Jahresbericht 2021

35 VI. Recht 6. Bausparkassenrelevante Europäische Rechtsentwicklungen Novellierung der Verbraucherkreditrichtlinie Als Ergebnis der im Jahr 2020 durchgeführten Evaluation der Verbraucherkreditrichtlinie hat die EU-Kommission am 30. Juni 2021 einen Vorschlag zur umfassenden Novellierung dieser Richtlinie vorgelegt. Neben der Anpassung der Richtlinie an aktuelle Entwicklungen auf den Finanzmärkten (etwa durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Crowdfunding-Angebote oder die Berücksichtigung neuer Technologien für den Vertrieb von Krediten über mobile Endgeräte) enthält der Vorschlag eine Reihe neuer Regelungen, die im Falle ihrer Realisierung für die Bausparbranche zum größeren Teil zu einer Erschwerung der Geschäftstätigkeit und nur zu einem geringeren Teil zu Erleichterungen führen dürften. Zu letzteren zählt vor allem die Reduzierung der Standardinformationspflichten in der Werbung sowie ihre Anpassung an technische Neuerungen. Eine erhebliche Belastung nicht nur für die Bausparbranche, sondern für die gesamte Kreditwirtschaft dürfte sich indessen vor allem aus der Verpflichtung ergeben, die vorvertraglichen Informationen für Kreditnehmer zusätzlich zu dem bereits existierenden Merkblatt „Europäische Standardinformationen über Verbraucherkredite“ (ESM) mit einem zusätzlichen einseitigen Formular „Europäische Standardübersicht über Verbraucherkredite“ zu übermitteln. In diesem „One-Pager“ sollen die bereits im ESM aufgeführten wichtigsten Merkmale des angebotenen Kredits wie Gesamtbetrag, Laufzeit, Sollzinssatz, effektiver Jahreszins und Kosten eines eventuellen Zahlungsverzugs nochmals auf einer Seite zusammengefasst und dem Verbraucher mindestens einen Tag vor Vertragsabschluss bereitgestellt werden. Erfolgt diese vorvertragliche Information weniger als einen Tag vor dem Vertragsabschluss, muss der Kreditgeber den Verbraucher am folgenden Tag gesondert auf die Möglichkeit zum Widerruf des Vertrages hinweisen. Eine weitere Belastung für die gesamte Kreditwirtschaft stellt darüber hinaus die Ersetzung der bisher sehr kurzgefassten Vorgaben zur Kreditwürdigkeitsprüfung durch eine deutlich verschärfte, ersichtlich an den einschlägigen Bestimmungen der Wohnimmobilienkreditrichtlinie orientierte Neuregelung dar. Schließlich enthält der Richtlinienvorschlag eine Regelung, nach der die EU-Mitgliedstaaten zur Einführung von Obergrenzen für die Zinssätze bei Kreditverträgen, den effektiven Jahreszins und den Gesamtbetrag des Kredits für die Verbraucher verpflichtet werden sollen, soweit entsprechende Rechtsvorschriften bisher nicht bestehen. Die Bausparkassenverbände haben mit Blick auf die Verhandlungen im EU-Ministerrat in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hervorgehoben, dass insbesondere die vorgesehene Einführung des zusätzlichen „One-Pagers“ vor allem imMassengeschäft zu einem erheblichen Mehraufwand für die Institute führen dürfte, ohne dass ein Mehrwert für die Verbraucher ersichtlich sei. Vielmehr werde die ohnehin schon bestehende Überflutung des Verbrauchers mit Informationen noch verschärft. Zielführender sei hingegen eine Straffung der Pflichtangaben im derzeit geltenden ESM. Darüber hinaus sei die Übernahme der Regelungen zu Kreditwürdigkeitsprüfung aus der Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie schon deshalb nicht angezeigt, weil die Interessenslage der Kreditnehmer schon mit Blick auf die Höhe des Kreditbetrages bei den in der Regel kurzlaufenden Allgemein-Verbraucherdarlehen eine ganz andere sei als bei langfristigen Darlehen zur Finanzierung von Wohnimmobilien. Nicht zuletzt sei die Einführung von Obergrenzen für Zinssätze – abgesehen von ihrer Unvereinbarkeit mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen – auch von ihrer Formulierung her unklar. Über den von der EU-Kommission vorgelegten Text hinaus sollte in der Richtlinie auch klargestellt werden, dass Kreditverträge nicht mehr zwingend der Schriftform bedürften, sondern online abgeschlossen werden könnten. Von besonderer Bedeutung sei schließlich die Einführung einer EU-weit einheitlichen Widerrufsfrist, die sich an der in der EU-Verbraucherrechterichtlinie vorgesehenen einjährigen Frist orientiert, in Verbindung mit einem endgültigen Erlöschen des Widerrufsrechts 12 Monate nach Vertragsabschluss, wie es bereits in Art. 10 Abs. 1 der Verbraucherrechterichtlinie vorgesehen ist und auch für im Fernabsatz geschlossene Verbraucherkreditverträge gilt. Der am 10. Dezember 2021 von der Ratsarbeitsgruppe für Verbraucherschutz und Information vorgelegte Kompromisstext des Rates berücksichtigt die Petita der Bausparkas-

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