2021 Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause. JAHRESBERICHT Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen Jahresbericht 2021
JAHRESBERICHT 2021 Herausgeber Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband e.V. Friedrichstraße 83 10117 Berlin Telefon: (0 30) 20 225-53 81 Internet: www.lbs.de E-Mail: lbs-info@dsgv.de Herstellung DCM • Druck Center Meckenheim Printed in Germany 2022 Der Bericht wurde im Juli 2022 abgeschlossen. ID-Nr. 22123299
Inhalt Inhalt 05 Vorwort 06 I. Vermögensbildung und Bausparen 09 II. Nachhaltigkeit 13 III. Wohneigentumsbildung und Wohnungspolitik 13 1. Immobilienmarkt 17 2. Wohneigentumsbildung und -förderung 22 IV. Bausparen und Finanzieren 22 1. Neugeschäft 23 2. Vertragsbestand 23 3. Kundenstruktur 24 V. Regulatorik 27 VI. Recht 27 1. Geldwäscheprävention 29 2. FATCA/OECD-Standard für den zwischenstaatlichen steuerlichen Informationsaustausch 30 3. Gesetzgebungspaket der EU-Kommission zur Bekämpfung der Geldwäsche 31 4. Bausparkassenrelevante Gesetzgebungsvorhaben 33 5. Aktuelle Rechtsverfahren bei Bausparkassen 35 6. Bausparkassenrelevante Europäische Rechtsentwicklungen 37 VII. LBS im Dialog 38 VIII. Die LBS-Gruppe 47 IX. Statistische Übersichten
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5 Vorwort Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, Inflation und rasant steigende Kreditzinsen. Selten war die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Perspektiven so groß wie derzeit. Als erstaunlich robust hat sich bisher der deutsche Wohnimmobilienmarkt erwiesen. Bisher sind keine Preiseinbrüche zu verzeichnen, allenfalls eine gewisse Preisberuhigung. Für Bau- und Kaufwillige heißt das: Sie müssen sich weiter nach der Decke strecken und viel Eigenkapital mitbringen, um sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen zu können. Ein knappes Angebot an Objekten (vor allem im Neubau), steigende Energiepreise, Material- und Handwerkermangel sowie steigende Finanzierungskosten drücken auf die Erschwinglichkeit von Wohneigentum. Für spürbare Entlastung in diesem Umfeld sorgen die Landesbausparkassen. Sie können vielen ihrer 7,5 Millionen bestehenden, aber auch neuen Kundinnen und Kunden mit zinsgünstigen Darlehen unter die Arme greifen. Die hohe Nachfrage nach langfristig abgesicherten Krediten prägte bereits das gute Geschäftsjahr 2021, in dem die LBS-Gruppe Bausparmittel in Höhe von 9,2 Milliarden Euro auszahlte. Im laufenden Jahr erleben die Landesbausparkassen einen Boom bei Bausparfinanzierungen. Der Grund liegt auf der Hand: Bauherren und Käufer wollen ihre Finanzierung vor dem Risiko weiter steigender Zinsen bestmöglich absichern. Sichere Eigenkapitalbildung gepaart mit dem Schutz vor dem Risiko steigender Zinsen – das ist die Kernidee des Bausparens, die jetzt eine Renaissance erlebt. Mit dem Ausstieg der EZB aus der Null- und Negativzinspolitik und den im Vorgriff bereits rapide angestiegenen Baugeldzinsen wird der Nutzen eines Bausparvertrages wieder sichtbar. Gleichzeitig – und das ist der berühmte Wermutstropfen – werden die Bausparkassen in ihren Möglichkeiten auch gebremst, Darlehen auszureichen. Aus Sorge vor kreditfinanzierten Preisblasen auf dem Immobilienmarkt hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) alle Kreditinstitute ausnahmslos mit „makroprudenziellen Maßnahmen“ belegt, die im Ergebnis dieDarlehensvergabe begrenzenund teurermachen. Dass die BaFin nicht bereit war, die Bausparkassen insbesondere vom sogenannten Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienkredite auszunehmen, ist allenfalls aufsichtspolitisch nachvollziehbar. In der Sache verpasst die Aufsicht die Chance, das Bausparwesen noch intensiver für ihre eigenen Zwecke der Finanzmarktstabilität zu nutzen. Bausparfinanzierungen sind risikoarm und traditionell ein stabilisierendes Element im deutschen Wohnungsbaufinanzierungssystem. Wie wichtig gerade jetzt ein leistungsfähiger Kreditsektor ist, zeigt der Blick auf die wohnungs- und klimapolitische Agenda. Dort steht nicht nur das (inzwischen wohl unrealistische) Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zur Entlastung des weiterhin angespannten Wohnungsmarktes, sondern auch die Generationenaufgabe, den Gebäudebestand in Deutschland in Richtung CO2-Neutralität zu modernisieren. Dem selbstgenutzten Wohneigentum kommt auf beiden Gebieten eine Schlüsselrolle zu. Obwohl die Menschen in den eigenen vier Wänden wohnen wollen, war die Wohneigentumsquote in Deutschland zuletzt sogar leicht rückläufig. Das kann nicht im Interesse des Staates sein, der sich aufgrund der demografischen Entwicklung beim Thema Alterssicherung immer größeren Lasten ausgesetzt sieht. Alle Empirie zeigt: Wer in jungen Jahren Wohneigentum erwirbt, baut erfolgreich Vermögen auf und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit später nicht den öffentlichen Kassen zur Last fallen. Der Staat sollte deshalb alles dafür tun, dass Erwerbshindernisse gesenkt werden. Dazu gehört neben einer Entlastung bei der Grunderwerbsteuer eine Nachfolgeregelung für das auslaufende Baukindergeld, mit der insbesondere das Eigenkapital gestärkt wird. Auch bei der Klimawende im Gebäudebestand können die selbstnutzenden Wohneigentümer eine treibende Kraft sein, wenn sie mit einem klugen Mix aus Fordern und Fördern mitgenommen werden. Von der Eigentumswohnung in der Stadt bis zum freistehenden Eigenheim auf dem Land – Millionen von Wohneigentümer mit passgenauen Beratungsangeboten zu erreichen, wird eine Herkulesaufgabe sein. Die Landesbausparkassen werden im Verbund mit den Sparkassen ihre flächendeckende Präsenz nutzen, um den Staat bei dieser Kraftanstrengung zu unterstützen. Jörg Münning Axel Guthmann Vorsitzender Verbandsdirektor Jörg Münning Axel Guthmann
