16 JAHRESBERICHT 2021 ditverknappung und -verteuerung damit einher. Die makroprudenziellen Maßnahmen entfalten ihre Wirkung nun aber ausgerechnet in einer Zeit, in der die Zinsen ohnehin steigen. Hinzu kommt, dass die Beseitigung der Wohnraumknappheit sowie der energetische Umbau des Gebäudesektors einschließlich der Abkehr vom Energieträger Erdgas zu den größten Herausforderungen zählen, die Deutschland in näherer Zukunft zu stemmen hat. Das wird nun einfach noch teurer – und dem Staat bleibt kaum etwas anderes übrig, als dagegen anzufördern. Dabei gäbe es effizientere und nebenwirkungsärmere Wege, den Markt für Wohnimmobilien wieder in normalere Fahrwasser zu lenken. Dazu gehört zum einen das Ermöglichen einer ausreichenden Bautätigkeit an den richtigen Orten, und zum anderen weitere – imVorfeld möglichst klar kommunizierte – Leitzinsanhebungen der EZB. Letzteres ist vor allem deshalb so wichtig, weil es eben auch die konsequente Bekämpfung der Inflation ist, die Risiken der Wohnimmobilienfinanzierung mindert: Schließlich könnte gerade der Verlust an Kaufkraft der Einkommen dazu führen, dass die Zahl der privaten Haushalte zunimmt, die ihren Schuldendienst nicht mehr leisten können. Und das ist es, was es zu verhindern gilt. Bausparforschung an der Uni Hohenheim Es war schon immer logisch, nun ist es auch mit ökonomischer Methodik nachvollzogen: Bausparkassen wirken in der Finanzierung von Wohnimmobilien komplementär zu anderen Kreditinstituten und stabilisieren dadurch Häuserpreiszyklen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Julia Braun hat sich dieser Frage im Rahmen ihrer Promotion am Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen der Universität Hohenheim gewidmet. Forschungsansatz war die Modellierung zweier unterschiedlicher Typen von Kreditinstituten – Universalbanken und Bausparkassen – sowie ihrer Kreditvergabeentscheidungen. Das Besondere an Bausparkassen ist dabei nicht nur, dass diese sich auf die Finanzierung vonWohnimmobilien spezialisiert haben, sondern auch, dass sie besonderen gesetzlichen Regelungen wie dem Bausparkassengesetz unterliegen und dass ihren Kreditentscheidungen eine oftmals langjährige Kundenbeziehung mitsamt einem Sparprozess vorausgeht. Herkömmliche Banken dagegen koppeln die Kreditvergabe stärker an die Entwicklung der Beleihungswerte und gewähren damit tendenziell prozyklisch Kredite: mehr in Phasen des Aufschwungs auf dem Immobilienmarkt, weniger in Zeiten einer sich abzeichnenden Krise. Diese Besonderheiten hat die Forscherin in Verhaltensformeln gegossen und in eine Simulation von Immobilienmarktzyklen einfließen lassen. Unterschiedliche Marktkonstellationen, in denen entweder nur normale Banken Wohnimmobilienkredite anbieten, nur Bausparkassen oder aber beide Typen von Kreditinstituten, zeigten: Schon in einer reinen Bausparkassen-Welt schwankten die Preise für Wohnimmobilien moderater, weil Bausparkassen durch ihre Kundenkenntnis zyklusunabhängig risikoarme Darlehen vergeben können. Als am stabilsten erwies sich jedoch ein gemischtes Bankensystem. Bausparkassen mildern die prozyklische Kreditvergabe der Universalbanken und tragen dazu bei, dass auch in Krisenzeiten der Erwerb von Wohneigentum möglich bleibt. Dank der Bausparkassen werden Preisausschläge geglättet, es finden mehr Immobilientransaktionen statt und unter dem Strich ist damit auch die Wohneigentumsquote höher. Die Studie Julia Braun, Hans-Peter Burghof, Julius Langer, Dag Einar Sommervoll, The Volatility of Housing Prices: Do Different Types of Financial Intermediaries Affect Housing Market Cycles Differently?, The Journal of Real Estate Finance and Economics, 2022
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