Jahresbericht 2022

2022 Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause. JAHRESBERICHT Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen Jahresbericht 2022

2 JAHRESBERICHT 2022 Herausgeber Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. Friedrichstraße 83 10117 Berlin Telefon: (0 30) 20 225-53 81 Internet: www.lbs.de E-Mail: lbs-info@dsgv.de Herstellung DCM • Druck Center Meckenheim Printed in Germany 2023 Der Bericht wurde im August 2023 abgeschlossen.

Inhalt Inhalt 04 Vorwort 05 I. Vermögensbildung und Bausparen 09 II. Nachhaltigkeit 14 III. Immobilienmarkt und Wohneigentum 14 1. Immobilienmarkt 16 2. Wohneigentumsbildung und Wohneigentumsförderung 18 IV. Bausparen und Finanzieren 18 1. Neugeschäft 19 2. Vertragsbestand 19 3. Kundenstruktur 20 V. Regulatorik 24 VI. Recht 24 1. Bausparkassenrelevante Rechtsentwicklungen 28 2. Aktuelle Rechtsverfahren bei Bausparkassen 29 VII. LBS im Dialog 30 VIII. Die LBS-Gruppe 39 IX. Statistische Übersichten

4 Vorwort Sichere Eigenkapitalbildung gepaart mit dem Anspruch auf ein niedrig verzinsliches Darlehen. Das ist seit jeher die Grundidee des Bausparens. Das abrupte Ende der Niedrigzinspolitik Anfang 2022 und die damit einhergehende Verteuerung von Immobilienkrediten hat den Bausparvertrag als Instrument zur Absicherung vor steigenden Zinsen wieder in den Fokus gerückt – abzulesen an der positiven Geschäftsentwicklung der Landesbausparkassen: 578.000 neue Bausparverträge mit einem Volumen von 41,4 Milliarden Euro wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr neu abgeschlossen. Dies entspricht einem Plus von 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr bei der Zahl der Verträge und einem Plus von 47 Prozent bei der Bausparsumme. Die Kapitalauszahlungen kletterten um 10,1 Prozent auf 10,2 Milliarden Euro. Damit haben die Landesbausparkassen unter Beweis gestellt, dass der Bausparvertrag und die Bausparfinanzierung einen wertvollen Beitrag zur Stabilisierung der Wohnungsbaufinanzierung leisten. Denn hinter diesen Geschäftszahlen stehen Kundinnen und Kunden, die mit Hilfe eines zinsgünstigen Bausparkredits ihr Bau- oder Kaufvorhaben trotz gestiegener Zinsen und davonlaufender Baupreise doch noch realisieren konnten, oder Menschen, die ihre Anschlussfinanzierung absichern. Die jetzt sichtbaren positiven Wirkungen des Bausparens sind zugleich eine Bestätigung für die im Jahr 2019 verbesserte Wohnungsbauprämie, mit der der Staat einen wichtigen Anreiz für den langfristigen Vermögensaufbau setzt. Die positive Geschäftsentwicklung zeigt darüber hinaus: Die Bereitschaft breiter Bevölkerungsschichten, für das Ziel der eigenen vier Wände zu sparen, ist grundsätzlich weiterhin vorhanden. Die Politik ist gut beraten, diese Bereitschaft nicht zu gefährden, sondern die intrinsische Motivation der Menschen, ihre Wohnungsversorgung selbst in die Hand zu nehmen, bestmöglich zu unterstützen. Dies betrifft zwei aktuelle Politikfelder in besonderem Maße, den Klimaschutz im Gebäudesektor und die Förderung der privaten Altersvorsorge. Beim hitzig diskutierten Gebäudeenergiegesetz hat die Bundesregierung es erkennbar versäumt, die Bevölkerung frühzeitig mitzunehmen. Stattdessen haben viele Menschen Angst vor einer Überforderung bekommen. Der jetzt vereinbarte Zeitplan, dass zuerst eine kommunale Wärmeplanung stehen muss, bevor Millionen von privaten Haushalten eine langfristige Investitionsentscheidung treffen sollen, ist sicher vernünftig und gibt allen Akteuren ausreichend Zeit, die notwendige Transformation anzugehen. Den Bausparkassen, die traditionell auf die Vergabe von Modernisierungsdarlehen spezialisiert sind, wird hier eine Schlüsselrolle zukommen. Sie sind nah an ihren Kundinnen und Kunden und kennen meistens die Wohnungen und Häuser, in denen diese leben. Die Menschen langfristig zu unterstützen statt sie zu verunsichern, ist auch das Stichwort für die Zukunft der privaten Altersvorsorge. Die von der Bundesregierung eingesetzte Fokusgruppe hat inzwischen ihren Abschlussbericht vorlegt und darin wichtige Reformempfehlungen für die RiesterFörderung gegeben. Eine wichtige Botschaft lautet: Die Eigenheimrente, auch „Wohn-Riester“ genannt, hat ihren festen Platz im System der geförderten Altersvorsorge. Wer also bei seiner Altersvorsorge auf die selbst genutzte Immobilie setzt, soll dies auch künftig mit staatlicher Unterstützung tun können. Dies ist umso wichtiger, als Wohn-Riester ab dem nächsten Jahr zur energetischen Modernisierung von selbst genutztem Wohneigentum eingesetzt werden kann. Im Interesse ihrer 7,5 Millionen Kundinnen und Kunden werden die Landesbausparkassen weiter dafür eintreten, dass sich die Rahmenbedingungen für den Erwerb von Wohneigentum verbessern. Dazu gehört neben einer Entlastung bei der Grunderwerbsteuer eine Eigentumsförderung, die sich nicht auf Neubauten mit höchsten Energieeffizienzanforderungen beschränkt, sondern auch Bestandsgebäude umfasst, die im Laufe der Zeit energetisch ertüchtigt werden können. Jörg Münning Axel Guthmann Vorsitzender Verbandsdirektor Jörg Münning Axel Guthmann

