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ACHEN
04/16
KULTUR
Musik-Zauber & zeitlose Konflikte
Von Maria Pakura
H
albdunkle, verwinkelte Gänge in prachtvollen, mit Mosaiken
ausgeschmückten Palästen, wehende Tücher, die schöne
Frauen verhüllen, betörende Düfte, fremdartige Klänge:
Ungefähr so hat das Klischee vom geheimnisvollen Orient zur Zeit
Wolfgang Amadeus Mozarts ausgesehen. Märchen aus 1001 Nacht
waren das eine, Angriffe und Belagerungen durch Osmanen in Europa
das andere. Durch diese war das Bild vom Moslem auch von Skepsis
und Angst geprägt. Was gewissermaßen eine Klammer ist zwischen
1782, als das Singspiel
Entführung aus dem Serail
in Wien urauf-
geführt wurde, und dem Aachen im Hier und Jetzt.
„Eine Lokalisierung des Inhalts interessiert mich nicht“, macht
Regisseur und Bühnenbildner Sebastian Hirn schnell klar, in welche
Richtung die Neuinszenierung am Theater Aachen (s. Kasten S. 7)
nicht
geht. „Ich habe die Konflikte der Figuren im Fokus.“
Auf dem Teppich bleiben
Und die haben erstaunlich viel mit dem zu tun, was Öcher und
die Welt in der Gegenwart beschäftigt. „Die Handlung soll nicht in
aktuelle Bilder gepresst werden“, lehnt Hirn eine optische Anleh-
nung an Terror- und Fluchtproblematiken ab. Wenngleich Religion,
und was Menschen daraus machen, durchaus Relevanz hat: „Nicht
als Ursprung der Konflikte, sondern als Mittel, diese auszutragen.“
Dass zentrale Figuren in dem Stück den Spagat zwischen Islam
und Christentum schaffen, hat das Theater allerdings zum Anlass für
eine besondere Kooperation genommen, wie Hirn erläutert: „Wir
haben bei islamischen Kulturzentren in der Region authentische
Teppiche angefragt. Diese sind optischer Anker, füllen und ver-
ändern die anfangs leere Bühne.“
Hommage an die Freiheit: Wolfgang Amadeus Mozarts
Entführung aus dem Serail
zeigt sich gegenwärtig
Foto: Ludwig Koerfer