6 JAHRESBERICHT 2021 I. Vermögensbildung und Bausparen Bis vor wenigen Monaten war es noch schwierig zu vermitteln, weshalb es auch in Zeiten extrem niedriger Zinsen sinnvoll ist, einen Bausparvertrag zu haben oder abzuschließen. Viele Menschen haben gar nicht mehr daran geglaubt, dass die Kapitalmarktzinsen in absehbarer Zeit wieder steigen können. Im Gefolge von Corona und beschleunigt durch Russlands Angriff auf die Ukraine ist die Zinswende nun schneller gekommen, als dies auch von Experten für möglich gehalten wurde. Drei Monate nach Kriegsbeginn hatten sich die Bauzinsen bereits auf über 3 Prozent verdreifacht. Plötzlich erklären sich die Vorteile des Bausparens wieder fast von selbst. Mithilfe eines Bausparvertrags kann das Kunststück gelingen, das heutige, im historischen Vergleich immer noch moderate Zinsniveau für die Zukunft zu konservieren. Bausparen sichert günstige Zinsen Das gilt natürlich für das klassische Bausparen: Heute in einen Bausparvertrag einzahlen, morgen nicht nur über Ersparnisse, sondern auch über ein zinsgünstiges Bauspardarlehen verfügen können. Aber auch für jene angehenden Wohneigentümer, die kurz vor dem Hausbau oder -kauf stehen, ist der Bausparzug noch nicht abgefahren. Nicht zuletzt die Stiftung Warentest verweist immer wieder darauf, dass sogenannte Bausparkombikredite eine gute Möglichkeit sind, sich sehr langfristig Zinssicherheit zu schaffen. Diese Finanzierungsmodelle verknüpfen einen Vorfinanzierungskredit, für den lediglich Zinsen anfallen, mit einem Bausparvertrag, über dessen Besparung in 10 oder 15 Jahren der Anspruch auf ein Bauspardarlehen entsteht. Mit diesem wird der Vorfinanzierungskredit abgelöst. So lassen sich die günstigen Zinsen von heute noch für eine über 20 oder 30 Jahre laufende Finanzierung nutzen. Doch die Zinssicherung ist nicht das einzige Argument, das für das Bausparen spricht. Warum es außerdem eine gute Idee ist: Bausparen macht Baufinanzierungen günstiger Wer ein Bausparguthaben und ein Bauspardarlehen in seine Baufinanzierung einbringen kann, benötigt weniger Geld von seiner Sparkasse oder Bank. Und dies hat einen großen Vorteil, den die Stiftung Warentest ebenfalls regelmäßig herausstellt: Immobilienkäufer bekommen das benötigte Bankdarlehen in der Regel günstiger, wenn sie einen Teil der Finanzierungssumme bereits über den Bausparvertrag abdecken können. Der einfache Grund dafür ist, dass das Risiko für die Bank geringer ist, je kleiner die Kreditsumme im Vergleich zum Immobilienwert ist. Zudem können Bauspardarlehen im Grundbuch oft nachrangig besichert werden – auch das macht sie aus Sicht anderer Kreditinstitute als Finanzierungsbaustein attraktiv und kann zu günstigeren Zinskonditionen beitragen. Bausparen bildet Eigenkapital Die Immobilienpreise kannten in den vergangenen Jahren nur eine Richtung – sie sind gestiegen. Dadurch hat sich ein Problem besonders verschärft: Selbst wenn die Einkommen wegen der günstigen Zinskonditionen oftmals noch genügt hätten, um die Kreditraten zu stemmen, reichten die Ersparnisse oft nicht, um den nötigen Eigenkapitalanteil zu erbringen. Nach Berechnungen von empirica hatten bereits im Jahr 2018 gerade einmal 3 Prozent der Mieter im Alter zwischen 30 und 40 Jahren genug Eigenkapital, um sich eine Immobilie zum Preis von 450.000 Euro leisten zu können. Deshalb sind niedrige Zinsen auch kein Argument nicht zu sparen. Denn nur wer heute Geld auf die hohe Kante legt, hat in einigen Jahren wenigstens einen Grundstock an Eigenkapital. Bausparer sind früher amZiel Quelle: empirica/LBS Research Haushalte mit Bausparvertrag Haushalte ohne Bausparvertrag Bausparer Monatlicher Sparbetrag (in Euro) Wohneigentumserwerber (Anteile in Prozent) Erwerbsalter (Durchschnitt) 718 € sparen mehr werden häufiger Eigentümer sind jünger 39 Jahre 616 € 41 Jahre 60% 40%
7 I. Vermögensbildung und Bausparen Und auch wenn es eine Anleger-Binsenweisheit ist: Sparen ohne dem Risiko von Wertschwankungen auf den Aktienmärkten ausgesetzt zu sein – das bieten Bausparverträge. Und besonders sinnvoll ist die Eigenkapitalbildung mit Bausparen eben dann, wenn das an die Sparleistung gekoppelte Darlehen zur wohnungswirtschaftlichen Verwendung früher oder später in Anspruch genommen wird. Bauspardarlehen sind flexibel Der große Charme eines Bauspardarlehens ist auch, dass es jederzeit getilgt werden kann, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung an das Kreditinstitut, in diesem Fall also an die Bausparkasse, zu leisten ist. Wer bald mit einer Erbschaft oder anderen größeren Geldeingängen rechnet, weiß diese Option zu schätzen. Bauspardarlehen eignen sich gut für energetische Modernisierungen Früher oder später ist es soweit: Immobilienbesitzer müssen oder wollen ihr Zuhause wieder auf Vordermann bringen: Sei es, dass die Heizung kaputt geht, das Dach undicht wird oder das Projekt energetische Sanierung angegangen werden soll. Für solche Zwecke sollte ohnehin jeder Eigentümer Geld beiseitelegen. Wird es in einen Bausparvertrag gesteckt, steht für größere Vorhaben überdies ein günstiger Kredit zur Verfügung. Banken verlangen für Ratenkredite in vergleichbaren Größenordnungen in der Regel weit höhere Zinsen. Gerade mit Blick auf den steigenden Bedarf an und teils eben auch die Pflicht zu energetischen Modernisierungen ist ein Bausparvertrag eine empfehlenswerte Sparform auch für all jene Menschen, die den Sprung in die eigenen vier Wände schon gemeistert haben. Last but not least: Bausparen wird vom Staat gefördert Genaugenommen ist es der Sparprozess für den späteren Erwerb vonWohneigentum, den der Staat in erster Linie mit der Wohnungsbauprämie unterstützt. Grund dafür ist, dass dem selbst genutzten Wohneigentum eine Schlüsselrolle beim Vermögensaufbau und damit auch bei der Verringerung von Vermögensungleichheit zukommt, wie auch internationale Vergleiche immer wieder zeigen. Um das nötige Eigenkapital vorweisen zu können, wenn der Kauf oder Bau der eigenen vier Wände ansteht, ist es wichtig, möglichst frühzeitig mit dem gezielten Sparen zu beginnen. Und zwar auch dann, wenn das Einkommen vermeintlich noch zu knapp dafür ist. Um diese Sparanstrengung zu erleichtern und zu belohnen, gibt es bereits seit 70 Jahren die Wohnungsbauprämie. Im Jahr 2021 wurden erstmals nach mehr als zwei Jahrzehnten die Einkommensgrenzen und der maximal förderfähige Sparbetrag an die Inflation angepasst – und sogar die Fördersätze von 8,8 auf 10 Prozent angehoben (Grafik). Wie gut die Förderung geeignet ist, Menschen zum Bausparen zu motivieren und ihnen auf diese Weise ins eigene So wird die Vermögensbildung in Deutschland gefördert Wohnungsbauprämie Arbeitnehmersparzulage Single Verheiratete Single Verheiratete Maximale geförderte Sparleistung pro Jahr 700 € 1.400 € 470 € 940 € Fördersatz 10 % 9 % Maximale jährliche Sparzulage 70 € 140 € 42,30 € 84,60 € Einkommensgrenze (zu versteuerndes Jahreseinkommen) 35.000 € 70.000 € 17.900 € 35.800 €
