

Mechelen nahe Gulpen, mitten im Heuvelländchen, Menschen, die
selten oder nie nach Aachen fahren. „Da existieren tatsächlich noch
Vorbehalte gegen
de Pruusj
, wie ihr Deutschen bei uns genannt
werdet.“ Die jüngere Generation ist da viel europäischer. „Heute ist
der Unterschied zwischen den Limburgern und den Holländern
größer als der zwischen den Rheinländern und uns. Mit einer
Ausnahme: beim Fußball“, lacht de Wal.
Kaffee und Butter hamstern
So werden die Limburger auch
die Rheinländer der Niederlande
genannt. Geselligkeit, Karneval, Spaß und Musik prägen den Land-
strich, der noch vor 100 Jahren als
das Armenhaus der Niederlande
galt.
Inzwischen greift sogar die Aachener
Prinzengarde auf Nachbarschaftshilfe
zurück. Die Kapelle, die mit
Hurra
tsching bumm
die Säle stürmt, kommt
aus dem grenznahen Kerkrade.
Dort gibt es die einzige Straße der
Region, deren eine Fahrbahn auf
deutscher, die andere auf niederlän-
discher Seite liegt. Sie wurde 1760
erbaut, weil Mönche des Klosters
Rolduc Aachen mit Kohle belieferten.
1783 wurde die Neustraße dann ein-
geweiht. Während des Ersten Welt-
kriegs verführte die offene Grenze
zahlreiche deutsche Soldaten dazu, in
die Niederlande zu desertieren. Erst
1915 wurde ein Grenzzaun gebaut –
zur Eindämmung des Schmuggels.
Der ist übrigens bis heute ein
schwieriges Thema im deutsch-
niederländischen Grenzraum. Waren
es nach dem Zweiten Weltkrieg
Kaffee, Butter, andere Lebensmittel oder Diesel, kam in den 1970er
Jahren Drogenschmuggel hinzu. Autodiebstähle erweitern das Spek-
trum zunehmend. Wo eine Grenze ist, war die Kriminalität
aber noch nie weit entfernt: Die berüchtigten Bockreiter kamen
schon vor Jahrhunderten über die Grenze, um auf deutschem Gebiet
Bauernhöfe brutal zu überfallen.
Ein Häuschen in Vaals
Scherzhaft wird Vaals als
Aachener Ortsteil jenseits der Grenze
bezeichnet. Der Lehnhof St. Tolbert im
vallis
(lateinisch für
Tal
)
wurde 1041 von Heinrich III. der Stiftskirche St. Adalbert in Aachen
übertragen. Das Städtchen Vaals hat heute knapp 10 000 Einwohner.
Reich wurde es durch die erfolgreiche Aachener Tuchmacherfamilie
Clermont im 18. Jahrhundert. Johann Arnold von Clermont hatte
wegen rigider Zunftregeln und des Drucks der Gegenreformation
seine Heimat Aachen verlassen. Er baute eine erfolgreiche Tuchfabrik
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B
AD
A
ACHEN
07/17
EUREGIO
Nach 2002 sind die Niederlande in diesem Jahr erneut Partnerland des CHIO Aachen. Anlass genug für einen
Blick über die Vaalser Grenze und hinauf zum Drielandenpunt – international gut!
R
auf auf den
Drielandenpunt
. Oben am Vaalser Wilhelminaberg,
dem mit 322,5 Metern höchstgelegenen Punkt der Niederlande,
treffen Belgien, Deutschland und Holland zusammen. Bis 1919 lag
hier gar ein
Vierländerpunkt
. Doch der ehedem unabhängige Zwerg-
staat Neutral-Moresnet gehört längst zu Belgien. Dennoch gut zu
wissen, wenn man heute über den
Viergrenzenweg
wandert. Ein
Hauch frankophiles Lebensgefühl hat sich bis heute in Aachen gehal-
ten, war die Stadt doch nach dem Ersten Weltkrieg von belgischen
und französischen Truppen besetzt. Während die Franzosen 1920
wieder abzogen, blieben die Belgier elf Jahre vor Ort. Das aber ist
eine andere Geschichte. Anno 2017
reiten
wir passend zum
CHIO-Partnerland in der Soers rüber zu unseren niederländischen
Nachbarn…
Und die Geschichte beginnt – wie
so vieles in Aachen – bei Kaiser Karl
oder vielmehr bei seinen Nachfol-
gern, die nach zahlreichen Konflikten
schließlich von drei Herzogtümern
umgeben waren: Jülich, Brabant und
Limburg. Mal schmiedete man
Allianzen gegen die Jülicher, mal mit
den beiden anderen Herzögen.
Politik eben.
Wirtschaftlich gab es seit
jeher grenzüberschreitenden Handel.
„Man spürt heute noch, dass die
Zusammenarbeit rege war“, erzählt
Hilbert de Wal, Niederländer und
Stadtführer in Aachen. „Mit den
Deutschen an der Grenze verbindet
uns die Sprache. Limburgs und
Öcher Platt sind sich sehr ähnlich.“
Mentalität und Lebensart hüben und
drüben passen ebenfalls zusammen.
Dennoch gibt es in de Wals Wohnort
Zwischen allen Nationalitäten: Treffpunkt am Dreiländereck.
Foto: medien.aachen.de/A. Herrmann