5 I. Vermögensbildung und Bausparen I. Vermögensbildung und Bausparen Im Frühjahr 2022 begann in vielerlei Hinsicht eine neue Zeitrechnung – auch in der Welt der Zinsen. Schon vor dem ersten Zinsschritt der EZB fingen die Bauzinsen an zu steigen und kletterten dann ungewöhnlich schnell binnen weniger Monate von etwas über 1 auf fast 4 Prozent. Damit kehrte das Bausparen fast schlagartig ins Bewusstsein zurück. Abzulesen ist dies nicht zuletzt an der Geschäftsentwicklung der LBS-Gruppe im Jahr 2022 (siehe Kapitel x). Es wurden wieder mehr Bauspargelder genutzt, also Guthaben ausgezahlt und Darlehen vergeben mehr, vor allem aber mehr Bausparverträge abgeschlossen. Jeweils aus guten Gründen: 1. Bausparen sichert günstige Zinsen Heute in einen Bausparvertrag einzahlen, morgen nicht nur über Ersparnisse, sondern auch über ein zinsgünstiges Bauspardarlehen verfügen können – das ist das Prinzip des klassischen Bausparens. Jetzt funktioniert es wieder, weil Bauspardarlehen zu niedrigeren Zinsen vergeben werden können als andere Wohnimmobilienkredite. Aber auch für angehende Wohneigentümer, die bereits kurz vor dem Hausbau oder -kauf stehen, ist der Bausparzug noch nicht abgefahren. Nicht zuletzt die Stiftung Warentest verweist immer wieder darauf, dass sogenannte Bausparkombikredite eine gute Möglichkeit sind, sich 20 bis 30 Jahre lang Zinssicherheit zu schaffen. Diese Finanzierungsmodelle verknüpfen einen Vorfinanzierungskredit, für den lediglich Zinsen anfallen, mit einem Bausparvertrag, über dessen Besparung in 10 oder 15 Jahren der Anspruch auf ein Bauspardarlehen entsteht. Mit diesem wird der Vorfinanzierungskredit abgelöst. 2. Bausparen macht Baufinanzierungen günstiger Wer ein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in seine Baufinanzierung einbringen kann, benötigt weniger Geld von seiner Sparkasse oder Bank. Und dies hat einen großen Vorteil, den die Stiftung Warentest ebenfalls regelmäßig herausstellt: Immobilienkäufer bekommen das benötigte Bankdarlehen in der Regel günstiger, wenn sie einen Teil der Finanzierungssumme bereits über den Bausparvertrag abdecken können. Der einfache Grund dafür ist, dass das Risiko für die Bank geringer ist, je kleiner die Kreditsumme im Vergleich zum Immobilienwert ist. Zudem können Bauspardarlehen im Grundbuch oft nachrangig besichert werden – auch das macht sie aus Sicht anderer Kreditinstitute als Finanzierungsbaustein attraktiv und kann zu günstigeren Zinskonditionen beitragen. 3. Bausparen bildet Eigenkapital Die Immobilienpreise kannten über Jahren nur eine Richtung – sie sind gestiegen. Zwar haben sie zuletzt wieder nachgegeben, das Preisniveau ist aber noch immer sehr hoch. Für Baupreise und Bauland gilt das Gleiche. Dadurch hat sich ein Problem besonders verschärft: Selbst wenn die Einkommen wegen der günstigen Zinskonditionen oftmals noch genügt hätten, um die Kreditraten zu stemmen, reichten die Ersparnisse oft nicht, um den nötigen Eigenkapitalanteil zu erbringen. Nach Berechnungen von empirica hatten bereits im Jahr 2018 gerade einmal 3 Prozent der Mieter im Alter zwischen 30 und 40 Jahren genug Eigenkapital, um sich eine Immobilie zum Preis von 450.000 Euro leisten zu können. Deshalb waren niedrige Zinsen auch kein Argument, nicht zu sparen. Denn nur wer heute Geld auf die hohe Kante legt, hat in einigen Jahren wenigstens einen Grundstock an Eigenkapital. Und auch wenn es eine Anleger-Binsenweisheit ist: Sparen, ohne dem Risiko von Wertschwankungen auf den Aktienmärkten ausgesetzt zu sein – das bieten Bausparverträge. Und besonders sinnvoll ist die Eigenkapitalbildung mit Bausparen eben dann, wenn das an die Sparleistung gekoppelte Darlehen zur wohnungswirtschaftlichen Verwendung früher oder später in Anspruch genommen wird. 4. Bauspardarlehen sind flexibel Der große Charme eines Bauspardarlehens ist auch, dass Sondertilgungen jederzeit möglich sind und es sogar komplett zurückgezahlt werden kann, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung an das Kreditinstitut, in diesem Fall also an die Bausparkasse, zu leisten ist. Wer bald mit einer Erbschaft oder anderen größeren Geldeingängen rechnet, weiß diese Option zu schätzen.

6 JAHRESBERICHT 2022 5. Bauspardarlehen eignen sich gut für energetische Modernisierungen Früher oder später ist es soweit: Immobilienbesitzer müssen oder wollen ihr Zuhause wieder auf Vordermann bringen: Sei es, dass die Heizung kaputt geht, das Dach undicht wird oder das Projekt energetische Sanierung angegangen werden soll. Für solche Zwecke sollte ohnehin jeder Eigentümer Geld beiseite legen. Wird es in einen Bausparvertrag gesteckt, steht für größere Vorhaben überdies ein günstiger Kredit zur Verfügung. Banken verlangen für Ratenkredite in vergleichbaren Größenordnungen in der Regel weit höhere Zinsen. Gerade mit Blick auf den steigenden Bedarf an und teils eben auch die Pflicht zu energetischen Modernisierungen ist ein Bausparvertrag eine empfehlenswerte Sparform auch für all jene Menschen, die den Sprung in die eigenen vier Wände schon gemeistert haben. 6. Bausparen wird vom Staat gefördert Genaugenommen ist es der Sparprozess für den späteren Erwerb von Wohneigentum, den der Staat in erster Linie mit der Wohnungsbauprämie unterstützt. Grund dafür ist, dass dem selbst genutzten Wohneigentum eine Schlüsselrolle beim Vermögensaufbau und damit auch bei der Verringerung von Vermögensungleichheit zukommt, wie auch internationale Vergleiche immer wieder zeigen. Um das nötige Eigenkapital vorweisen zu können, wenn der Kauf oder Bau der eigenen vier Wände ansteht, ist es wichtig, möglichst frühzeitig mit dem gezielten Sparen zu beginnen. Und zwar auch dann, wenn das Einkommen vermeintlich noch zu knapp dafür ist. Um diese Sparanstrengung zu erleichtern und zu belohnen, gibt es bereits seit 70 Jahren die Wohnungsbauprämie. Im Jahr 2021 wurden erstmals nach mehr als zwei Jahrzehnten die Einkommensgrenzen und der maximal förderfähige Sparbetrag an die Inflation angepasst – und sogar die Fördersätze von 8,8 auf 10 Prozent angehoben (Grafik). Wie gut die Förderung geeignet ist, Menschen zum Bausparen zu motivieren und ihnen auf diese Weise ins eigene Heim zu verhelfen, das hat eine Untersuchung des Berliner Forschungsinstituts empirica für die LBS-Bundesgeschäftsstelle bereits vor einigen Jahren gezeigt – und es wurde von der offiziellen Evaluation durch das DIW Ende 2020 noch einmal bestätigt: Demnach sind WohnungsbauprämienBerechtigte häufiger Bausparer als nicht Förderberechtigte. Generell sparen Bausparer mehr als Nicht-Bausparer – und sie werden häufiger und jünger zu Wohneigentümern. Allein schon dieser Befund spricht dafür, die Inflationsanpassung auch bei der kleinen Schwester der Wohnungsbauprämie nachzuholen: Die Arbeitnehmer-Sparzulage ist der zweite Baustein in der staatlichen Förderung der Vermögensbildung von Haushalten mit kleineren Einkommen. Anders als die Wohnungsbauprämie richtet sich die ArbeitnehmerSparzulage jedoch ausschließlich an abhängig Beschäftigte, und sie ist gekoppelt an die vermögenswirksamen LeistunSo wird die Vermögensbildung in Deutschland gefördert Wohnungsbauprämie Arbeitnehmersparzulage Single Verheiratete Single Verheiratete Maximale geförderte Sparleistung pro Jahr 700 € 1.400 € 470 € 940 € Fördersatz 10 % 9 % Maximale jährliche Sparzulage 70 € 140 € 42,30 € 84,60 € Einkommensgrenze (zu versteuerndes Jahreseinkommen) 35.000 € 70.000 € 17.900 € 35.800 €