8 JAHRESBERICHT 2021 Heim zu verhelfen, das hat eine Untersuchung des Berliner Forschungsinstituts empirica für die LBS-Bundesgeschäftsstelle bereits vor einigen Jahren gezeigt – und es wurde von der offiziellen Evaluation durch das DIW Ende 2020 noch einmal bestätigt: Demnach sind WohnungsbauprämienBerechtigte häufiger Bausparer als nicht Förderberechtigte. Generell sparen Bausparer mehr als Nicht-Bausparer – und sie werden häufiger und jünger zu Wohneigentümern. Dieser Befund spricht dafür, die Inflationsanpassung auch bei der kleinen Schwester der Wohnungsbauprämie nachzuholen: Die Arbeitnehmersparzulage ist der zweite Baustein in der staatlichen Förderung der Vermögensbildung von Haushalten mit kleineren Einkommen. Anders als die Wohnungsbauprämie richtet sich die Arbeitnehmersparzulage jedoch ausschließlich an abhängig Beschäftigte, und sie ist gekoppelt an die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers: Nur, wenn diese überhaupt gezahlt und in eine förderfähige Sparform angelegt werden – also in Wertpapiere oder einen Bausparvertrag –, können die Förderberechtigten die staatliche Zulage erhalten. Die Arbeitnehmersparzulage hat ebenfalls eine lange Tradition: Sie wurde mit dem ersten Vermögensbildungsgesetz im Jahr 1961 eingeführt und seitdem mehrfach angepasst, zuletzt allerdings 1999. Da die Einkommensgrenzen tiefer angesetzt sind als bei der Wohnungsbauprämie, ist die unweigerliche Folge, dass es noch weniger potenziell Begünstigte gibt. Schon wer heute Vollzeit zum Mindestlohn beschäftigt ist, hat keinen Anspruch mehr auf die Arbeitnehmersparzulage. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass im Prinzip nur Teilzeitbeschäftigte bei der Vermögensbildung staatlich unterstützt werden können. Tatsächlich bezogen zuletzt schätzungsweise gerade noch 2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Sparförderung. Die dritte Chance auf eine staatliche Förderung des Sparens für Wohneigentum bietet die Eigenheimrente, auch „WohnRiester“ genannt. Im Rahmen der sogenannten RiesterRente ist auch die Wohneigentumsbildung förderfähig. Gewährt wird eine Grund- und eine Kinderzulage zu den Einzahlungen in Bausparverträge. Diese Zulagen werden verrechnet mit einer späteren Einkommensteuerrückerstattung durch die Abzugsfähigkeit von Sparbeiträgen bis zu einer Höhe von 2.100 Euro im Jahr. Da im Gegenzug die Auszahlungen aus der Riester-Rente im Alter versteuert werden müssen, kommt die Förderung vor allem Beziehern niedriger und mittlerer Einkommen zugute – jenen nämlich, bei denen die Zulage höher ausfällt als die theoretische Steuerersparnis. Besonders attraktiv kann die Eigenheimrente sein, wenn die Zulagenförderung auch zur Tilgung von Wohnungsbaudarlehen eingesetzt wird. Welchen Weg die von der Politik schon lange geplante Reform der geförderten privaten Altersvorsorge einschlagen wird, ist derzeit kaum absehbar. Solange es die attraktive Zulagenförderung gibt, sollten Bau- und Kaufwillige auf jeden Fall prüfen, ob sich Wohn-Riester für sie lohnt. In den meisten Fällen, vor allem bei Familien mit Kindern, ist dies der Fall. Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales Maximale Zulagen in Euro Vermögensaufbau mit Wohn-Riester Jährliche Grundzulage Single Euro Verheiratet Euro Einmaliger Starter-Bonus für unter -jährige Euro Jährliche Kinderzulage je Kind Euro + +
9 II. Nachhaltigkeit II. Nachhaltigkeit Die Klimawende imWohneigentum – eine Herkulesaufgabe Hitze, Dürre, Waldbrände heute, Regenfluten und heftige Stürme morgen – auch Deutschland spürt den Klimawandel immer stärker. Deshalb sind sich Politik und Gesellschaft weitestgehend einig, dass alles Menschenmögliche zu tun ist, um die Entwicklung noch zu bremsen. Und das heißt CO2 sparen. Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. Alle Sektoren, von der Landwirtschaft über die Industrie und den Verkehr bis hin zu den Gebäuden sollen sich Schritt für Schritt auf einem vorgegebenen Reduktionspfad diesem Ziel nähern. Im Jahr 2021 war der Gebäudesektor – neben dem Verkehr – besonders weit von seiner Vorgabe entfernt: Knapp 116 Millionen Tonnen Treibhausgas gemessen in CO2-Äquivalenten standen zu Buche, 113 Millionen Tonnen hätten es nur sein dürfen – und bis 2030 muss als erster Zwischenschritt eine Verminderung auf 67 Millionen Tonnen erreicht sein. Nach Angaben des Umweltbundesamts entfielen 2021 rund 15 Prozent der deutschen Treibhausgase auf den Gebäudebereich. Knapp drei Viertel dieser Emissionen sind privaten Haushalten zuzurechnen, die übrigen dem Gewerbe und Militär. Bezieht man jene Emissionen mit ein, die zwar durch den Verbrauch von Strom und Fernwärme in Gebäuden entstehen, aber in der Sektorenbetrachtung gemäß dem Klimaschutzgesetz der Energieerzeugung zugerechnet werden, geht sogar mehr als ein Drittel der Treibhausgase auf das Konto von Immobilien. Das Statistische Bundesamt weist in seiner umweltökonomischen Gesamtrechnung aus, wie sich die CO2-Emissionen beimWohnen verteilen (Grafik): Allein zwei Drittel des Kohlendioxids, das die Bundesbürger in ihren vier Wänden produzieren, entfallen auf das Heizen. Mit einem Anteil von 12 Prozent folgen an zweiter Stelle das warme Wasser und an dritter Stelle Elektronik und Elektrogeräte, die nicht zum Kochen, Waschen und Spülen benötigt werden. Wo die großen Einsparpotenziale liegen, ist damit klar. Wie dringend es geworden ist, sie zu heben, macht die Explosion des Gaspreises infolge der ausbleibenden Erdgas-Lieferungen aus Russland mehr als deutlich. Einfach wird es jedoch nicht, denn Mangel herrscht nicht nur an Gas, sondern es fehlt auch an Handwerkern und Material, um den energetischen Umbau zu bewältigen. Sanierung und Modernisierung des Gebäudebestands werden dadurch extrem teuer und es läuft auch schlicht die Zeit davon. Zu den guten Nachrichten in dieser Situation gehört es, dass die Energiewende im Gebäudesektor nicht an der grundsätzlichen Bereitschaft der privaten Wohneigentümer scheitern wird. Laut KfW-Energiewendebarometer sind die Bewohner von Eigenheimen weiterhin Vorreiter in Sachen Klimaschutz. 41 Prozent haben mindestens eine Technologie wie Solarthermie, Photovoltaik, Wärmepumpen oder auch ein Elektroauto im Einsatz. In Mehrfamilienhäusern ist der Klimaschutz demgegenüber weit weniger präsent: Nur gut jeder fünfte Wohnungseigentümer nutzt eine der abgefragten Technologien, unter den Mietern nicht einmal jeder Sechste. Aber immerhin: Es werden hier wie dort von Jahr zu Jahr mehr. Fast drei Viertel der Wohnungen in Deutschland, die mit erneuerbaren Energieträgern beheizt werden, werden von Die CO2-Emissionen des Wohnens Kohlendioxid-Emissionen privater Haushalte im Bereich Wohnen in Millionen Tonnen Quelle: Statistisches Bundesamt Direkte Emissionen: vor allem durch Verbrennung von Energieträgern zur Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser; indirekte Emissionen: vor allem durch Produktion von Strom und Fernwärme in Kraftwerken für private Haushalte 256 232 227 213 215 219 Direkte Emissionen Indirekte Emissionen 2000 2005 2010 2015 2018 2019 110 107 105 95 93 146 125 122 118 126 91 124 68 % Raumwärme Elektrogeräte, Elektronik 11 % Warmwasser 12 % Beleuchtung 2 % Kochen, Waschen 7 % 100% davon:
