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ie Sammlung hat mich gereizt“, sagt Dr. Andreas Beitin. Seit
Februar 2016 leitet der 48-Jährige das Ludwig Forum für Inter-
nationale Kunst. Knapp ein Jahr später ist er nach wie vor begeistert:
„Das Haus hat ein großes Renommee. Ich freue mich, hier zu sein,
möchte den Forumsgedanken unbedingt weiter ausbauen.“ Wie das
geht, hat er mit seiner ersten Ausstellung gezeigt: Mies van der Rohe
kommt an – bei Fachwelt und Publikum (über 10 000 Besucher in
wenigen Wochen). Symposien, Führungen, Diskurse fördern den
Austausch vis-à-vis zur Kunst. Auch wenn der lokale Bezug hier zieht,
sieht Beitin
sein
Forum als internationales Haus und nicht als
städtische Galerie. „Ein vielfältiges kulturelles Angebot macht eine
Stadt attraktiv“, ist er überzeugt.
So will der Direktor die Positionen mischen, das Museum im welt-
weiten Kontext gut aufstellen, es zugleich für jeden vor Ort öffnen.
Kunstvermittlung ist das Schlagwort. Freier Eintritt (donnerstags bis
20 Uhr!) ein schlagendes Argument. „Ein Sponsor ermöglicht das“,
dankt Beitin dem
süßen
Nachbarn. „Drittmittel sind unerlässlich“,
spielt er auf die finanziell angespannte Situation an. Beitin ist offen:
„Mir ist es wichtig, mich zu vernetzen.“ Einen heißen Draht spannt
er zur RWTH: „Es ist gut, eine der weltweit besten Universitäten vor
Ort zu haben, mit der man – wenn’s passt – kooperieren kann.“ Zum
Beispiel 2018: Dann plant Andreas Beitin zum Jubiläum der Samm-
lung Ludwig eine 1968er-Ausstellung, bei der er mit Wissenschaft-
lern zusammenarbeitet, die zugleich
aufklären
soll. „Das Ludwig
Forum ist ein kulturell-intellektueller Ort, der Fragen der Zeit auf-
greift, sich als Instrument gegen Rechtspopulismus versteht.“
Bereits in diesem Jahr hat er ein Programm am Puls der Zeit
zusammengestellt, das von Kuba bis Russland globale Themen prä-
sentiert. „Das Haus soll mehr und mehr ein Ort der Begegnung, des
Verweilens werden – am besten den ganzen Tag“, blickt Beitin
voraus. Dass ihm zu Kunst und Kultur das dritte K für Kulinarik fehlt,
gibt er offen zu. Eine neue Gastronomie ist für ihn 2017 „ein Muss“.
Reizende Aussichten also, das
neue
Ludwig Forum zu besuchen. cf
335 Tage Aachen: Ihr (erstes) Fazit zu Stadt und Kulturlandschaft?
Ich habe Aachen als lebenswerte Stadt mit aufgeschlossenen Men-
schen in einer kulturell vielfältigen Region kennengelernt.
Das Ludwig Forum ist so legendär wie umstritten: Wie begeg-
nen Sie dieser Herausforderung?
Zum einen mit meinen drei programmatischen Leitlinien – offener,
politischer und diskursiver –, zum anderen mit Engagement,
Visionen und viel Herzblut.
Und Ihre wichtigsten Ziele als Direktor des Forums sind…
Mit einem so attraktiven wie anspruchsvollen Programm das Haus
zu einem lebendigen Begegnungsort der kulturellen Inspiration für
alle zu machen. Die Politik von der wörtlichen
Not-wendigkeit
von
Kultur zu überzeugen und konkret: gute Ausstellungen zu machen, ein
vielfältiges Programm zu realisieren und ein Restaurant zu etablieren.
Gleich die erste von Ihnen – und Holger Otten – kuratierte Aus-
stellung begeistert. Ist der Aachener Mies van der Rohe ein Hit?
Unbedingt. Rund 1400 Besucher bei der Eröffnung beweisen es.
Die Besucherzahlen sind ein Dauerbrenner in der öffentlichen
Diskussion. Wie sehen Sie das Thema?
Sie sind nicht unwichtig, klar, aber auch nicht das einzige Kriterium
für eine erfolgreiche Arbeit. Aber ich freue mich über jegliche Unter-
stützung vonseiten der Stadt oder von Unternehmen, um das Haus
weiter voranzubringen.
Ihr Lieblingsort in Aachen?
Natürlich das Ludwig Forum! (lacht)
Ihr liebstes Kunstwerk im Forum?
Schwierig, ich mag so viele…
Ihr Wunschkünstler?
Keine Person, aber ein Wunschprojekt: Ich
würde gerne die Halle komplett verdunkeln und eine große Video-
Ausstellung zu einem spannenden Thema machen.
VORGESTELLT
Foto: Felix Grünschloß
FRAGE
BOGEN
Geburtsdatum: 20. 6. 1968
Geburtsort: Uetersen
Beruf: Museumsdirektor,
Kunsthistoriker, Kurator
Hobbys: Musiktheater,
Wandern, Kochen, Reisen
Dr. Andreas
Beitin
Offen, politisch, diskursiv
Der Direktor will das Ludwig Forum zum Ort der Begegnung machen
„