7 I. Vermögensbildung und Bausparen gen des Arbeitgebers: Nur, wenn diese überhaupt gezahlt und in eine förderfähige Sparform angelegt werden – also in Wertpapiere oder einen Bausparvertrag –, können die Förderberechtigten die staatliche Zulage erhalten. Die Arbeitnehmer-Sparzulage hat wie die Wohnungsbauprämie eine lange Tradition: Sie wurde mit dem ersten Vermögensbildungsgesetz im Jahr 1961 eingeführt und seitdem mehrfach angepasst, zuletzt allerdings 1999. Da die Einkommensgrenzen tiefer angesetzt sind als bei der Wohnungsbauprämie, ist die unweigerliche Folge, dass es noch weniger potenziell Begünstigte gibt. Schon wer heute Vollzeit zum Mindestlohn beschäftigt ist, hat keinen Anspruch mehr auf die Arbeitnehmer-Sparzulage. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass im Prinzip nur Teilzeitbeschäftigte bei der Vermögensbildung staatlich unterstützt werden können. Tatsächlich bezogen 2023 nach Schätzungen von empirica nur noch gut 1 Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Sparförderung. Dass sie in der Vergangenheit Wirkung gezeigt hat, belegt die Studie der Berliner Wohnungsmarktforscher aber ebenso: Einkommensbezieher, die knapp unterhalb der aktuellen Einkommensgrenze lagen und die die ArbeitnehmerSparzulage für das Bausparen in Anspruch nahmen, hatten gegenüber sonst identischen Haushalten  eine um 1,6 Prozentpunkte höhere Sparquote und  ein um fast 10.000 Euro höheres Geldvermögen – was einem zusätzlichen Vermögenspuffer in Höhe von gut drei Monatsnettoeinkommen entsprach. Die dritte Chance auf eine staatliche Förderung des Sparens für Wohneigentum bietet die Eigenheimrente, auch „WohnRiester“ genannt. Im Rahmen der sogenannten RiesterRente ist auch die Wohneigentumsbildung förderfähig. Gewährt wird eine Grund- und eine Kinderzulage zu den Einzahlungen in Bausparverträge. Diese Zulagen werden verrechnet mit einer späteren Einkommensteuerrückerstattung durch die Abzugsfähigkeit von Sparbeiträgen bis zu einer Höhe von 2.100 Euro im Jahr. Da im Gegenzug die Auszahlungen aus der Riester-Rente im Alter versteuert werden müssen, kommt die Förderung vor allem Beziehern niedriger und mittlerer Einkommen zugute – jenen nämlich, bei denen die Zulage höher ausfällt als die theoretische Steuerersparnis. Besonders attraktiv kann die Eigenheimrente sein, wenn die Zulagenförderung auch zur Tilgung von Wohnungsbaudarlehen eingesetzt wird. Dass Wohneigentum – und damit auch das Bausparen – eine wichtige Komponente der privaten Altersvorsorge sein kann, haben die Experten der vom Bundesministerium der Finanzen zusammengerufenen Fokusgruppe private Altersvorsorge gewürdigt: Die Reformempfehlungen der Gruppe Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales Maximale Zulagen in Euro Vermögensau au mit Wohn-Riester Jährliche Grundzulage Single  Euro Verheiratet  Euro Einmaliger Starter-Bonus für unter €-jährige € Euro Jährliche Kinderzulage je Kind  Euro + + Bausparer sind früher am Ziel Quelle: empirica/LBS Research Haushalte mit Bausparvertrag Haushalte ohne Bausparvertrag Bausparer Monatlicher Sparbetrag (in Euro) Wohneigentumserwerber (Anteile in Prozent) Erwerbsalter (Durchschnitt) sparen mehr werden häufiger Eigentümer sind jünger Jahre Jahre % %

8 JAHRESBERICHT 2022 zielen auf eine Verbesserung und Vereinfachung des bestehenden Fördersystems – und die selbst genutzte Immobilie nimmt darin zurecht ihren festen Platz ein. Schließlich spielt die ersparte Miete eine wesentliche Rolle bei der Sicherung des Lebensstandards im Alter (Grafiken). Eigentümer wohnen günstiger Monatliche Wohnkosten bei einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 2.000 und 3.000 Euro, 2018 in Euro Selbstnutzer: Zins und Tilgung sowie kalte und warme Nebenkosten; Mieter: Bruttowarmmiete Quellen: Statistisches Bundesamt (EVS), empirica/LBS Research Alter in Jahren 40 bis 54 55 bis 64 Selbstnutzer Mieter unter 40 628 626 491 634 435 639 725 649 über 64 Wohnkostenbelastung: Bei Eigentümern im Alter stets geringer Quelle: Sozio-oekonomisches Panel/DIW Wohnkosten in Prozent des Haushaltsnettoeinkommens bei über -jährigen Eigentümer- und Mieterhaushalten im Jahr Unterstes Einkommensquintil . Quintil . Quintil . Quintil Oberstes Quintil Mieter Eigentümer

9 II. Nachhaltigkeit II. Nachhaltigkeit Die Klimawende im Wohneigentum Hitze, Dürre, Waldbrände heute, Regenfluten und heftige Stürme morgen – auch Deutschland spürt den Klimawandel immer stärker. Deshalb sind sich Politik und Gesellschaft weitestgehend einig, dass alles Menschenmögliche zu tun ist, um die Entwicklung noch zu bremsen. Und das heißt: CO2 sparen. Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Alle Sektoren, von der Landwirtschaft über die Industrie und den Verkehr bis hin zu den Gebäuden sollen sich Schritt für Schritt auf einem vorgegebenen Reduktionspfad diesem Ziel nähern. Der Gebäudebereich verursachte im Jahr 2022 rund 112 Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen und liegt damit um gut 4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente über dem Zielpfad, der im Klimaschutzgesetz vorgegeben ist. Der Rückgang um gut 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist vor allem auf die Energiesparbemühungen infolge des kriegsbedingten Preisanstiegs der Energiekosten zurückzuführen. Bis zum Jahr 2030 sollen die CO2-Emissionen von Immobilien als erster Zwischenschritt auf 66 Millionen Tonnen sinken. Nach Angaben des Umweltbundesamts entfielen 2022 rund 15 Prozent der deutschen Treibhausgase auf den Gebäudebereich. Knapp drei Viertel dieser Emissionen sind privaten Haushalten zuzurechnen, die übrigen dem Gewerbe und Militär. Bezieht man jene Emissionen mit ein, die zwar durch den Verbrauch von Strom und Fernwärme in Gebäuden entstehen, aber in der Sektorenbetrachtung gemäß dem Klimaschutzgesetz der Energieerzeugung zugeTreibhausgas-Emissionen von Gebäuden Quelle: Umweltbundesamt in Millionen Tonnen CO -Äquivalente insgesamt durch private Haushalte Verteilung der direkten und indirekten CO -Emissionen durch das Wohnen im Jahr Quelle: Statistisches Bundesamt Direkte Emissionen: vor allem durch Verbrennung von Energieträgern zur Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser; indirekte Emissionen: vor allem durch Produktion von Strom und Fernwärme in Kraftwerken für private Haushalte % Raumwärme % Licht % Warmwasser % Elektrogeräte, Elektronik % Kochen, Waschen