10 JAHRESBERICHT 2021 ihren Eigentümern bewohnt. Damit übersteigt der Anteil der Selbstnutzer an den klimafreundlichen Wohnungen ihren allgemeinen Anteil an den Wohnungen und Häusern von 46,5 Prozent deutlich. Insgesamt wurden bei der letzten Erhebung des Mikrozensus 2018 in Deutschland 2,1 Millionen Wohnungen überwiegend mit Holz, Biomasse und Sonnenenergie sowie durch Wärmepumpen geheizt. Das waren zwar nur knapp 6 Prozent aller Wohnungen in Deutschland, in Gebäuden ab Baujahr 2011 jedoch beträgt der Anteil der regenerativ erwärmten Wohnungen bereits 32 Prozent – und inzwischen dürfte es noch ein wenig besser aussehen. Auch angehende Wohneigentümer kommen an den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit nicht mehr vorbei. Jeder dritte Immobilienvermittler von LBS und Sparkassen hat zuletzt die Erfahrung gemacht, dass das Thema bei der Immobiliensuche eine Rolle spielt (Grafik). Dabei ist der Wunsch nach einem klimafreundlichen Zuhause vor allem kostengetrieben. An erster Stelle steht das Bestreben, die Energieausgaben zu senken und Fördermittel nutzen zu können. Aber auch den Werterhalt der eigenen vier Wände haben Immobilienkäufer im Blick. Weil der gute Wille und das Kostenbewusstsein allein wohl nicht genügen werden, um das Wohnen rechtzeitig genug Fördermöglichkeiten Anfang des Jahres 2022 machte der Stopp der Förderung von energieeffizienten Neubauten Schlagzeilen. Inzwischen ist der höchste Standard Effizienzhaus 40 (mit einem Energiebedarf von 40 Prozent des Referenzgebäudes gemäß dem Gebäudeenergiegesetz) wieder förderfähig – allerdings nur, wenn er zusätzlich mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude zertifiziert ist. Für das Jahr 2023 soll es noch einmal neue Förderbedingungen für den Neubau geben. Im Sommer kam der nächste Schlag: Die Förderung der energetischen Sanierung wird verändert – und damit auch spürbar eingeschränkt: Die KfW fördert lediglich komplette Sanierungen zum Effizienzhaus und vergibt dafür keine Zuschüsse mehr, sondern nur noch Kredite in Verbindung mit verringerten Tilgungszuschüssen und neuen Zinsverbilligungen. Letztere kompensieren allerdings lediglich Kreditkosten, die es lange Zeit nicht gab. Gegenüber der Kreditaufnahme am freien Markt ist das ein Vorteil, im Vergleich zur Situation zuvor allerdings eine deutliche Verschlechterung. Einzelmaßnahmen wie Dämmung, neue Fenster und Türen oder der Austausch der Heizung werden im Gegenzug ausschließlich über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und nur noch mit – reduzierten – Zuschüssen gefördert. Gasbetriebene Heizungen werden gar nicht mehr bezuschusst. Dafür gibt es einen Bonus von 10 Prozent für den Einbau einer Wärmepumpe. Unverändert bestehen bleibt zunächst die steuerliche Förderung der Einzelmaßnahmen in Form eines Abzugs von der Steuerschuld. Ob Einzelmaßnahme oder Sanierung zum Effizienzhaus – empfehlenswert und auch förderfähig ist in jedem Fall eine vorherige Energieberatung einschließlich der Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP). Ein solcher Fahrplan stimmt die Sanierungsschritte sinnvoll aufeinander und auch auf die finanziellen Möglichkeiten des Auftraggebers ab. Die Umsetzung eines iSFP wird allerdings nur noch in wenigen Fällen mit einem Förderbonus von 5 Prozent belohnt. Nachhaltigkeit beim Immobilienkauf So viel Prozent der befragten Immobilienexperten gaben an, dass angehende Wohneigentümer auf diese Nachhaltigkeitsaspekte besonders achten Quelle: LBS Research Befragung von 419 Immobilienexperten der Landesbausparkassen und Sparkassen Ende 2021/Anfang 2022 Senkung der Energiekosten 82 % 72 % Senkung der Baukosten durch Fördermittel 55 % Werterhalt oder Wertsteigerung der Immobilie durch nachhaltige Bauweise 29 % Senkung der bisherigen CO2-Emissionen 28 % Nachhaltiges, ökologisches Wohnen
11 II. Nachhaltigkeit klimaneutral zu machen und den schnellstmöglichen Gasausstieg zu schaffen, setzt die Bundesregierung offensichtlich zunehmend auf die Strategie „mehr fordern, weniger fördern“. Der Einbau neuer Gasheizungen beispielsweise wird bald nicht mehr möglich sein, alte Gasheizungen sollen bis 2045 nach und nach ersetzt werden, hybride Technologien bleiben wohl erlaubt, werden aber nicht mehr gefördert. Mit der Ende Juli 2022 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorgelegten Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wurden die Fördersätze und damit auch die höchstmöglichen Zuschussbeträge kräftig zusammengestrichen (siehe Kasten). Wie die Finanzierung der kostspieligen Sanierungen im selbst genutzten Wohneigentum gelingen soll, bleibt weiter eine offene Frage. Einen Teil der Antwort wollen die Landesbausparkassen geben – indem sie ihr Geschäftsfeld Modernisierung und die zugehörige Expertise deutlich ausbauen (siehe Interview). Wie der Klimaschutz im Eigenheim gefördert wird Steuerliche Förderung und Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ab August 2022 Energieberatung, Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) Zuschuss in Höhe von 80 Prozent des förderfähigen Beratungshonorars, maximal 1.300 Euro bei Ein- und Zweifamilienhäusern und maximal 1.700 Euro bei Mehrfamilienhäusern Kostenlose Beratung durch Verbraucherzentralen in Beratungsstellen, online oder telefonisch; Beratung zu Hause für 30 Euro, wenn erforderlich Fachplanung und Baubegleitung Steuerabzug von 50 Prozent der Aufwendungen Alternativ: Zuschuss von 50 Prozent der förderfähigen Kosten bis zu maximal 5.000 Euro pro Jahr bei Ein- und Zweifamilienhäusern bzw. 2.000 Euro pro Wohnung in Mehrfamilienhäusern Energetische Sanierung Steuerabzug von 20 Prozent der Aufwendungen für Einzelmaßnahmen, maximal 40.000 Euro, verteilt über drei Jahre Alternativ: Über KfW: Bei Komplettsanierung zum Effizienzhaus Kredit von maximal 150.000 Euro, Tilgungszuschuss zwischen 5 und 30 Prozent (inkl. 5 Prozent Worst-Performing-Building-Bonus) plus Zinsverbilligung, abgestuft nach Standard ab Effizienzhaus 85 Über BAFA: Bei Einzelmaßnahmen (Gebäudehülle, Anlagentechnik) Zuschüsse von bis zu 20 Prozent der förderfähigen Kosten (inkl. Bonus von 5 Prozent bei Umsetzung eines iSFP) Heizung Steuerabzug von 20 Prozent der Aufwendungen für Erneuerung oder Optimierung bestehender Heizungsanlagen, maximal 40.000 Euro, verteilt über drei Jahre Alternativ über BAFA: Zuschüsse zu Optimierung und Erneuerung der Heizung auf Basis regenerativer Energien zwischen 10 und 40 Prozent der förderfähigen Kosten (mit jeweils unterschiedlichen Boni für Umsetzung eines iSFP, Austausch fossiler Heizungen und Einbau einer Wärmepumpe), keine Förderung mehr von gasbetriebenen Heizungen Neubau (oder Kauf eines Neubaus) Förderfähig ist 2022 nur die Stufe Effizienzhaus 40 mit Nachhaltigkeits-Klasse; Kredit von maximal 120.000 Euro mit bis zu 5 Prozent Tilgungszuschuss plus Zinsverbilligung Quellen: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), KfW
