Enges Tal und weite Welt

383 Grundherrschaft Vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jhs. war die Grundherrschaft die vorherrschende rechtliche, wirtschaftliche und soziale Besitzstruktur des ländlichen Raums, die den meist adeligen oder klerikalen Grundherren, die Verfügungsgewalt über das Land sowie weitreichende Verwaltungs- und Gerichtsbefugnisse sicherte. Die im Gegensatz zur älteren Leibeigenschaft nicht persönlich abhängigen Bauern hatten Frondienste und Abgaben an den Grundherrn zu leisten und unterstanden seinem Hofgericht, hatten dafür andererseits Anspruch auf dessen Schutz vor feindlichen Übergriffen und Unterstützung in Notzeiten. Seit dem Hochmittelalter wandelten sich die Dienste und Abgaben einen festen, jährlich als Natural- und Geldabgabe zu leistenden aber vom Ertrag unabhängigen Erbzins. Der Erbpächter besaß jetzt das volle Nutzungsrecht und eine kaum eingeschränkte Veräußerungsbefugnis. Nur einige Abgaben und Auflagen brachten noch das grundherrliche Obereigentum über Haus und Hof zum Ausdruck. Auch die grundherrliche Gerichtshoheit blieb bestehen. Die Auflösung der Grundherrschaft setzte im linksrheinischen Deutschland im Zuge der französischen Revolution, in Preußen 1807 mit den Stein`schen Reformen und in den übrigen deutschen Gebieten 1808 mit den französischen Reformgesetzen ein. Nach zeitweiser Rücknahme nach 1815 fanden die Reformen durch die Revolution von 1848 ihren weitgehenden Abschluß. Sie endeten mit der Übertragung des Grundbesitzes gegen Entschädigung an die jetzt steuerpflichtigen Bauern. Halfe (auch: Halbwinner) Inhaber eines meist größeren Hofs, den er im Gegensatz zu den in Erbpacht zu einem festen Zins vergebenen Höfen für einen begrenzten Zeitraum mitsamt Inventar gegen Abgabe des halben Ertrags bewirtschaftet. Der Grundherr stellte dem Halfen im ersten Jahr meist das gesamte, anschließend die Hälfte des Saatguts und die Hälfte der Ernte- und Drescharbeiter. Herzog In germanischer Zeit für die Dauer eines Kriegszuges gewählter Heerführer. Die im Frühmittelalter im fränkischen Reich entstandenen, von den Karolingern aufgehobenen erblichen Stammesherzogtümer lebten gegen Ende des 9. Jahrhunderts wieder auf. Mitglieder regionaler Herrscherdynastien übten hier stellvertretend königliche Rechte aus. Hintersasse der von einem Grundherrn abhängige freie oder halbfreie Bauer Hofgericht (auch: Hofgeding) Hofgerichte bestanden innerhalb eines Fronhofverbandes und dienten ursprünglich nur der Klärung strittiger Fragen zwischen dem Grundherrn und seinen Hofleuten oder der Hofleute untereinander. Im Laufe der Zeit dehnte sich ihre Zuständigkeit aber auf kleinere Straftaten (Beleidigung, leichte Körperverletzung, Feld- und Forstvergehen) aus. Sofern in einem Ort nicht mehrere etwa gleich starke Grundherren solche Gerichtsrechte beanspruchten, konnte sich ihre Zuständigkeit

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