10 JAHRESBERICHT 2022 rechnet werden, geht sogar mehr als ein Drittel der Treibhausgase auf das Konto von Immobilien. Das Statistische Bundesamt weist in seiner umweltökonomischen Gesamtrechnung für das Jahr 2020 aus, wie sich die CO2-Emissionen beim Wohnen verteilen (Grafik): Allein drei Viertel des Kohlendioxids, das die Bundesbürger in ihren vier Wänden produzierten, entfielen auf das Heizen. Mit einem Anteil von 12 Prozent folgen an zweiter Stelle das warme Wasser und an dritter Stelle Elektronik und Elektrogeräte, die nicht zum Kochen, Waschen und Spülen benötigt Nachhaltigkeit beim Immobilienkauf So viel Prozent der befragten Immobilienexperten gaben an, dass angehende Wohneigentümer auf diese Nachhaltigkeitsaspekte besonders achten Quelle: LBS Research Befragung von  Immobilienexperten der Landesbausparkassen und Sparkassen Ende ‚ƒ‚‚/Anfang ‚ƒ‚ Werterhalt oder Wertsteigerung der Immobilie durch nachhlatige Bauweise ‡ %  % Klimaschutz durch Emissionsreduktion ‚ % Nachhaltiges, ökologisches, gesundes Wohnen ‹Œ % Umweltschutz durch umweltschonende Bauweise Die Rolle der Energieversorgung So viel Prozent der befragten Immobilienexperten gaben an, dass folgende Aspekte der Energieversorgung eine wichtige Rolle beim Immobilienkauf spielen würden Quelle: LBS Research Befragung von  Immobilienexperten der Landesbausparkassen und Sparkassen Ende ‚ƒ‚‚/Anfang ‚ƒ‚ Senkung von Energiekosten % ‡ % Qualität und Wohnkomfort ‡ƒ % Unabhängigkeit der Energieversorgung % Energetischer Zustand/ EnergieeŒzienzklasse ‚ % Beitrag zur Energiewende Fördermöglichkeiten Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gibt es unter diesem Namen erst seit Anfang 2021. Seitdem wurde die staatliche Unterstützung der energetischen Sanierung mehrfach umgestellt und auch etwas eingeschränkt. Der Status quo:  Die KfW fördert lediglich komplette Sanierungen zum Effizienzhaus und vergibt dafür keine Zuschüsse mehr, sondern nur noch zinsvergünstigte Kredite in Verbindung mit Tilgungszuschüssen.  Einzelmaßnahmen wie Dämmung, neue Fenster und Türen oder der Austausch der Heizung werden ausschließlich über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und nur noch mit – reduzierten – Zuschüssen gefördert. Unverändert besteht die alternative steuerliche Förderung der Einzelmaßnahmen in Form eines Abzugs von der Steuerschuld.  Ob Einzelmaßnahme oder Sanierung zum Effizienzhaus – empfehlenswert und auch förderfähig ist eine vorherige Energieberatung einschließlich der Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP). Ein solcher Fahrplan stimmt die Sanierungsschritte sinnvoll aufeinander und auch auf die finanziellen Möglichkeiten des Auftraggebers ab. Der Neubau wird über zwei neue KfW-Programme gefördert – allerdings nur noch dann, wenn er höchste energetische Standards und zusätzliche Anforderungen an die TreibhausgasEmissionen im Lebenszyklus des Gebäudes erfüllt.

11 II. Nachhaltigkeit werden. Die Beleuchtung ist nur noch für 1 Prozent der CO2Emissionen verantwortlich. Wo die großen Einsparpotenziale liegen, ist damit klar. Wie dringend es geworden ist, sie zu heben, machen nicht nur extreme Wetterereignisse infolge des Klimawandels deutlich, sondern es gebietet auch die ökonomische Vernunft. Billiges Gas aus Russland wird es absehbar nicht mehr geben, zudem verteuert die CO2-Bepreisung alle fossilen Energieträger. Zu den guten Nachrichten in dieser Situation gehört es, dass die Energiewende im Gebäudesektor nicht an der grundsätzlichen Bereitschaft der privaten Wohneigentümer scheitern wird. Laut KfW-Energiewendebarometer sind die Bewohner von Eigenheimen weiterhin Vorreiter in Sachen Klimaschutz. 45 Prozent hatten Anfang 2022 mindestens eine Technologie wie Solarthermie, Photovoltaik, Wärmepumpen oder auch ein Elektroauto im Einsatz. In MehrfamiWie der Klimaschutz im Eigenheim gefördert wird Die Förderalternativen Steuerabzug, Zuschuss oder zinsvergünstigter Kredit sind bei Sanierungen nicht kumulierbar Energieberatung, Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) Zuschuss von 80 Prozent zum förderfähigen Beratungshonorar über BAFA, maximal 1.300 Euro bei Ein- und Zweifamilienhäusern und maximal 1.700 Euro bei Mehrfamilienhäusern Kostenlose Beratung durch Verbraucherzentralen in Beratungsstellen, online oder telefonisch; Beratung zu Hause für 30 Euro, wenn erforderlich Fachplanung und Baubegleitung Steuerabzug von 50 Prozent der Aufwendungen Zuschuss von 50 Prozent zu den förderfähigen Kosten über BAFA, maximal 2.500 Euro pro Jahr bei Ein- und Zweifamilienhäusern bzw. 1.000 Euro pro Wohnung in Mehrfamilienhäusern Energetische Sanierung Steuerabzug von 20 Prozent der Aufwendungen für Einzelmaßnahmen, maximal 40.000 Euro, verteilt über drei Jahre Zinsvergünstigter Kredit von maximal 150.000 Euro über KfW bei Komplettsanierung zum Effizienzhaus, Tilgungszuschuss zwischen 5 und 25 Prozent abgestuft nach Standard ab Effizienzhaus 85, plus 10 Prozent Worst-Performing-BuildingBonus, 15 Prozent Bonus für serielles Sanieren mit Fertigteilen oder 20 Prozent Bonus für beides Zuschuss von 15 Prozent zu den förderfähigen Kosten über BAFA bei Einzelmaßnahmen (Gebäudehülle, Anlagentechnik), plus Bonus von 5 Prozent bei Umsetzung eines iSFP, maximal 12.000 Euro pro Jahr und Wohnung Neubau (oder Kauf eines Neubaus) der Stufe Effizienzhaus 40 mit erfüllten Treibhausgas-Anforderungen gemäß Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) Zinsvergünstigter Kredit über zwei neue KfW-Programme: „Klimafreundlicher Neubau (KFN)“ für alle Bauherren: bis zu 100.000 Euro bzw. bis zu 150.000 Euro, wenn der QNG-Standard zertifiziert ist „Wohneigentum für Familien (WEF)“ für Familien mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 60.000 Euro bei einem Kind (plus 10.000 Euro für jedes weitere): abhängig von Kinderzahl und QNG-Zertifizierung 140.000 bis 240.000 Euro Neubau (oder Kauf eines Neubaus) Förderfähig ist 2022 nur die Stufe Effizienzhaus 40 mit Nachhaltigkeits-Klasse; Kredit von maximal 120.000 Euro mit bis zu 5 Prozent Tilgungszuschuss plus Zinsverbilligung Quellen: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, KfW, Verbraucherzentrale Bundesverband