12 JAHRESBERICHT 2021 Wohneigentum und Klimaschutz – eine Herkulesaufgabe Drei Fragen an Sabine König, Mitglied der Geschäftsleitung der LBS Hessen-Thüringen Frau König, was hat Bausparen mit Energiesparen zu tun? Es wird oft vergessen, dass hinter der gigantischen Herausforderung, den Gebäudesektor klimaneutral zu machen, Millionen privater Wohneigentümer stecken – Kommunen und große Unternehmen machen zusammen weniger als 20 Prozent des Marktes aus. Die Mehrheit der Immobilienbesitzer sind Menschen, oftmals Familien, von denen viele dachten, sie seien aus dem Gröbsten heraus, oder die ihre Finanzierungen notgedrungen zuletzt knapp kalkulieren mussten. Sie alle stehen jetzt vor neuen finanziellen Belastungen. Helaba Research & Advisory hat überschlägig ausgerechnet, dass rund 1 Billion an Kreditvolumen nötig ist, um jene 30 Millionen Wohnungen klimafit zu machen, die älter als 30 Jahre sind. Zum Glück sind viele der betroffenen privaten Eigentümer ohnehin schon Kunden einer LBS oder Sparkasse, so dass sie einen Ansprechpartner haben, der sie und ihre Wohnverhältnisse kennt. Eins ist vielleicht noch gar nicht genug bekannt – nach einer Phase, in der Bausparen wegen der niedrigen Zinsen vermeintlich wenig attraktiv schien: Bausparverträge eigenen sich sehr gut, um für künftige Modernisierungen gewappnet zu sein. Warum ist das so? Und wie können die Landesbausparkassen Sanierungswilligen schon jetzt helfen? Wer bauspart, erwirbt zugleich die Option auf ein zinsgünstiges Darlehen. Angesichts dessen, was an Anforderungen auf Wohneigentümer zukommt, vor allem bei der Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf regenerative Energien, wird es wohl immer öfter nötig sein, einen Kredit aufzunehmen. Der Vorteil eines Bauspardarlehens: Es kann bis zu einer Grenze von 50.000 Euro ohne eine mit Kosten verbundene grundpfandrechtliche Sicherung vergeben werden. Und es garantiert niedrige Zinsen. Und auch wer die technische Entwicklung noch ein paar Jahre abwarten möchte, kann mit einem Bausparvertrag heute schon zielgerichtet Geld für die zukünftige Investition zurücklegen. Zudem kennen sich die Kolleginnen und Kollegen in der Beratung mit dem Thema Modernisierung aus, haben Kontakte zu Energieberatern und – besonders hilfreich, weil es immer komplizierter wird – denken auch an die Förder-Anforderungen der KfW. Und was ist für die Zukunft geplant? Eine gute Beratung ist der Schlüssel zur erfolgreichen energetischen Modernisierung, aber die Expertinnen und Experten sind bekanntlich genauso rar wie die entsprechenden Fachkräfte im Handwerk. Diese Beratungslücke systematisch zu schließen, dabei wollen die Landesbausparkassen helfen. Zunächst zum Beispiel mit dem Aus- und Aufbau von Kooperationen mit regionalen, lokalen und nationalen Energieberater-Netzwerken. Ein wichtiges Feld ist aber auch die Weiterbildung unserer eigenen Mitarbeiter. Außerdem bieten wir nützliche Online-Tools an wie einen Modernisierungskostenrechner und demnächst auch einen Förderrechner. Bald startet auch unsere neue Kampagne, die ein besonderes Augenmerk auf die Zielgruppe der Modernisierer und Sanierer legen wird.. Sabine König
13 III. Wohneigentumsbildung und Wohnungspolitik III. Wohneigentumsbildung und Wohnungspolitik 1. Immobilienmarkt Einen solchen Preisanstiegwie im Jahr 2021 haben die Immobilienvermittler der Landesbausparkassen (LBS) und Sparkassen noch nie beobachtet: Gebrauchte Einfamilienhäuser beispielsweise verteuerten sich der jährlichen Erhebung für die LBS-Analyse „Markt für Wohnimmobilien“ zufolge in den vergangenen beiden Jahren imDurchschnitt um10 Prozent – pro Jahr. Die extremsten Preissprünge bei den Eigenheimen gab es dort, wo das Preisniveau bisher vergleichsweise niedrig war: Im Brandenburger Südwesten betrug das jährliche Plus satte 28 Prozent, im Nordosten des Landes 23 Prozent. Diese Entwicklung ist eine Folge der Verdrängung vor allem von Familien aus der Hauptstadt in deren Umland. Aber auch im ohnehin schon sehr teuren Regierungsbezirk Oberbayern kletterten die Preise für ältere Einfamilienhäuser um weitere 16 Prozent. Moderater verlief die Entwicklung zuletzt dagegen im mittleren Rheinland-Pfalz, in den bayerischen Regierungsbezirken Schwaben und Niederbayern sowie im südlichen Sachsen, wo die Preise 2020 und 2021 im Jahresdurchschnitt umweniger als 4 Prozent zugelegt haben. Nach Einschätzung der gut 560 für den „Markt für Wohnimmobilien“ befragten LBS-Fachleute aus ganz Deutschland war zu Beginn des Jahres auch für 2022 keine Entspannung in Sicht. Ob Haus, Wohnung oder Bauland – die Marktkenner rechneten in allen Segmenten mit einer weiter steigenden Nachfrage. Demgegenüber hielten sie die Entwicklung des Angebots für unzureichend, lediglich neue Eigentumswohnungen kämen zahlreicher auf den Markt. Unter dem Strich entstünde ein noch stärkerer Preisdruck, als in jeder Befragung zuvor erwartet wurde. Unsichere Zeiten Doch selten in der jüngeren Vergangenheit, nicht einmal in den beiden zurückliegenden Pandemie-Jahren, waren die Zeiten in Deutschland so unsicher wie in diesem Jahr. Seit dem 24. Februar 2022, als Russland seinen Angriff auf die Ukraine begonnen hat, herrscht wieder Krieg in Europa. In Kombination mit Chinas repressiver Bekämpfung des Corona-Virus führt dies auch zu weiteren tiefen ökonomischen Einschnitten. Die Lieferketten sind abermals gerissen, es herrscht in allen Bereichen Knappheit, die Energiepreise explodieren. In der Folge werden die Verbraucherpreise in Deutschland 2022 voraussichtlich so stark steigen wie seit den 1970er Jahren nicht mehr: Die Bundesbank rechnet mit einer Inflation von deutlich über 7 Prozent. Die EuropäEntwicklung der Immobilienpreise Quelle: LBS Research 0,0 0,0 In Groß- und Mittelstädten sowie ausgewählten regionalen Zentren; jeweils von Frühjahr zu Frühjahr –1,8 1,8 5,4 5,2 4,9 6,3 5,9 8,2 7,8 7,1 7,8 10,1 –3,5 –1,7 –1,7 –1,7 Durchschnittliche jährliche Veränderung der Preise für gebrauchte Einfamilienhäuser über jeweils zwei Jahre, in Prozent 2003–2005 2004–2006 2005–2007 2006–2008 2007–2009 2008–2010 2009–2011 2010–2012 2011–2013 2012–2014 2013–2015 2014–2016 2015–2017 2016–2018 2017–2019 2018–2020 2019–2021 2020–2022
