Der Papst bekommt den Karlspreis!
Die Resonanz darauf sei enorm, weiß der Oberbürgermeister.
Die Tatsache, dass die Verleihung in Rom stattfindet, sorgt allerdings ebenso für Gesprächsstoff.
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ACHEN
verraten die drei Hauptprotagonisten des Direktoriums Hintergründe…
DR. JÜRGEN LINDEN: DIREKTORIUMSSPRECHER
Dieser Papst ist für Überraschungen gut!
2004 Johannes Paul II. – 2016 jetzt Franziskus.
Wunder oder Notlösung?
Die Wahl des zweiten Papstes als Karlspreisträger
war für mich nicht zu erwarten. Aber die Entwick-
lung der Europäischen Union verläuft ja nicht
ohne Überraschungen. Und da Papst Franziskus
auch für überraschende Entscheidungen gut ist,
passt das perfekt und ist weit entfernt von einer
Notlösung. In der tiefen Krise der EU sind wir sehr froh und dankbar
über einen Papst, der nicht nur die entscheidende moralische
Instanz ist, sondern auch politische Leitlinien verkündet.
Muss sich der Karlspreis der schwierigen Lage Europas anpassen und
künftig neue Wege beschreiten oder auch neue Zielgruppen für seine
Preisträger in Betracht ziehen?
Der Karlspreis hat alle Entwicklungen Europas im Blick. Und er hat
schon in der Vergangenheit bewiesen, dass der Begriff
politische Aus-
zeichnung
weit interpretiert werden kann.
Wie wichtig ist die Beteiligung der EU-Spitzen in Rom?
Die EU wird in erster Linie durch die Politik gestaltet. Es ist von daher
ein wichtiges Zeichen, dass die für diese Zukunftsgestaltung wich-
tigsten Repräsentanten bei der Karlspreisverleihung sprechen. Wir
werten dies auch als Zeichen der Wertschätzung für den Internatio-
nalen Karlspreis zu Aachen.
Und was wünschen Sie sich als Botschaft dieses Tages?
Mut gegen Ängstlichkeit. Gemeinsamkeit vor Egoismus. Optimis-
mus und Zuversicht!
NEWS
/ DES MONATS
STADT
GEFLÜSTER
Foto: A. Schmitter
MARCEL PHILIPP: OBERBÜRGERMEISTER
Ausnahme-Situation als Chance für Aachen nutzen!
Aachen oder Rom: Wo verleihen Sie den Internatio-
nalen Karlspreis lieber?
Für uns ist diese Verleihung außerhalb von Aachen
eine Ausnahme. Der Karlspreis ist der Aachener
Bürgerpreis, der immer hier verliehen worden ist –
und weiterhin in Aachen verliehen wird. Doch in
dieser besonderen Situation geht es darum, eine
außergewöhnliche Persönlichkeit auszuzeichnen.
War es undenkbar, dass der Papst nach Aachen gekommen wäre?
Wir hatten die stille Hoffnung, dass es 2016 zu einem Staatsbesuch
des Heiligen Vaters in Deutschland kommen würde. Dann wären die
Chancen, Aachen als Station einzubauen, vielleicht größer gewesen.
Diesen Besuch gibt es nicht, von daher war es undenkbar. Umso
größer ist die Freude, dass wir in Rom den Preis verleihen können.
Was erwarten Sie vom Papst als 58. Karlspreisträger?
Angesichts der politischen Lage ist es nicht leicht, eine Persönlichkeit
herauszustellen, die die große europäische Idee kritisch-konstruktiv
begleitet. Das Karlspreisdirektorium ist dankbar, dass Seine Heiligkeit
Papst Franziskus mit der Annahme des Karlspreises ein wertvolles
Zeichen für das gemeinsame Anliegen aller Europäer setzt.
Worauf freuen Sie sich in diesem Jahr persönlich ganz besonders?
Ich freue mich sehr darauf, Papst Franziskus persönlich begegnen zu
dürfen, auf seine Rede und darüber, dass wir Aachen in dem beson-
deren Umfeld darstellen und repräsentieren dürfen. Persönlich freue
ich mich auf die Begegnung mit den Vertretern der Glaubensgemein-
schaft Sant’Egidio, weil mich deren Arbeit sehr beeindruckt.
Foto: Stadt Aachen
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ACHEN
05/16
MANFRED VON HOLTUM: DOMPROPST
Große Dankbarkeit und eine herzliche Einladung an den Papst!
Die Entscheidung im Direktorium fällt einstim-
mig: Papst Franziskus ist Karlspreisträger 2016.
Ihr Gefühl in diesem Moment?
Große Dankbarkeit! Von der ersten Nennung des
Namens im Gremium bis zur endgültigen Ent-
scheidung hat ein guter Verlauf der Meinungs-
bildung stattgefunden, der zu diesem – wie ich
meine – einvernehmlichen Ergebnis geführt hat.
Hat die Wahl auch eine Bedeutung für den christlichen Glauben?
Papst Franziskus vertritt in überzeugender Weise die Glaubwürdig-
keit abendländischer Werte auf der Grundlage der christlichen Wur-
zeln. Europa wie die Kirchen selbst brauchen diese Rückbesinnung.
Foto: Domkapitel/Schmitter
Wie präsentieren sich Domkapitel und Bistum in Rom?
Wir sind mit Bischöfen und Vertretern des Domkapitels Teilnehmer
der Zeremonie. Theologiestudenten tragen Fürbitten vor, die Dom-
singknaben gestalten Gottesdienst und Preisverleihung musikalisch.
Als Hausherr des Aachener Domes: Wie sehr bedauern Sie, dass der
Papst „die schönste Kirche Europas“ nicht kennenlernt?
Natürlich besteht der Wunsch, Papst Franziskus als Aachen-Pilger zu
sehen. Ich möchte die Einladung zu einem Besuch der Marienkirche
Karls des Großen aussprechen. Schließlich sind die Aachener Hilfs-
werke dem Papst ein wichtiges Anliegen mit Blick auf die Armen.
Wie wichtig war Ihr Rat in diesem Jahr bei den Vorbereitungen?
Im Zusammenspiel mit Direktoriumsvorsitzendem Dr. Linden und
Oberbürgermeister Philipp haben wir ein gutes Ergebnis erreicht.