12 JAHRESBERICHT 2022 lienhäusern ist der Klimaschutz weniger präsent: Nur gut jeder vierte Wohnungseigentümer nutzte eine der abgefragten Technologien, unter den Mietern nicht einmal jeder Sechste. Aber immerhin: Es werden hier wie dort von Jahr zu Jahr mehr. Zwei von drei Haushalten, die mit regenerativen Energien heizen, waren im Jahr 2022 selbstnutzende Eigentümer. Damit sind die Selbstnutzer weit überproportional an der Heizwende beteiligt – liegt doch ihr Anteil an allen Haushalten lediglich bei 42 Prozent. Insgesamt nutzten laut aktuellem Mikrozensus in Deutschland 2,8 Millionen Haushalte überwiegend Holz, Wärmepumpen, Sonnenenergie oder Biomasse zur Beheizung ihrer Wohnung. Das ist zwar nur ein Anteil von gut 7 Prozent. Von jenen Haushalten, die in neueren Gebäuden ab Baujahr 2011 wohnen, heizten jedoch bereits 31 Prozent mit regenerativen Energien – und in den ab 2020 erbauten Wohnungen und Häusern sind es sogar 37 Prozent. Angehende Wohneigentümer kommen an den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit ebenfalls nicht mehr vorbei. Vorbei – auch deshalb, weil der Gesetzgeber künftig höhere energetische Anforderungen an ihr Eigenheim stellen wird. Jeder zweite Immobilienvermittler von LBS und Sparkassen gab bei der Frühjahrsbefragung 2023 an, dass das Thema Die Landesbausparkassen messen dem Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf allen Ebenen eine sehr hohe Bedeutung bei und zwar in Bezug zu allen drei ESG-Dimensionen – Environmental, Social, Governance!  Environmental – Bausparkassen als Finanzierer der Energiewende Seit jeher sind die Landesbausparkassen wichtige Kapitalgeber sowohl für den Neubau als auch für die energetische Modernisierung des Wohnungsbestands. „Grüne Bausparkassenkredite“ orientieren sich künftig an den Kriterien der sogenannten EU-Taxonomie. Konkret bedeutet das: Bei der Neubaufinanzierung wird von „grünen Krediten“ gesprochen, wenn mindestens die zum Zeitpunkt der Finanzierung geltenden gesetzlichen energetischen Standards für Neubauten eingehalten werden. Ist bei einer Finanzierung von Bestandsimmobilien von einem „grünen „Kredit“ die Rede, dann handelt es sich mindestens um die Energieeffizienzklasse B bzw. das Gebäude hat einen Energiebedarf von nicht mehr als 75 kWh/m2. Geht es um Modernisierungen/Renovierungen/Sanierungen, dann spricht man von einem grünen Kredit, wenn durch die Maßnahme eine Reduzierung des Energieverbrauchs bzw. -bedarfs von mindestens 30 Prozent erreicht wird. Darüber hinaus führt die energetische Sanierung dazu, dass der Energieverbrauch/-bedarf ein Niveau erreicht, das im Einklang mit den Klimazielen der EU steht. Und natürlich dürfen die finanzierten Einzelmaßnahmen insgesamt nicht klimaschädlich sein.  Social – Bausparkassen helfen Beziehern niedriger und mittlerer Einkommen bei der Altersvorsorge, Generationenvorsorge und Vermögensbildung Wohneigentum verknüpft Altersvorsorge, Generationenvorsorge und Vermögensbildung. Die an den Genossenschaftsgedanken angelehnten Prinzipien des Bausparens ermöglichen Beziehern niedriger und mittlerer Einkommen, vor allem auch Haushalten mit Kindern, durch zielgerichtetes Ansparen den Aufbau von Eigenkapital und den Zugang zu einer erschwinglichen Finanzierung. Der Staat fördert das Bausparen bzw. den Vermögensaufbau/Wohneigentumserwerb mit der Wohnungsbauprämie, der Arbeitnehmer-Sparzulage für vermögenswirksame Leistungen sowie das selbst genutzte Wohneigentum als Instrument der Altersvorsorge mit der sogenannten „Eigenheimrente“.  Governance – Das Bausparen ist ein auf den Vertragszweck einer späteren Inanspruchnahme eines Baudarlehens in einem geschlossenen Kollektivsystem gerichtetes Zwecksparen Zum Schutz des Bausparkollektivs unterliegen Bausparkassen neben der allgemeinen Aufsicht nach dem Kreditwesengesetz der zusätzlichen Aufsicht nach dem Bausparkassengesetz, das eine Vielzahl von Schutzmechanismen zu Gunsten des Bausparkollektivs etabliert hat. Nicht nur bei der konkreten Finanzierung einer energetischen Modernisierung helfen die Landesbausparkassen, sie unterstützen auch die Phase zuvor, wenn es darum geht, die notwendigen Modernisierungsschritte hin zu einem energieeffizienten Haus zu identifizieren. In Kooperationen mit dem Deutschen Energieberater-Netzwerk e. V. (DEN), „Sunshine“ und „42 Watt“ vermitteln sie Förder- und Energieberatungen. Mit Hilfe von Sanierungsrechnern auf LBS.de, die eine erste Indikation für den Modernisierungsbedarf liefern und dem Expertenwissen der Energieberater erhalten Kundinnen und Kunden einen klaren Plan, wie sie die eigene Immobilie auf den Pfad zur Klimaneutralität führen können.

13 II. Nachhaltigkeit bei der Immobiliensuche eine Rolle spiele – in der Vorjahresbefragung war es nur jeder dritte. Dabei ist der Wunsch nach einem klimafreundlichen Zuhause hauptsächlich von monetären Aspekten getrieben. Die Immobilienkäufer haben vor allem den Werterhalt der eigenen vier Wände im Blick. Den Klimaschutz erlebte immerhin ein Drittel der befragten Experten als Motiv. Eine umweltschonende Bauweise war dagegen selten ein Kaufkriterium. Auch beim Thema Energieversorgung dominiert die Kostenfrage (Grafik): Fast 90 Prozent der Vermittler sagten, dass ihre Kunden die Energiekosten senken wollten, bei 40 Prozent war dies sogar besonders relevant. Den Wohnkomfort haben die meisten Immobilieninteressenten ebenfalls im Blick. Besonders wichtig sind ihnen inzwischen aber häufiger die Unabhängigkeit der Energieversorgung und die Energieeffizienzklasse des Gebäudes. Deshalb ist es kaum überraschend, dass 22 Prozent der befragten Immobilienexperten angaben, ihre Kunden wollten Gas-, Öl- oder ElektroHeizung kurzfristig durch eine Wärmepumpe, Solar- oder Holzpellet-Heizung ersetzen. Weitere 67 Prozent sagten, der Austausch sei langfristig geplant (Grafik Seite x). Weil der gute Wille und das Kostenbewusstsein allein wohl dennoch nicht genügen werden, um das Wohnen rechtzeitig genug klimaneutral zu machen und den Gasausstieg zu schaffen, hat die Ampelregierung monatelang um eine Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gerungen, das unter anderem Heizungserneuerungen reglementiert. Inzwischen ist immerhin klar, dass keine Tauschpflichten entstehen, bevor die Kommunen ihre Wärmeplanung vorgelegt haben, also nicht vor 2026 in den Städten und 2028 in kleineren Gemeinden. Zudem wird es mehr Spielraum für individuelle technologische Lösungen geben, als das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ursprünglich vorgesehen hatte. Die Förderung des Heizungstauschs wird im Vergleich zum Status quo (siehe Kasten) voraussichtlich noch einmal deutlich aufgestockt. Trotzdem bleibt die Finanzierung der kostspieligen Sanierungen für Selbstnutzer eine immense Herausforderung. Die Landesbausparkassen unterstützen die Eigentümer dabei – indem sie ihr Geschäftsfeld Modernisierung und die zugehörige Expertise deutlich ausbauen.