14 JAHRESBERICHT 2021 ische Zentralbank hat im Juli 2022 das erste Mal seit 11 Jahren die Zinsen angehoben und dies gleich um 0,5 Prozentpunkte. Die Bauzinsen sind unter anderem in Erwartung von Zinsschritten schon im Frühjahr in die Höhe geschossen. Welchen Einfluss die augenblickliche Gemengelage auf die Immobilienpreise haben wird, ist nur schwer abzuschätzen. Fest steht: Im Zusammenspiel von Preisen, Zinsen und Einkommensentwicklung sind Immobilien in ganz Deutschland weniger erschwinglich geworden, in den Städten nahezu unerschwinglich. Dies wird die Nachfrage der privaten Wohnungskäufer dämpfen. Auf der anderen Seite benötigen zahlreiche Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine eine Unterkunft – ob dauerhaft oder vorübergehend, ist unsicher. Aber der Bedarf anWohnungen nimmt durch sie vorerst weiter zu. Das Angebot an Wohnungen jedoch wird infolge des Material- und Fachkräftemangels weiter knapp bleiben. Schon 2021 machten sich Anzeichen von Ernüchterung breit: Zwar wurden 381.000 Wohnungen genehmigt – und damit noch einmal deutlich mehr als im Jahr zuvor. Doch die Bauwirtschaft kommt offensichtlich immer weniger dazu, diese Wohnungen auch zu errichten. Und so ist die Zahl der Fertigstellungen erstmals nach zehn Jahren beständigem Anstieg sogar wieder leicht gesunken – auf nur noch 293.000 Wohneinheiten (Grafik). Damit rückt das Wohnungsbauziel der Bundesregierung schon am Anfang der Legislaturperiode in den Bereich des Unrealistischen. Unter diesen Vorzeichen erscheint derzeit eine Beruhigung der Immobilienpreise wahrscheinlicher als ein substanzieller Rückgang. Für all jene, die gerade auf der Suche nach einer Immobilie sind, ist das keine gute Nachricht, wohl aber für jene, die ihr Heim verkaufen wollen oder müssen – und damit auch für die Banken und das gesamte Finanzsystem. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass die deutschen Kreditinstitute ihre Immobiliensicherheiten überschätzt haben könnten, was beispielsweise vom Ausschuss für Finanzstabilität immer wieder als Risiko dargestellt wird. Wohnimmobilien sind solide finanziert Dass die Wohnimmobilienfinanzierung in Deutschland auf sicheren Füßen steht, hat zuletzt auch eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bestätigt. Demnach ist das Kreditvolumen nicht übermäßig gestiegen, sondern im In Einfamilien-/Zweifamilienhäusern In Mehrfamilienhäusern (einschließlich Wohnheimen) Im Bestand durch Um- und Ausbau sowie in neuen Nichtwohngebäuden Entwicklung der Baugenehmigungen in Deutschland In 1.000 Einheiten Quelle: Statistisches Bundesamt 119 201 48 201 103 44 348 172 84 34 291 193 71 34 297 167 69 32 269 145 66 29 241 146 71 31 248 95 62 26 183 88 60 26 175 90 64 24 178 95 70 23 188 111 89 28 228 107 106 28 241 110 127 35 272 107 139 39 285 116 152 45 313 118 198 59 375 113 187 48 348 111 192 45 347 368 112 199 49 361 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 126 203 52 381 2021 71 31 274 172
15 III. Wohneigentumsbildung und Wohnungspolitik Rahmen dessen, was aufgrund des Immobilienpreisanstiegs zu erwarten war. Die Kreditkonditionen waren sicherheitsorientiert und sind es nach wie vor – wie auch der Bank Lending Survey der Europäischen Zentralbank für das zweite Quartal 2022 ergeben hat. Das Wichtigste aber ist: Die Anschlussfinanzierungen auslaufender Immobilienkredite dürften in der Regel auch bei einem Zinsanstieg von den Kreditnehmern zu stemmen sein. Der Grund dafür ist, dass die niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre für höhere Tilgungen genutzt wurden und die verbliebenen Restschulden deshalb auch bei höheren Zinsen keine Überforderung verursachen dürften. Die Studienautoren Michael Voigtländer und Jonas Zdrzalek kommen zu dem Schluss, dass für die Banken kein größeres Risiko bestehe, weil dies nur dann der Fall sei, wenn erstens die Kreditbelastung für den Haushalt nicht mehr tragbar sei und zweitens der Verkaufspreis für die Immobilie nicht ausreiche, um die Restschuld zu decken. „Dies würde nur dann gelten, wenn der Immobilienpreis um mehr als 50 Prozent seit Kreditabschluss gefallen wäre – selbst bei einem Crash am Immobilienmarkt stellt dies derzeit kein realistisches Szenario dar“, so das Fazit. Makroprudenzielle Regulierung zur Unzeit Trotz der sicherheitsorientierten und stabilen Finanzierung von Wohnimmobilien hat die Finanzaufsicht zu Beginn des Jahres 2022 zu makroprudenziellen Maßnahmen gegriffen und die Eigenkapitalanforderungen verschärft: Der antizyklische Kapitalpuffer wurde von 0 auf 0,75 Prozent angehoben und zusätzlich ein Systemrisikopuffer auf Wohnimmobilienkredite in Höhe von 2 Prozent aktiviert. Beide Puffer müssen von den Kreditinstituten bis Februar 2023 aufgebaut sein. Doch dies bringt auch Kosten mit sich. Voigtländer und Zdrzalek merken an, dass schon jetzt vielen Haushalten der Sprung ins Wohneigentum misslinge, weil ihnen das Eigenkapital fehle. Wenn nun noch eine harte Grenze für die Beleihung der Immobilie eingezogen würde, also eine Vorgabe für die maximale Relation des Darlehensvolumens zum Immobilienwert gemacht würde, nähme dies noch mehr Haushalten die Chance auf Wohneigentum, ohne dass es mit einer signifikanten Verbesserung der Finanzstabilität verbunden wäre. Klar ist: Ganz gleich, auf welchem Weg die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten reguliert wird – es geht eine KreIn Einfamilien-/Zweifamilienhäusern In Mehrfamilienhäusern (einschließlich Wohnheimen) Im Bestand durch Um- und Ausbau sowie in neuen Nichtwohngebäuden Wohnungsbaufertigstellungen In 1.000 Einheiten Quelle: Statistisches Bundesamt 230 139 55 423 185 101 40 326 173 81 36 290 165 71 32 268 177 71 30 278 151 62 29 242 150 71 28 249 124 61 25 211 96 56 24 176 84 53 22 159 85 55 20 160 97 64 20 183 100 76 24 200 102 86 26 215 107 109 29 245 103 114 31 248 106 129 42 278 106 139 40 285 103 148 36 287 103 153 37 293 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 108 161 38 306 2020 2021 98 158 37 293
