309 und Landgemeinden gleich. Innerhalb der einzelnen Gemeinden bestimmten jedoch Vermögen, Steuerleistung und das ausgeübte Gewerbe über die Zugehörigkeit zum engen Kreis der Höchstbesteuerten (Meistbeerbten), die in den vollen Genuss der Bürger- und Gemeinderechte und der damit verbundenen politischen Teilhabe kamen. Wahlberechtigt waren nur die männlichen Bürger, die das 24. Lebensjahr vollendet hatten, ein Einkommen von mehr als 200 Talern versteuerten oder für ihr Vermögen vier Taler Klassensteuer zahlten oder für ihren Haus- und Grundbesitz wenigstens zwei Taler Grundsteuer entrichteten. Gemeindebeamte, Beamte der Kommunalaufsicht, Geistliche, Kirchendiener, Elementarschullehrer sowie Gerichts- und Polizeibeamte konnten nicht in den Gemeinderat gewählt werden. Die Wahlen waren zudem nicht geheim. Jeder Wähler musste dem Wahlvorsteher seinen Kandidaten mündlich benennen. Gewählt wurde nach dem Dreiklassenwahlrecht. Die ausschließlich männlichen Wahlberechtigten waren nach den von ihnen in der Gemeinde entrichteten direkten Staatssteuern544 in drei Abteilungen oder Klassen eingeteilt. Jede von ihnen brachte ein Drittel des gesamten Steueraufkommens auf. Die erste Klasse setzte mit dem reichsten Steuerzahler ein und endete mit dem Bürger, der das erste Drittel des Steueraufkommens vervollständigte. In gleicher Weise schlossen die beiden anderen Klassen an. Jede Klasse wählte ein Drittel der Gemeinderäte. Die Gewählten selbst konnten durchaus einer anderen Wählerklasse angehören. Das Dreiklassenwahlrecht führte zu teils absurden Situationen. So bildete in Essen der Industrielle Friedrich Krupp allein die erste Klasse und wählte ein Drittel der Stadtverordneten. In ländlichen Wahlbezirken konnte jemand der ersten Klasse zugehören, während sein in der Großstadt gemeldeter Dienstherr in der zweiten Klasse wählen musste. Die Gemeindeordnung ist das erste Gesetz, das dieses vordemokratische Wahlrecht einführte. Es entsprach keiner der heute als unverzichtbar für demokratische Wahlen angesehenen Anforderungen an eine freie, gleiche und geheime Wahl. Dennoch sollte es die politischen Verhältnisse des größten deutschen Staates über sieben Jahrzehnte prägen. Die Wahl der Gemeindeverordneten galt für eine sechsjährige Amtszeit. In Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern sollte dieser Gemeinderat 6, in Gemeinden mit 1.000 bis 3.000 Einwohnern 12, in Gemeinden mit 3.001 bis 10.000 Einwohnern 18, in Gemeinden mit 10.001 bis 30.000 Einwohnern 24 und in größeren Gemeinden 30 Personen umfassen. Die Bestimmung, dass wenigstens die Hälfte der Gemeindeverordneten aus dem Kreis der ortsansässigen Grundbesitzer stammen sollte, konnte in Gemeinden mit einer unausgeglichenen Sozialstruktur dazu führen, dass Kandidaten der dritten Klasse nach erfolgreicher Wahl zugunsten eines Grundbesitzers auf ihr Amt verzichten mussten. Auch der Bürgermeister sollte möglichst über Grundbesitz verfügen oder aber das Vertrauen der Bürgerschaft in besonderem Maße genießen. Die Befugnisse des Gemeinderats erfuhren durch die Gemeindeordnung eine deutliche Erweiterung. Neben die bis dahin ausschließlich zugestandene Entscheidung über den Haushalt und die Kontrolle der städtischen Rechnungsführung und Verwaltung des
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