14 JAHRESBERICHT 2022 „Wir erleben eine Zeitenwende“, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung zum Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gesagt. Seitdem ist mehr als ein Jahr vergangen. Noch immer herrscht Krieg in Europa. Deutschland zählt durch die vielen Kriegsgeflüchteten 1,1 Millionen Einwohner mehr als ein Jahr zuvor – und die angekündigte Zeitenwende hat auch die Wirtschaft erfasst: Die Energiekosten sind explodiert. Die Inflation erreichte 2022 mit einer durchschnittlichen Rate von 6,9 Prozent lange nicht mehr gekannte Ausmaße. Als Reaktion darauf hat die EZB die Niedrigzinsphase beendet und die Leitzinsen in mehreren Schritten von 0 auf 4,25 Prozent (Stand Juli 2023) angehoben. All dies macht sich auch auf dem Wohnungsmarkt bemerkbar: Die Zinsen für Immobilienkredite haben sich binnen weniger Monate fast vervierfacht. Parallel klettern die Baukosten immer weiter – zum einen, weil Materialien teurer geworden sind, und zum anderen, weil die (energetischen) Anforderungen an den Neubau gestiegen sind. Die Bauwirtschaft meldet Stornierungen, weil sich durch die ungünstige Entwicklung Kalkulationen zerschlagen haben, und die Fertigstellungsprognosen werden fortlaufend nach unten korrigiert. Schon jetzt ist klar, dass die Bundesregierung ihr Neubauziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr weit verfehlen wird. Wohnraum bleibt auf absehbare Zeit Mangelware in Deutschland. Für private Haushalte sind Immobilienfinanzierungen derzeit kaum noch zu stemmen. Dies betrifft aber nicht nur den Neubau, sondern auch die Wohneigentumsbildung im Bestand leidet. Die Aussagen der Immobilienvermittler von LBS und Sparkassen, die alljährlich für das LBS-Frühjahrsbarometer befragt werden, sprechen davon eine beredte Sprache: Erstmals seit der Finanzkrise 2009 gehen die Marktkenner nicht mehr von einer steigenden Nachfrage nach Wohnimmobilien aus, sondern im Gegenteil von einem kräftigen Einbruch. Einen Rückgang der Preise konnten die LBS-Experten in den Groß- und Mittelstädten zum Zeitpunkt der Befragung im Winter und frühen Frühjahr 2023 auf Basis der von ihnen vermittelten Objekte noch nicht beobachten (Grafik), sie rechnen allerdings für den Jahresverlauf damit. Sowohl Eigentumswohnungen als auch Einfamilienhäuser und Reihenhäuser dürften demnach wieder etwas günstiger werIII. Immobilienmarkt und Wohneigentum 1. Immobilienmarkt Entwicklung der Immobilienpreise Quelle: LBS Research , , In Groß- und Mittelstädten sowie ausgewählten regionalen Zentren; jeweils von Frühjahr zu Frühjahr; Erhebung bei den Immobiliengesellschaften der Landesbausparkassen und Sparkassen – , , , , , , , , , , , , , – , – , – , – , Durchschnittliche jährliche Veränderung der Preise für gebrauchte Einfamilienhäuser über jeweils zwei Jahre, in Prozent – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

15 III. Immobilienmarkt und Wohneigentum 15 den, insbesondere in den Städten, aber auch in abgelegeneren ländlichen Regionen. Im Umland der Städte und in anderen verdichteten Regionen werden die Preiskorrekturen den Erwartungen der Immobilienfachleute zufolge moderater ausfallen. Beim Bauland erwarten sie insgesamt nur leichte Preisrückgänge, und beim Neubau besteht wohl kein Preisspielraum nach unten. Die Wohneigentumsbildung bleibt also schwierig, weil die höhere Belastung durch die Zinsen nicht vollständig von geringeren Preisen kompensiert wird. Trotzdem gelingt der Sprung in die eigenen vier Wände immer noch und immer wieder. Welche Register die Kaufinteressenten dafür zu ziehen bereit sind, beobachten die Immobilienvermittler aus nächster Nähe (Grafik): Die meist genutzte Erfolgsstrategie ihrer Kundinnen und Kunden ist das Erbringen von mehr Eigenleistung. Aber auch Kompromisse bei Objekt und Standort sind an der Tagesordnung. Wer kann, mobilisiert zudem weitere Kapitalquellen. Nur verzichten – das ist für die meisten keine Option. Und das ist auch gut so, denn jeder Eigentümerwechsel bringt auch den Klimaschutz voran (siehe Kapitel II und Grafik): Die Immobilienvermittler berichten, dass 90 Prozent der Neu-Eigentümer ihre fossile Heizung früher oder später durch ein nachhaltigeres Modell ersetzen wollen – gut jeder fünfte Käufer strebt dies sogar kurzfristig an. Quelle: LBS Research Befragung von Immobilienexperten der Landesbausparkassen und Sparkassen Ende /Anfang So viel Prozent der befragten Immobilienexperten gaben an, dass die Käufer einen Austausch ihrer fossilen Heizungen durch eine Wärmepumpe, Solar- oder Holzpellet-Heizung planen Langfristig Kurzfristig Gar nicht Weiß nicht Nach dem Kauf der Heizungstausch

16 JAHRESBERICHT 2022 Immer weniger Menschen in Deutschland schaffen den Sprung in die eigenen vier Wände. Im Jahr 2020 zogen nach Berechnungen des Berliner Forschungsinstituts empirica nur noch rund 370.000 Haushalte aus einer gemieteten Wohnung in ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung um – gut 90.000 weniger als gemessen an früheren Jahren zu erwarten gewesen wären. Da die amtliche Statistik keine Auskunft darüber gibt, wie vielen Menschen es jährlich gelingt, erstmals Wohneigentum zu erwerben, hat empirica dies im Auftrag der Landesbausparkassen anhand von Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) rückblickend bis zum Jahr 1990 ermittelt. Um beurteilen zu können, in welchen Zeiten die Wohneigentumsbildung besonders schwierig oder eher leicht war, wurde die Zahl der Ersterwerber-Haushalte zusätzlich ins Verhältnis zur Entwicklung der typischen Zielgruppe der 30- bis 50-Jährigen gesetzt. Das Ergebnis: In den Jahren von 2008 bis 2020 gelang der Ersterwerb von Wohneigentum deutlich seltener als im konjunkturell unauffälligen Referenz-Zeitraum 2003 bis 2007. Lag die Relation in diesen Jahren bei durchschnittlich 2,2 Prozent der 30- bis 50-Jährigen, waren es ab dem Beginn der Finanzkrise 2008 zumeist weniger als 2 Prozent. Einen Tiefpunkt markiert das Jahr 2017 mit 1,5 Prozent beziehungsweise 316.000 Ersterwerbern, aber auch 2020 betrug die Quote gerade einmal 1,8 Prozent. In den 1990ern Jahren dagegen war eine Relation von um die 2,5 Prozent üblich. Durchschnittlich fiel die Wohneigentumsbildung zwischen 2008 und 2020 um gut 84.000 Ersterwerber-Haushalte pro Jahr zu niedrig aus. Deutschland blickt damit auf die traurige Bilanz von mehr als 1 Million verhinderte Wohneigentümer binnen 13 Jahren zurück. All diese Menschen belasten den Mietwohnungsmarkt nun noch zusätzlich. Die Neujustierung der Förderkulisse ist vor diesem Hintergrund kritisch zu bewerten: 1. Verglichen mit dem Baukindergeld, für das der Bund über einen Zeitraum von gut drei Jahren fast 10 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat, nehmen sich die im neuen Programm „Wohneigentum für Familien“ (WEF) jährlich für einkommensschwächere Familien vorgesehenen 350 Millionen Euro sehr bescheiden aus. 2. Wohneigentumsbildung und Wohneigentumsförderung Wohneigentumsbildung: Weit unter den Möglichkeiten Quelle: SOEP, empirica/LBS Research Ersterwerber-Haushalte im Jahresdurchschnitt in . Ersterwerber-Haushalte in Prozent der - bis -Jährigen - , % - , % - , % - , % - , % - , % Wohneigentumsbildung: Million verhinderte Ersterwerber Quelle: SOEP, empirica/LBS Research Im Jahresdurchschnitt Zusätzliche (+) beziehungsweise verhinderte (–) Ersterwerber in . Gemessen an der Abweichung der Relation von Ersterwerber-Haushalten zu - bis -Jährigen gegenüber dem Referenzzeitrum bis Im Zeitraum insgesamt - - - - - - - - - - - -