16 JAHRESBERICHT 2021 ditverknappung und -verteuerung damit einher. Die makroprudenziellen Maßnahmen entfalten ihre Wirkung nun aber ausgerechnet in einer Zeit, in der die Zinsen ohnehin steigen. Hinzu kommt, dass die Beseitigung der Wohnraumknappheit sowie der energetische Umbau des Gebäudesektors einschließlich der Abkehr vom Energieträger Erdgas zu den größten Herausforderungen zählen, die Deutschland in näherer Zukunft zu stemmen hat. Das wird nun einfach noch teurer – und dem Staat bleibt kaum etwas anderes übrig, als dagegen anzufördern. Dabei gäbe es effizientere und nebenwirkungsärmere Wege, den Markt für Wohnimmobilien wieder in normalere Fahrwasser zu lenken. Dazu gehört zum einen das Ermöglichen einer ausreichenden Bautätigkeit an den richtigen Orten, und zum anderen weitere – imVorfeld möglichst klar kommunizierte – Leitzinsanhebungen der EZB. Letzteres ist vor allem deshalb so wichtig, weil es eben auch die konsequente Bekämpfung der Inflation ist, die Risiken der Wohnimmobilienfinanzierung mindert: Schließlich könnte gerade der Verlust an Kaufkraft der Einkommen dazu führen, dass die Zahl der privaten Haushalte zunimmt, die ihren Schuldendienst nicht mehr leisten können. Und das ist es, was es zu verhindern gilt. Bausparforschung an der Uni Hohenheim Es war schon immer logisch, nun ist es auch mit ökonomischer Methodik nachvollzogen: Bausparkassen wirken in der Finanzierung von Wohnimmobilien komplementär zu anderen Kreditinstituten und stabilisieren dadurch Häuserpreiszyklen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Julia Braun hat sich dieser Frage im Rahmen ihrer Promotion am Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen der Universität Hohenheim gewidmet. Forschungsansatz war die Modellierung zweier unterschiedlicher Typen von Kreditinstituten – Universalbanken und Bausparkassen – sowie ihrer Kreditvergabeentscheidungen. Das Besondere an Bausparkassen ist dabei nicht nur, dass diese sich auf die Finanzierung vonWohnimmobilien spezialisiert haben, sondern auch, dass sie besonderen gesetzlichen Regelungen wie dem Bausparkassengesetz unterliegen und dass ihren Kreditentscheidungen eine oftmals langjährige Kundenbeziehung mitsamt einem Sparprozess vorausgeht. Herkömmliche Banken dagegen koppeln die Kreditvergabe stärker an die Entwicklung der Beleihungswerte und gewähren damit tendenziell prozyklisch Kredite: mehr in Phasen des Aufschwungs auf dem Immobilienmarkt, weniger in Zeiten einer sich abzeichnenden Krise. Diese Besonderheiten hat die Forscherin in Verhaltensformeln gegossen und in eine Simulation von Immobilienmarktzyklen einfließen lassen. Unterschiedliche Marktkonstellationen, in denen entweder nur normale Banken Wohnimmobilienkredite anbieten, nur Bausparkassen oder aber beide Typen von Kreditinstituten, zeigten: Schon in einer reinen Bausparkassen-Welt schwankten die Preise für Wohnimmobilien moderater, weil Bausparkassen durch ihre Kundenkenntnis zyklusunabhängig risikoarme Darlehen vergeben können. Als am stabilsten erwies sich jedoch ein gemischtes Bankensystem. Bausparkassen mildern die prozyklische Kreditvergabe der Universalbanken und tragen dazu bei, dass auch in Krisenzeiten der Erwerb von Wohneigentum möglich bleibt. Dank der Bausparkassen werden Preisausschläge geglättet, es finden mehr Immobilientransaktionen statt und unter dem Strich ist damit auch die Wohneigentumsquote höher. Die Studie Julia Braun, Hans-Peter Burghof, Julius Langer, Dag Einar Sommervoll, The Volatility of Housing Prices: Do Different Types of Financial Intermediaries Affect Housing Market Cycles Differently?, The Journal of Real Estate Finance and Economics, 2022
17 III. Wohneigentumsbildung und Wohnungspolitik „ 2. Wohneigentumsbildung und -förderung Seitdem die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP im Dezember die Regierungsgeschäfte aufgenommen hat, gibt es in Deutschland wieder ein Bauministerium. Genauer gesagt: ein Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Daran knüpft sich die Hoffnung, ein eigenes Ministerium möge die Lösung der so wichtigen Wohnungsfrage voranbringen. Ein Gespräch mit LBS-Verbandsdirektor Axel Guthmann über die Rolle der Wohneigentumsbildung in Deutschland und worauf es jetzt ankommt. Deutschland gilt nicht gerade als Hochburg des Wohneigentums, sondern wird häufig als Mieternation bezeichnet. Zu Recht? Das ist eine ambivalente Frage. Schon wenn man sich die nackten Zahlen anschaut, lässt sich die Antwort so oder so geben. Der Anteil der Haushalte, die in Wohneigentum leben, liegt bei 42 Prozent. Betrachtet man nicht Haushalte, sondern Personen, also auch jedes Kind einzeln, wohnen sogar über 50 Prozent der Bundesbürger in den eigenen vier Wänden. Deutschland ist so gesehen ein Land der Eigentümer. Und die Politik sollte deren Belange im Auge behalten. Andererseits ist es auch richtig, dass Deutschland im EU-Vergleich die niedrigste Wohneigentumsquote hat. Das hat historische Gründe – aber fragt man die Menschen, trifft man überwiegend auf verhinderte Wohneigentümer und nicht auf überzeugte Mieter. Die meisten wünschen sich ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung. Ist das denn rational? Oder laufen die Leute einem Ideal vergangener Tage hinterher? Die Vorteile von Wohneigentum sind zeitlos – und schnell benannt. Die alle fünf Jahre wiederholte LBS-Wohneigentumsstudie hat auch in der jüngsten Auflage wieder gezeigt, dass Eigentümer bis kurz vor dem Ruhestand ein fünfmal so hohes Vermögen aufbauen wie Mieter und schon immittleren Alter geringere Wohnkosten haben – bei gleichem Einkommen wohlgemerkt. Hinzu kommen jene Annehmlichkeiten, von denen die ganze Familie direkt profitiert. So verfügen Wohneigentümer viel häufiger als Mieter über ein eigenes Zimmer für jedes Kind. Auch das ist ein Ergebnis unserer Studie. Selbst genutztes Wohneigentum in Europa So viel Prozent der Wohnungen wurden im Jahr 2021* von ihren Eigentümern selbst bewohnt Quelle: Euroconstruct/ifo * Schätzung, ** 2020 Ungarn Deutschland Schweiz 88 Slowakei 85 Polen 79 Tschechien 79 Italien 76 Norwegen 77 Spanien 75 Portugal 76 Belgien 72 Irland 69 Großbritannien 62 Schweden 62 Niederlande 60 Frankreich 47 Finnland 55** Österreich 53 44 Dänemark 49 37 Viele angehende Wohneigentümer sind am Eigenkapital gescheitert.“ Axel Guthmann
