlich belegte Stiftshof umfasste nach den beiden Landesbeschreibungen der Jahre 1660 und 1666 etwas mehr als 34 Morgen Ackerland, 13 Morgen Wiesen und Weiden und einen Garten von etwa 0,7 Morgen Größe. Ähnliche Höfe besaß das Stift im 15. Jahrhundert in Ahrweiler, Bodenheim, Flamersheim, Fritzdorf, Harzheim, Hoven, Kirspenich, Kreuzweingarten, Rheinbach, Unkelbach, Wadenheim, Wichterich und Wissersheim.414 Die Pächter des Kirchsahrer Stiftshofes sind anhand der Pachtbriefe415 seit 1740 bekannt. Aussteller der Urkunde von 1740 war der damalige Stiftsschreiber Johann Josef Calenberg. Er selbst betrieb zu dieser Zeit das Bergwerk am Silberbusch. Für die folgenden sechs Jahre übernahmen der Ortsschultheiß Michael Winnen und seine Ehefrau Gertrud Simons den Hof mit allem Zuhör. Die jährliche Pachtsumme von 150 Gulden war am Martinstag fällig. Außerdem hatte er 4 Karren mit Pfählen zum Anbinden der Weinstöcke (Weingards Rahmen von Hahnbuchen) anzufertigen und an den Weingarten des Stifts in Ahrweiler zu liefern. Mit dem Hof übernahm der Pächter die Leitung des Hofgerichts und die Aufsicht über die Stiftswälder. Er verpflichtete sich, den Hof instand zu halten, konnte dafür andererseits bei Ernteausfällen mit einer geringeren Pacht rechnen. Bei Vertragsabschluss hatte der Pächter dem Stift 30 Reichstaler als „trockenen Weinkauf“ zu zahlen. Jeder Stiftsherr erhielt für die Überlassung des Rechts der Eicheln- und Bucheckernmast in den Stiftswäldern 16 Albus, die übrigen am Chordienst beteiligten Geistlichen 8 Albus als „nassen Weinkauf“. Dieser Personenkreis umfasste neben der Stadtgeistlichkeit, mit Sicherheit auch die Priester der dem Stift inkorporierten Kirchen und folglich auch den Pfarrer von Kirchsahr. 1776 machte diese Abgabe 7,5 Reichstaler aus. Der Weinkauf gehört zu den alten Rechtsbräuchen, bei denen in früherer Zeit tatsächlich ein Umtrunk das Rechtsgeschäft abschloss. Alle Angehörigen der Grundherrschaft waren dazu eingeladen und hatten bis dahin die Gelegenheit, Einsprüche gegen den Vertrag geltend zu machen. In den Vertrag aufgenommene Rechte Dritter galten danach als übertragen. Der Pachtvertrag mit Michael Winnen wurde 1746 um weitere sechs Jahre verlängert. Vor Ablauf dieser Frist war seine Frau Gertrud verstorben und er hatte nochmals geheiratet. Als 1752 die Neuverpachtung anstand, war auch er gestorben. Der stets auf beide Eheleute ausgestellte Vertrag blieb davon unberührt. Seine Witwe, Elisabeth Frings, führte den Hof weiter und heiratet ein zweites Mal. Ihr neuer Ehemann, Mathias Weber, war zunächst als „Stadhalter“ in den Vertrag eingetreten. Weitere 12 Jahre später war auch Mathias Weber gestorben. Elisabeth Frings und ihre vier Söhne Peter, Anton, Hubert und Joseph Weber wurden die neuen Pächter. Peter und Anton Weber sind schließlich seit 1776 als Pächter auszumachen. Die zeitliche Begrenzung der Halbpacht erlaubte also durchaus, dass ein Hof in der Hand einer Familie blieb. Die Pachtverträge der Jahre 1740 bis 1776 zeigen die Entwicklung, die die Pachtverhältnisse beim Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft inzwischen genommen hatten. Die

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