17 III. Immobilienmarkt und Wohneigentum 2. Der Bestandserwerb, auf den immerhin zwei Drittel des Baukindergelds entfielen, wird gar nicht mehr gefördert, sondern ausschließlich der Neubau – und zwar nur noch jener Neubau, der die höchsten energetischen Anforderungen erfüllt. 3. Familien mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen unterhalb der vorgesehenen Grenze von 60.000 Euro können sich die Baukosten für den anspruchsvollen Effizienzhaus-40-Standard in der Regel schlicht nicht leisten. Das neue Familienförderprogramm ist letztlich nur ein kleiner Extra-Topf für Familien innerhalb einer gekürzten energetischen Neubauförderung für alle. Das wird kaum reichen, um den Rückgang der Eigentumsbildung zu stoppen, geschweige denn, diese unter den erschwerten Bedingungen mit steigenden Zinsen und unkalkulierbaren Materialkosten wieder auf ihr einstiges Niveau zu heben. Mehr Menschen ins Wohneigentum zu bringen ist jedoch essenziell für eine bessere private Vermögensbildung und Altersvorsorge. Dass die Wohneigentumsförderung in den vergangenen Jahren gut angenommen wurde, zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zur Wohneigentumsbildung: Demnach wurde für jede zweite neu gebaute, selbst genutzte Immobilie in den Jahren 2018 bis 2021 auch eine Form der staatlichen Förderung eingesetzt, Bestandskäufer nutzten sie zu 41 Prozent. Das Baukindergeld beispielsweise, das fast den gesamten Befragungszeitraum über zur Verfügung stand, hat 42 Prozent aller Neu-Eigentümer beim Erwerb geholfen. Doch auch die Bedeutung der Sparförderung sollte nicht unterschätzt werden: So haben immerhin 47 Prozent der Neu-Eigentümer Eigenkapital mit Hilfe eines Bausparvertrags gebildet – gut jeder Fünfte darunter hat die Wohnungsbauprämie erhalten und mehr als jeder Achte die Arbeitnehmersparzulage. Vor dem Hintergrund, dass Neubau aufgrund der hohen Baukosten immer seltener eine Option ist, sollte dies klar sein: Wer Familien beim Eigentumserwerb unterstützen will, kommt kurzfristig an einer Förderung des Bestandserwerbs nicht vorbei – und sollte langfristig auf die Anreizwirkung einer verbesserten Sparförderung setzen. Luft nach oben ist hier allemal. Lösungen sollten auch bei der Grunderwerbsteuer gefunden werden. Denn hier schlummert substanzielles Entlastungspotenzial für Selbstnutzer. Ob es eine Reduzierung, ein gänzlicher Verzicht oder ein Freibetrag beim Ersterwerb von selbst genutztem Wohneigentum wird – wichtig ist vor allem, dass die Länder die Flexibilisierungsmöglichkeiten auch nutzen, die der Bund ihnen eröffnen will.

18 JAHRESBERICHT 2022 IV. Bausparen und Finanzieren 1. Neugeschäft Die Gruppe der acht Landesbausparkassen hat im Geschäftsjahr 2022 erneut ein gutes Ergebnis erzielt. Durch die Zinswende rückte die Grundidee des Bausparens, die sichere Eigenkapitalbildung gepaart mit dem Anspruch auf ein niedrig verzinsliches Darlehen, wieder in den Fokus und bescherte dem Bausparen eine Renaissance: 480.000 neue Bausparverträge mit einem Volumen von 32,9 Milliarden Euro wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr neu abgeschlossen. Dies entspricht einem Plus von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr bei der Zahl der Verträge und einem Plus von 27,6 Prozent bei der Bausparsumme. Die durchschnittliche Bausparsumme kletterte mit rund 68.000 Euro (plus 20,2 Prozent) auf einen neuen Höchstwert. Dies zeigt, dass die Menschen ihr Sparverhalten an den stetig wachsenden Eigenkapitalbedarf durch die seit Jahren erheblich steigenden Immobilienpreise anpassen. In einem für Bau- und Kaufwillige schwierigen Umfeld aus steigenden Zinsen und davonlaufenden Baupreisen haben die Landesbausparkassen zudem einen wertvollen Beitrag zur Stabilisierung der Wohnungsbaufinanzierung leisten können. Insgesamt flossen Bausparmittel in Höhe von 10,2 Milliarden Euro in den Wohnungsmarkt. Damit konnte die LBS-Gruppe das hohe Niveau des Vorjahres um 10,1 Prozent sogar deutlich übertreffen. Mit diesem Geschäftsergebnis stärkt die Gruppe der Landesbausparkassen ihre führende Marktposition. Ihr Marktanteil beträgt 35 Prozent bei der Zahl der neu abgeschlossenen Verträge und 35,7 Prozent bezogen auf die Bausparsumme. Beim Vertragsbestand erreichte der Marktanteil 35,6 Prozent (Anzahl Verträge) bzw. 33,7 Prozent (Bausparsumme). Im Wohn-Riester-Geschäft liegt der Marktanteil der Landesbausparkassen bei 45 Prozent, das entspricht rund 740.000 Verträgen über eine Bausparsumme von 33,8 Milliarden Euro (minus 3,7 Prozent). Aufgrund der sprunghaft gestiegenen Kapitalmarktzinsen ist mit einer wachsenden nachfrage nach langfristiger Zinssicherheit in der Baufinanzierung zu rechnen. Dies dürfte sich sowohl bei der Zahl neu abgeschlossener Bausparverträge als auch bei der Inanspruchnahme von zinsgünstigen Darlehen im Vertragsbestand niederschlagen. In einem aufgrund der schwierigen Umfeldbedingungen für die Wohneigentumsbildung insgesamt rückläufigen Baufinanzierungsmarkt wird das Finanzierungsgeschäft der Landes- , Verträge in Millionen Bausparsumme in Milliarden Euro , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , Neuabschlüsse bei den Landesbausparkassen