18 JAHRESBERICHT 2021 Die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren haben aber auch die Sehnsucht nach Freiräumen für die Familie noch einmal verstärkt, wie ebenfalls viele Befragungen zeigen. Politisch gesehen ist trotzdem beides richtig: gute Bedingungen für den Mietwohnungsbau zu schaffen und zugleich die Bildung von Wohneigentum zu erleichtern. Die Aufgabe der Landesbausparkassen ist logischerweise der zweite Punkt, deshalb setzen wir uns dafür besonders ein – und wollen auch der Politik immer wieder Hinweise geben, welche Steine sie aus dem Weg räumen kann. Wo sehen Sie denn die größten Probleme? Die Niedrig- und Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat in den vergangenen Jahren einen extremen Immobilienpreisanstieg ausgelöst. Alle, ob als Selbstnutzer oder als Kapitalanleger, wollten plötzlich kaufen. Auch wenn niedrige Zinsen die Finanzierung erleichtern – viele angehende Wohneigentümer sind daran gescheitert, dass sie schlicht nicht genug Eigenkapital mitbrachten. Und jetzt kommt der kräftige Zinsanstieg noch dazu: Im ersten Halbjahr 2022 haben sich die Bauzinsen gegenüber 2021 fast verdreifacht. Kredite mit 10- bis 15-jähriger Zinsbindung kosteten zuletzt über 3 Prozent. Die rechnerische Erschwinglichkeit von Wohneigentum – gemessen als Relation des aufzubringenden Schuldendienstes zum regionalen Durchschnittseinkommen – hat sich inzwischen überall in Deutschland verschlechtert. Das wird zwar dazu führen, dass die Immobilienpreise nicht weiter in den Himmel wachsen, aber viel Luft nach unten sehe ich auch nicht. Dazu ist der Neubau knappheitsbedingt leider viel zu teuer. Ist der Traum von den eigenen vier Wänden damit auf absehbare Zeit zerplatzt? Dass das zu viel Pessimismus wäre, zeigt nicht zuletzt eine Befragung unserer Immobilienvermittler. Sie erleben in ihrem Geschäft tagtäglich: Wo ein Wille ist, ist oft auch ein Weg. Einer der am häufigsten beschrittenen ist es, einen höheren Kredit aufzunehmen. Damit beißen die Käufer zwar in einen sauren Apfel, unverändert sorgfältige Bonitätsprüfungen durch die Kreditinstitute bewahren sie Quelle: Statistisches Bundesamt (EVS), empirica/LBS Research Durchschnittliches Vermögen der 50- bis 59-jährige Haushalte mit einemmonatlichen Nettoeinkommen zwischen 1.700 und 2.300 Euro im Jahr 2018 in Euro Wohneigentümer: Großer Vermögensvorsprung fürs Alter Konsumentenkredite Geldvermögen Immobilien Baukredite Nettovermögen Mieter Selbst nutzende Wohneigentümer Nettovermögen: Geldvermögen plus Immobilienvermögen abzüglich Konsumentenkredite und Baukredite -4.400 -1.800 -2.900 -32.200 51.500 173.600 190.100 35.900 31.200 10.900 Eigentümer wohnen günstiger Monatliche Wohnkosten bei einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 2.000 und 3.000 Euro, 2018 in Euro Selbstnutzer: Zins und Tilgung sowie kalte und warme Nebenkosten; Mieter: Bruttowarmmiete Quellen: Statistisches Bundesamt (EVS), empirica/LBS Research Alter in Jahren 40 bis 54 55 bis 64 Selbstnutzer Mieter unter 40 628 626 491 634 435 639 725 649 über 64
19 WohneigentumundKlimaschutz–eineHerkulesaufgabe jedoch vor Leichtsinn. Zu den weiteren, oft genutzten Möglichkeiten, den Wunsch nach Eigentum doch noch in die Tat umzusetzen, gehören die Verlagerung der Suche in günstigere Gegenden und mehr Eigenleistung. Auch Abstriche an Wohnfläche und Ausstattung sind an der Tagesordnung. Mehr Eigenkapital wird aber trotzdem gebraucht – und nicht jeder hat Eltern, die da einspringen könnten. Und wie kann die Politik helfen? Aus der Problembeschreibung lässt sich im Prinzip ableiten, wie man die Wohneigentumsbildung unterstützten kann – und letztlich ist das im Koalitionsvertrag auch schon richtig skizziert: Wir schätzen vor allem Tilgungszuschüsse als hilfreich ein, weil sie den Schuldendienst verringern und je nach Ausgestaltung der Förderung auch wie Eigenkapital behandelt werden können. In der augenblicklichen Situation gilt aber ohnehin, dass alles willkommen ist, was die Finanzierung erleichtert und damit den Immobilienkauf überhaupt erst möglich macht. Wichtig mit Blick auf das Eigenkapital wäre zudem, dass Ersterwerber von Wohneigentum zur Selbstnutzung bei der Grunderwerbsteuer entlastet werden. Aber für die Länder ist die Grunderwerbsteuer eine wichtige Einnahmequelle. Deshalb ist der Ansatz sinnvoll, nur bestimmten Käufergruppen ermäßigte Sätze oder Freibeträge zuzugestehen. Aber er bringt viel. Denn je weniger Eigenkapital in die Erwerbsnebenkosten fließt, umso mehr steht für die Finanzierung des Kaufpreises zu Verfügung. Und selbst wenn – wie manchmal eingewandt wird – die Ermäßigung eins zu eins den Kaufpreis erhöhen würde, so steigt doch trotzdem der Eigenkapitalanteil am Kaufpreis. Und dieser entscheidet eben oftmals darüber, ob Banken einen Immobilienkredit gewähren oder nicht. Und was ist mit einer Neuauflage des Baukindergelds? Klar, das wäre auch hilfreich. Wie gut das Baukindergeld funktioniert, hat die vor einigen Monaten veröffentlichte Evaluation der Förderung gezeigt. Daraus ging eindeutig hervor, dass die richtige Zielgruppe erreicht wurde, also Familien mit kleinen und mittleren Einkommen, und dass es diesen Familien die Finanzierung erleichtert hat. Ganz zu schweigen von einigen anderen positiven Nebeneffekten, nämlich, dass die Förderung im Umland der Städte die Bautätigkeit angekurbelt hat, während sie in strukturschwächeren, ländlichen Regionen eher Leerstand verhinderte. Allerdings lässt die angespannte Lage des Bundeshaushalts derzeit realistisch betrachtet wohl keine Neuauflage zu. Vielleicht gelingt es Bundesbauministerin Klara Geywitz ja wenigstens, die Idee hinter den – eigentlich kommunalen – „Jung kauft Alt“-Programmen flächendeckender auszurollen, also beispielsweise durch eine Förderung von Altbaugutachten vor einem geplanten Kauf. Beim Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Townhouses in den ohnehin beliebten, teuren Städten hilft das allerdings nicht. Was kann man denn dort tun? In den Städten brauchen wir vor allem ein größeres Wohnungsangebot – und zwar eines, das auch eigentumsaffin ist, wie man so schön sagt. Also vor allem größere Wohnungen für Familien, damit diese wenigstens nicht mehr so massenhaft ins Umland verdrängt werden, wenn sie Platz für mehr als ein Kind benötigen. Wohnungen für Selbstnutzer müssen aber noch mehr Ansprüche erfüllen, sonst kauft Baukindergeld: Meist für Familien mit kleinen und mittleren Einkommen So viel Prozent der Familien, die in den Jahren 2018 bis 2020 eine Baukindergeld-Zusage erhalten haben, hatten ein zu versteuerndes Jahreseinkommnen von … Quelle: IWU/BBSR, LBS Research über 80.000 Euro unter 30.000 Euro 30.000 bis 60.000 Euro 60.000 bis 80.000 Euro 7 23 17 53
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