Enges Tal und weite Welt

323 In den folgenden Jahren ließen Nachrichten über erste Erfolge die kleinen Kolonien zwischen Banjaluka und Gradiska nahe der Grenze zu Kroatien bald zu größeren Orten und Kirchengemeinden anwachsen. Ihrer Hauptsiedlung gaben die Siedler den Namen Windthorst. Sie ehrten damit den damals führenden Repräsentanten der 1870 gegründeten Zentrumspartei Ludwig Windthorst. In Windthorst hatte auch der am 17. Oktober 1833 in Burgsahr geborene Schäfer Johann Hubert Zavelberg 1878 von Hürnig aus eine neue Heimat gefunden.573 1881 beschrieb er in einem Brief an seinen Bruder Martin die Vorzüge des Landes: „Wir sind auf einer schönen, ebenen Gegend ... Wir wohnen auf einer der schönsten Lage ... Das Vieh ist billig ... Das Land ist fett und fruchtbar hier. Anfangs Mai hat man schon Salat und Gemüse hier. Im Juni schon Kartoffeln ... Der Tabak wächst gut hier ... Unser Land ist so gut, dass wir dasselbe mit dem Spaten umgraben könnten, und sehr wenig Steine sind drin ... Futter für das Vieh ist in Hülle und Fülle hier ... Der Frühling stellt sich früh ein. Im April blühen schon die Obstbäume ... Im Sommer wird die Hitze größer hier wie in Deutschland ... Die Hitze ist aber nicht so drückend wie hier bei Euch. Wassermangel kennt man gar nicht hier ... Das Hausbauen ist auch nicht kostspielig hier.“ Er schloss mit der Feststellung: „Ich verlange nicht mehr zurück in die Eifel, wo alles so mühsam ist und die Arbeit sich schlecht lohnt.“574 Am 16. Februar 1882 starb er in Windthorst, ohne Erben zu hinterlassen.575 Eine Tochtersiedlung von Windthorst erhielt 1888 nach dem Besuch des Kronprinzen Rudolf den Namen Rudolfstal. Heute heißen die beiden Orte Nova Topola und Bosanski Aleksandrowac. Ihre ersten Bewohner stammten vornehmlich aus dem Rheinland, Westfalen, Oldenburg und Schlesien. Im folgenden Jahrzehnt erlebten die Siedlungen einen deutlichen Aufschwung. Hafer-, Kartoffel- und Kleebau wurden eingeführt, aus den Heimatländern gutes Zuchtvieh herbeigeholt. 1882 zählte die größte Dorfgemeinde bereits 802 Einwohner. In Mittel- und Unterwindthorst sowie in Rudolfstal entstanden katholische Kirchen und Schulen, die kleine evangelische Gemeinde in Rudolfstal erhielt ebenfalls eine Kirche. Der Erste Weltkrieg belastete die Siedler mit der Verpflichtung zur Abgabe von Pferden, Wagen, Kühen, Getreide und Futter an die Ludwig Windthorst, geb. am 17.1. 1812 auf Gut Caldenhof in Ostercappeln bei Osnabrück, gest. am 14.3. 1891 in Berlin, Jurist, 1848 Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, 1849 – 1856 und 1863 – 1866 Abgeordneter im Königreich Hannover, 1851 – 1853 und 1862 – 1865 hannoverscher Justizminister, 1867 – 1871 Abgeordneter im Reichstag des Norddeutschen Bundes, seit 1871 Abgeordneter des Reichstags, 1867 – 1891 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses. In allen drei Parlamenten galt er als der entschiedenste Gegner Reichskanzler Bismarcks. Fotografie (1872): Wikipedia

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