19 IV. Bausparen und Finanzieren bausparkassen auch gestützt durch den wachsenden Bedarf an energetischen Modernisierungen im Gebäudebestand. Die Eigenkapitalbildung mit Bausparen bekommt zusätzliche Impulse durch die seit dem Sparjahr 2021 spürbar verbesserte Wohnungsbauprämie. 2. Vertragsbestand Insgesamt führten die Landesbausparkassen für ihre knapp 7 Millionen Kunden am Jahresende 2022 rund 8,1 Millionen Bausparverträge (minus 4,1 Prozent) über eine Bausparsumme von 313,4 Milliarden Euro (plus 2,7 Prozent). Die addierte Bilanzsumme der LBS-Gruppe stieg im vergangenen Jahr auf die Rekordsumme von 76,2 Milliarden Euro (plus 1,5 Prozent). Der überwiegende Teil des Vertragsbestandes entfällt auf die in der Ansparphase befindlichen – noch nicht zugeteilten – Verträge. Hier verzeichnete die LBS-Gruppe im Jahr 2022 einen Vertragsbestand von rund 7,7 Millionen Verträge (minus 4,2 Prozent), deren Bausparsumme mit 300 Milliarden Euro um 2,4 Prozent über dem Vorjahreswert lag und einen neuen Höchststand in der Geschichte der LBS-Gruppe markiert. Dies stellt ein weiter wachsendes Potenzial für die künftige Wohnungsbaufinanzierung dar. 3. Kundenstruktur Der Blick auf die Kundenstruktur macht deutlich, dass gerade die junge Generation unverändert an gutem Wohnen – nach Möglichkeit in eigenen vier Wänden – Interesse zeigt. Auch Befragungen bestätigen immer wieder, dass für sie genauso wie für ihre Elterngeneration die schuldenfreie Immobilie eine hochattraktive Altersvorsorge darstellt. Das gesamte Bausparneugeschäft – das auch Folgeverträge sowie Erhöhungen vorhandener Bausparverträge erfasst – verteilt sich im Jahr 2022 sehr breit auf alle Altersgruppen. Nach wie vor beträgt der Anteil junger Bausparer bis 30 Jahre an den Erstverträgen rund 26 Prozent. Ein deutliches Signal dafür, dass die jungen Menschen frühzeitig mit dem Aufbau eines Vermögens beginnen und dabei die eigenen vier Wände im Blick haben. Die Immobilienbesitzer über 50 Jahre sorgen häufig mit Hilfe des Bausparvertrages vor, um ihre Immobilie auf den energetisch neuesten Stand bringen zu können. Verträge in Millionen Bausparsumme in Milliarden Euro , , , , , , , , , , , Vertragsbestand der Landesbausparkassen

20 JAHRESBERICHT 2022 V. Regulatorik Europäische Umsetzung des finalen Basel-III-­ Rahmenwerks Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht veröffentlichte im Dezember 2017 nach langen und kontrovers geführten Verhandlungen seine finale Überarbeitung der Basel-IIIRegelungen (auch „Basel IV“ genannt). Die primär für die international tätigen Banken entwickelten Regelungen gelten mit einer undifferenzierten Umsetzung in europäisches Recht gleichermaßen auch für Landesbausparkassen mit ihrem risikoarmen Geschäftsmodell. Damit würden Landesbausparkassen unverhältnismäßig durch die insbesondere für systemrelevante Banken gedachten Regelungen belastet werden. Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, wie der europäische Gesetzgeber die finalen Basel-III-Regelungen umsetzen wird. Die finalen Basel-III-Regelungen sollten nach den Vorstellungen des Baseler Ausschusses ab dem 1. Januar 2023 zur Anwendung kommen. In Vorbereitung zur europäischen Umsetzung hatte die Europäische Kommission im Oktober 2019 eine Konsultation zu „Basel IV“ veröffentlicht. Die Landesbausparkassen erachten es als eine wichtige Aufgabe der europäischen Gesetzgeber, die finalen Basel-IIIRegelungen proportional und insbesondere unter Beachtung der unterschiedlichen Geschäftsmodelle europäischer Institute umzusetzen. Ungerechtfertigte Belastungen gilt es zu vermeiden. Darum haben sie sich über die Europäische Bausparkassenvereinigung an der Konsultation beteiligt und zu verschiedenen Regelungen von „Basel IV“ Stellung genommen. Am 27. Oktober 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Legislativvorschläge zur Umsetzung von „Basel IV“ in europäisches Recht. Die Umsetzung geht einher mit umfangreichen Änderungen der Capital Requirements Regulation (CRR) und Capital Requirements Directive (CRD) sowie gezielten Änderungen an der Bank Recovery and Resolution Directive (BRRD) in Bezug auf Abwicklungsthemen. In der Gesamtschau orientiert sich die Kommission, wie erwartet, eng an den Baseler Vorschlägen. So beabsichtigt auch die Kommission, künftig eine risikosensitivere Eigenkapitalunterlegung im Kreditrisikostandardansatz zu erreichen. Abweichungen gegenüber dem Baseler Rahmenwerk sind insbesondere über Übergangsregelungen verankert. Einige prozessuale Anforderungen wurden nicht in die EU-Legislativvorschläge übernommen. Beispielsweise führt die Kommission die von Basel geforderte „Due-DiligencePflicht“ zwar ein, allerdings soll diese nicht in Form eines Regelprozesses implementiert werden. Für Landesbausparkassen sind insbesondere die Regelungen zu Wohnimmobilienfinanzierungen relevant. Der „Loan-Splitting-Ansatz“, bei dem grundpfandrechtlich besicherte Finanzierungen in einen besicherten und einen unbesicherten Teil aufgeteilt werden, kann bei Erfüllung einiger Voraussetzungen weiter angewandt werden. Der besicherte Teil der Forderung darf bis zu 55 Prozent des Immobilienwerts mit einem Risikogewicht von 20 Prozent versehen werden. Für den darüber hinausgehenden Teil der Forderung wird eine Nicht-Besicherung fingiert. Außerhalb der Voraussetzungen für den „Loan-Splitting-Ansatz“ werden die Wohnimmobilienfinanzierungen anhand ihres Verhältnisses „Risikoposition zum Immobilienwert“ (Exposure To Value, ETV) einer Risikogewichtsklasse zugeordnet. Hierbei reichen die Risikogewichte von 30 Prozent (ETV bis 50 Prozent) bis 105 Prozent (ETV über 100 Prozent). Auf die Vorschläge der Kommission folgten im November 2022 die „allgemeine Ausrichtung“ des Rats der EU und im Februar 2023 eine gemeinsame Verständigung und Einigung im Europäischen Parlament zur Aufnahme der Trilog-Verhandlungen zur europäischen Umsetzung von „Basel IV“. Die Landesbausparkassen werden die anstehenden Trilogverhandlungen begleiten und sich für bausparkassengerechte Regelungen einsetzen. Die Ergebnisse des Basel-III-Monitorings zum Stichtag 31. Dezember 2021 zeigen im Übrigen, dass die Baseler Vorgaben unter Beachtung des Umsetzungsvorschlags der EU-Kommission zu einer Erhöhung der Kapitalanforderungen von bis zu 11,1 Prozent führen würden. Allein dies verdeutlicht die Tragweite der Baseler Vorschläge und die Notwendigkeit, dass die europäische Umsetzung mit Augenmaß erfolgen muss, um risikoarme Geschäftsmodelle nicht unverhältnismäßig zu belasten.

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