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STADTGESCHICHTE
Bier & Wir:
vööl Pläsier!
Die neue Sonderausstellung im Centre Charlemagne rückt die hiesige Ausgehkultur in den Fokus.
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-Redakteurin Maria Pakura hat schon vorab die Gläser erhoben und über die Theken geschaut.
W
arum Öcher Kupferkessel spanische Fiestas sichern, feine
Damen – stolz auf ihr eigenes Gebräu – statt zum Kaffee- zum
Bierkränzchen
luden und Feierfreudige in der Wirichsbongardstraße
einst auf Toilettensitzen ihren Drink schlürften? Solche Anekdötchen
lässt die neue Ausstellung
Bier & Wir – Brauen, Trinken, Feiern in
Aachen
von Samstag, 14. Oktober, bis Sonntag, 25. Februar, im
Centre Charlemagne am Katschhof aufleben.
„Die Idee, eine Schau um die Ausgehkultur in der Kaiserstadt zu
gestalten, entstand bereits bei der Eröffnung des Centre“, erinnert
sich Myriam Kroll, die mit Holger Hermannsen die Ausstellung kura-
tiert. Unzählige Besucher hätten damals als Erinnerungsstücke Bier-
deckel oder Degraa-Gläser mitgebracht. Der Impuls, die Geschichte(n)
des Hopfentrunks unter die Lupe zu nehmen, ist also von Bürgern
gekommen, „die noch aus eigener Erfahrung aus den glorreichen
Zeiten der Tanzcafés und Öcher Brauereien berichten können“.
Gilt heute die Pontstraße als Feierviertel Nummer eins, war der
Szene-Treff in den 1970ern der Wirichsbongard. Promenadenviertel
und vor allem das
Dumont
an der Zollernstraße, das noch existiert,
standen hoch im Kurs. „Früher war die Atmosphäre dort speziell“,
berichtet Kroll von ihren Recherchen, „Madame Dumont hat ihre
Vorstellungen verwirklicht und die Kneipe bis ins hohe Alter geführt.
Bis zuletzt – Anfang der 1980er – gab es ein Röhrenradio, und das
durfte niemand verstellen. Ein Schäferhund stellte das sicher.“
Neben Erinnerungen an solche Anekdoten gehört zu den rund 200
multimedialen Exponaten auch ein Video, das den weltersten mode-
rierenden DJ Klaus Quirini alias
DJ Heinrich
in der 1959 eröffneten,
ebenfalls weltersten Discothek
Scotch Club
in Action zeigt. „Alle Welt
pilgerte hierher, um das zu erleben“, unterstreicht Kroll.
80 Brauereien und ein Kessel als Mitgift
Bier-Belegschaft 1890: die Bürgerbräu-Brauerei Peter Wiertz.
Foto: Centre Charlemagne
Das sind
Randprodukte
der Brauereikunst, die vor allem entlang
der Jakobstraße, die von der Pau unterflossen wird, darüber hinaus
aber in zahlreichen Privathaushalten vorangetrieben wurde. „Rund
80 Brauereien ließen sich im 19. Jahrhundert in Aachen zählen,
und sogar noch früher gehörten Braukessel zur Mitgift einer Braut,
weil keine Ehefrau auf sich sitzen gelassen hätte, selbst kein köst-
liches Bier ansetzen zu können“, fasst Hermannsen den früheren
Stellenwert zusammen.
Grund war die Wasserqualität: „Frisches, keimfreies Wasser war
bis ins 20. Jahrhundert hinein Mangelware, weswegen schon Klein-
kinder das meist bekömmlichere und wesentlich weniger Alkohol als
heute enthaltene Bier getrunken haben.“
Foto: Rosemarie Decker
Foto: Privatbesitz Ritterbecks
Foto: Marco Meyer
Foto: AKV Sammlung Crous
Foto: AKV Sammlung Crous
Foto: Marco Meyer